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SZ + Hoyerswerda

„Es gibt kein Rezept“

Anita Guske gibt seit zwanzig Jahren ihr künstlerisches Wissen weiter. Das macht sie mit ganz eigener Maßgabe.

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Anita Guske vor ihrem heimischen Lieblingsort – ihrem Atelier im Garten.
Anita Guske vor ihrem heimischen Lieblingsort – ihrem Atelier im Garten. © Foto: Angela Donath

Von Angela Donath

Burg. Die Frage kommt etwas unvermittelt. „Einen Lieblingsplatz, habe ich überhaupt einen? So genau weiß ich das gar nicht.“ Die Künstlerin Anita Guske überlegt einen Moment, dann sagt sie: „Sehr wohl und sicher fühle ich mich immer in meinen Kursen, mit meinen Kursteilnehmern.“ Jetzt fängt die Arbeit in der Hoyerswerdaer Volkshochschule wieder an.

Die Malerin Anita Guske hat ganz sicher Interessantes zu erzählen. Weil sie aber nicht gern im Mittelpunkt steht, besuchen wir sie bei einem ihrer Kurse in der Hoyerswerdaer Volkshochschule. Dass an diesem Tag, einem Dienstag im September, in diesem Haus eine Ausstellung mit ihren Werken eröffnet wird, ist ein Zufall, der den Einstieg in unser Gespräch viel einfacher macht. Anita Guske ist hier unter Kollegen, Freunden und guten Bekannten – hier ist eine Menge zu erlauschen.

Karla Kümmig, die für Kultur zuständige Fachbereichsleiterin in der VHS, sagt bei der Ausstellungseröffnung: „Liebe Anita, du bist seit 20 Jahren bei uns. Du hast immer rund 20 Schüler in deinen Kursen und wir sind froh, dass wir dich bei uns haben. Es freut uns, dass wir eine Ausstellung mit einer so vielfältigen Auswahl deiner Arbeiten präsentieren dürfen.“ Zu den Gästen gehören Beate und Michael Renner. „Guskes sind ungefähr zur selben Zeit wie wir nach Hoyerswerda gekommen. Ich habe mit den beiden im WBK gearbeitet, die Freundschaft hält bis heute“, sagt Beate Renner.

Gratulationen folgen, Blumen werden überreicht und so manche Erinnerungen mit und unter den Gästen ausgetauscht. Manche kennen Anita Guske seit Jahren als Dozentin der Volkshochschule. Nicht ganz eine Stunde später haben die Kursteilnehmer der Malwerkstatt, die im Anschluss beginnt, ihre Plätze in einem Raum im Erdgeschoss eingenommen. Nur ganz wenige sind nach der Sommerpause zum ersten Mal dabei. Die Arbeitsplätze werden vorbereitet, Zeitungen ausgelegt, Wasserbecher gefüllt – und dann geht’s los.

Aquarell steht auf dem Stundenplan, mit lila wird gearbeitet. „Lila oder Violett oder Purpur ist vielleicht nicht jedermanns Farbe. Man muss auch nicht mit starken Tönen arbeiten. Ihr sollt mit den einzelnen Tonwerten spielen.“ Zum Anschauen hat Anita Guske Hortensienblüten dabei, diese in zartlila, oder, für die, die es kräftiger mögen, rote Zwiebeln. Bei den Hortensien darf auch ein ganz zartes Grün mitspielen. „Und ihr werdet sehen, wenn ihr mit Rot anfangt und Blau dazu tut, wirkt die Farbe anders als umgekehrt. Alles entwickelt sich bei der Arbeit, es gibt kein Rezept.“ Dann herrscht geschäftige Ruhe im Raum, jeder probiert sich aus. Fragen werden gestellt, Tipps gegeben, man hilft sich gegenseitig, Anita Guske ist unaufdringlich und leise immer dabei.

Wenige Tage später treffen wir uns erneut. Ein weiterer Lieblingsplatz ist ihr Atelier im heimischen Garten, zuhause in Burg. Auch hier sieht es nach Arbeit aus: Ein großer Tisch, Stühle, Farben, Pinsel, Gerätschaften und an den Wänden – natürlich Bilder, Aquarelle, Federzeichnungen, Kohlezeichnungen. „Ja, mit Öl male ich auch, aber nicht so sehr gern. Vielleicht liegt es am Geruch? Ich male auch oft draußen und bin immer auf der Suche nach Neuem.“ Auf die Frage, wie sie überhaupt zur Malerei kam, lächelt sie. Also - längere Geschichte.

„Ich bin 1951 in Brandenburg an der Havel geboren. Gemalt und gezeichnet habe ich schon immer gerne. Aber als Beruf?“ Architektur hätte sie gerne studiert. Doch sie wurde zunächst Baustoffverfahrenstechnikerin, mit Diplom, erworben an der heutigen Bauhausuniversität in Weimar. Der Einstieg in diesen Studiengang war leichter und, so sagt sie weiter: „Bauen hat mich auch schon immer interessiert.“

Ein Praktikum führte sie nach Hoyerswerda ins damalige Wohnungsbaukombinat (WBK). Aus diesem Praktikum wurden viele Berufsjahre im Wohnungsbaukombinat, später SÜBA. Seit dem Studium an ihrer Seite war und ist Ehemann Jens. Die ersten Jahre in den 1970ern lebte das junge Paar so, wie viele damals in Hoyerswerda: Ehe es die erste gemeinsame Wohnung gab, wohnte man in einer Zwischenbelegung.

„Ich habe lange Jahre in der Abteilung Vorfertigung des WBK gearbeitet. Alles, was im Zusammenhang mit Betonelementen zu tun hatte, wurde hier koordiniert. Es war eine gute Zeit, die Arbeit wurde gebraucht und man hat gesehen, was entsteht.“ Nach dem Aus des Kombinates wurde Anita Guske in die SÜBA übernommen. 1998 kam die Kündigung. Es gab einen Sozialplan im Unternehmen, beide Ehepartner waren dort beschäftigt und nur einer konnte bleiben. Eine berufliche Neuorientierung war notwendig – und diese nicht leicht.

Dennoch ist Anita Guske den Existenzgründerseminaren, die sie absolvieren konnte, dankbar. „Ich hatte kaum Arbeitslosenzeiten, habe viel Wissen erworben, über alte Baustoffe, Lehmbau, alte Farben, Illusionswandmalerei und vieles mehr. Klar wurde ihr aber auch: Für die harte Arbeit auf dem Bau braucht es Ellenbogen. Ihre Entscheidung fiel für die berufliche Selbstständigkeit. Sie absolvierte ein Fernstudium im Fach „Künstlerisches Zeichnen, Malerei und Grafik in Hamburg und vervollkommnete ihr Wissen an privaten Malschulen, so auch im bekannten niedersächsischen Künstlerort Worpswede. Seit 2002 gibt sie ihr Wissen als freiberufliche Malerin und Grafikerin weiter. Sie ist bekannt in der Region, sie gibt Malkurse in den Volkshochschulen der Region und in der KulturFabrik. Regelmäßig ist sie beim Hoyerswerdaer Kunstmarkt vertreten und ja, man kann auch Arbeiten in Auftrag geben. Der Verkauf ihrer Arbeiten steht für Anita Guske jedoch nicht im Vordergrund. Wie viele ihrer Künstlerkollegen sagt sie: „Man hängt doch sehr an den Bildern.“

Viel, viel lieber gibt sie ihr Wissen, ihre Kenntnisse und Fertigkeiten in den Malkursen weiter. Der Terminkalender ist gut gefüllt. Montags gibt sie den Kurs im heimischen Atelier, dienstags die Malwerkstatt in der Volkshochschule, am Mittwochvormittag steht ebenfalls die Volkshochschule im Plan. Donnerstags ist sie in der KuFa, freitags versucht sie, frei zu haben. Einmal pro Monat arbeitet sie in Kamenz und sonnabends, da kommt, ganz individuell, ihre Görlitzer Truppe. Mit über 50 Schülerinnen und Schülern arbeitet Anita Guske pro Woche zusammen.

Wie sagte sie am Anfang unseres Gesprächs? Am wohlsten fühlt sie sich in Kursen mit ihren Kursteilnehmern. Und den anderen Lieblingsplatz haben sich Anita und Jens Guske selbst geschaffen: Anitas Atelier im heimischen Garten in Burg.

Eine breite Auswahl der Arbeiten von Anita Guske wird in der Ausstellung „Wer zeichnet, sieht mehr“ bis Februar in der VHS präsentiert.