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Hoyerswerda

In Künstlicher Intelligenz stecken Chancen und Risiken

Ein Techniksoziologe hat sich im Hoyerswerdaer ZCOM mit einer spannenden Frage beschäftigt.

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Der Techniksoziologe Dr. Christian Papsdorf war der Referent.
Der Techniksoziologe Dr. Christian Papsdorf war der Referent. © Foto: Katrin Demczenko

Von Katrin Demczenko

Hoyerswerda. Bedroht Künstliche Intelligenz (KI) das eigenständige menschliche Denken? Dieser Frage ist der Techniksoziologe Dr. Christian Papsdorf im Zuse-Computer-Museum (ZCOM) Hoyerswerda auf einer Veranstaltung „kontrovers vor Ort“ der Volkshochschule nachgegangen. Der Referent berät hauptsächlich Firmen bei ihrem Einstieg in die KI-Technologie.

Nach der Technisierung körperlicher Fähigkeiten des Menschen durch die Industrialisierung vor 200 Jahren und der Erfindung des Computers, der ihm geistige Aufgaben abnimmt, folgt nun mit KI der dritte große Wandel in der Arbeitswelt, sagt Christian Papsdorf vor nur wenigen Zuhörern. KI verbindet die Stufen 1 und 2 und geht über menschliche Potenziale hinaus. Sie wertet zum Beispiel schon jetzt Aufnahmen medizinischer bildgebender Verfahren aus und erkennt Krebsgeschwüre eher als der Arzt. ChatGPT erzeugt Texte sowie Bilder, rollende Roboter helfen Fachkräften in der Altenpflege, und autonomes Fahren fußt auf KI. Erst seit wenigen Jahren werden diese Maschinensysteme gebaut und unter hohem Energiebedarf mit großen Datenmengen gefüttert, ohne die sie nicht funktionieren können. „Im Zeitraffer wird eine historisch neue Technik marktfähig“, sagt Christian Papsdorf.KI wird vielleicht einmal die Steuerberatung übernehmen. Zur Lösung einfacher Aufgaben ist ihr Einsatz wegen des hohen Energieverbrauchs eher nicht sinnvoll. Bringt der rollende Roboter im Pflegeheim einem Senioren ein Glas Wasser, verbraucht er dafür insgesamt so viel Energie wie ein Mensch, der 20 Tage arbeitet. Diese Beispiele deuten an, dass in Zukunft einfache Arbeiten im sozialen Bereich weiterhin Menschen ausführen. Anspruchsvolle Berufe des Mittelstandes könnten wegfallen und es bleiben einige hochbezahlte Arbeitskräfte im IT-Bereich. „Klafft die Schere zwischen arm und reich dann noch weiter auseinander?“, fragt die Leiterin des ZCOM Andrea Prittmann. Es werden neue kreative Berufe entstehen, während Tätigkeitsroutinen in Warenlagern die KI übernimmt, antwortet Christian Papsdorf. Deshalb muss die Schule Kindern eine Kompetenz zur Nutzung und Nichtnutzung von KI beibringen. Die junge Generation darf nicht verlernen, für einfache Aufgaben eigene Lösungswege ganz ohne Computer zu finden und umzusetzen, ergänzt Andrea Prittmann.

Es gibt grundsätzlich zwei Möglichkeiten mit KI umzugehen, und zwar die menschen- oder die technikorientierte, erklärt Christian Papsdorf. Steht nur die Optimierung komplexer Kreisläufe in Wirtschaft und Industrie zur Gewinnmaximierung im Vordergrund, können menschliche Bedürfnisse schnell vergessen werden. Die Technologie kann aber auch zwingend notwendige Nachtschichten übernehmen, um den Biorhythmus der Beschäftigten zu entlasten. Jeder Mensch soll grundsätzlich das Recht behalten, in allen Berufszweigen und bei Beratungen auch mit Seinesgleichen zu sprechen. Menschliche Empathie hat KI einfach nicht, ist die Begründung.

Der AI-Act der EU will die KI-Forschung in Europa fördern, erklärt Christian Papsdorf. Gleichzeitig soll das Gesetz „Leitplanken“ festlegen, damit sich Menschen bei der Nutzung der KI sicher und geschützt fühlen. Hochrisikoanwendungen sind verboten, wenn sie der Umwelt, Gesundheit und Sicherheit schaden. Wählerbeeinflussung durch KI wird auch nicht erlaubt. ChatGPT und ähnliche Systeme müssen offenlegen, dass der Inhalt KI-generiert ist. Der AI-Act soll 2024 verabschiedet werden.