Partner im RedaktionsNetzwerk Deutschland
Hoyerswerda
Merken

Einwohner wollen Bleiberecht in der Knappenhüttensiedlung

Bauaufsicht, Planer und Gemeinde Lohsa sagen: Dauerwohnen ist im Außenbereich nicht zulässig.

Von Andreas Kirschke
 5 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Die Knappenhüttensiedlung ist am Knappensee seit Jahrzehnten eine Institution. Sie liegt am Ostufer – in der Nähe der Energiefabrik Knappenrode.
Die Knappenhüttensiedlung ist am Knappensee seit Jahrzehnten eine Institution. Sie liegt am Ostufer – in der Nähe der Energiefabrik Knappenrode. © Foto: Andreas Kirschke

Lohsa. Die Gemeinde Lohsa will für die Knappenhüttensiedlung zwischen Koblenz und Knappenrode langfristig Planungs- und Rechtssicherheit schaffen. Dies unterstrich Bürgermeister Thomas Leberecht (CDU) in der jüngsten Sitzung des Gemeinderates. Mehrheitlich fassten die Räte drei wesentliche Beschlüsse. Sie billigten den Entwurf zum Bebauungsplan „Gewerbebetrieb an der Knappenhütte“. Zudem trafen sie die Abwägung zum Entwurf des Bebauungsplans „Wochenendsiedlung an der Knappenhütte“. Ebenso beschlossen sie, diesen Entwurf zum zweiten Mal auszulegen. Die Träger öffentlicher Belange und die Nachbargemeinden sind jetzt zu beteiligen. Das Dauerwohnen in der Knappenhüttensiedlung soll – in Abstimmung mit dem Bauaufsichtsamt Kamenz – noch für eine Übergangsfrist von 15 Jahren weiter erlaubt sein.

„Eine solche Regelung – das kann ich aus langjähriger Erfahrung sagen – ist großzügig und eher die Ausnahme. Ich kann nur bestätigen: die Gemeinde hat sich für Sie geschlagen“, wandte sich Dr. Barbara Braun vom begleitenden Planungsbüro Braun & Barth aus Dresden an die über 30 zur Ratssitzung gekommenen Bürger der Knappenhüttensiedlung. „Dauerwohnen ist rechtlich nicht zulässig. Die Siedlung liegt im Außenbereich. Es gibt keine Anbindung an eine gewerbliche Siedlung.“

Irmgard Niedermaier (76) versteht die Aufregung nicht. Vor sieben Jahren zog sie aus Bayern in die Lausitz. In der Knappenhüttensiedlung, mitten in der Natur, fühlt sie sich geborgen. Sie wertschätzt das gute Miteinander. Für das Dauerwohn-Recht will sie kämpfen. Notfalls sogar mit einer Petition. „Es geht hier um Menschen. Bitte beachten Sie das“, appellierte sie an die Gemeinderäte.

Auch Bewohner Lutz Pfeifer geht das Thema nahe. „Ist den Gemeinderäten bewusst, dass viele Familien ihre Grundstücke verlassen müssen?“, fragte er nach. Klaus Schlee vom Vorstand des Vereins "Siedlung zur Knappenhütte" e. V. lebt mit seiner Frau Petra seit über 25 Jahren in der Siedlung. Rund 70 Mitglieder vertritt der Verein. Er legt Wert auf gutes Zusammenleben. Im Oktober 2020 fasste die Mitglieder-Versammlung einen wichtigen Beschluss. Die Knappenhüttensiedlung, so das mehrheitliche Votum, sollte langfristig eine Feriensiedlung sein. Das würde den Erhalt jetziger Nutzungen ermöglichen. Klaus Schlee verwies in der Einwohnerfragestunde zur Ratssitzung auf Paragraph 11 der 2017 novellierten bundesweit gültigen Baunutzungsverordnung. Dieser biete die Möglichkeit, auch das Dauerwohnen zu erhalten. „Ändern Sie bitte Ihre Zielstellung. Es geht auch bürgernah. Bitte überprüfen Sie die Sachlage“, appellierte er an die Gemeinderäte und fragte: „Hier geht es nicht um ein oder zwei Bewohner. Es geht um viele. Sind wirklich alle Möglichkeiten ausgeschöpft?“

In den 1970er-Jahren entstand die Knappenhüttensiedlung. Sie wurde als Feriensiedlung errichtet und ganzjährig betrieben. Der Nordbereich (ein Drittel) gehörte zu Wittichenau. Der Südbereich (zwei Drittel) zählte zur Gemeinde Knappensee. Heute gehört die Siedlung zu Koblenz und damit zu Lohsa. Sie ist die einzige noch erhaltene und in sich geschlossene Feriensiedlung am Knappensee. Der Verein „Siedlung zur Knappenhütte“ betreibt die Anlagen für Strom, Trinkwasser, Abwasser und Straßenbeleuchtung. Heute stehen in der Knappenhüttensiedlung rund 100 Objekte. Das sind Häuser, Finnhütten, die frühere Gaststätte Knappenhütte und der Gewerbebetrieb Elektronische Industrie Automatisierungs GmbH. Für ihn ist jetzt die künftige Nutzung durch den Ratsbeschluss nach der Abwägung gesichert.

Weit schwieriger ist es für die Bewohner. „Nur für den Nordbereich [für den Bereich Maukendorfer Strand, Anm. d. Red.] gibt es einen rechtskräftigen Bebauungsplan, nicht jedoch für den restlichen Bereich. Wir müssen vielfältige Nutzungsformen beachten“, erläuterte Jens Kieschnick, Leiter des Sachgebietes Bau- und Immobilienmanagement der Gemeinde Lohsa. Er sagt: „Wir wollen zukünftig Rechtssicherheit schaffen. Wir streben eine sozialverträgliche Lösung an.“ Wie er ist Susan Teichert vom Planungsbüro Braun & Barth aus Dresden zuletzt oft vor Ort gewesen. Gemeinsam mit dem Verein und mit der Feuerwehr besichtigte sie die Siedlung. „Wir sind hier im Außenbereich. Dauerwohnen ist nicht genehmigungsfähig. Das Landratsamt gibt schon seit Jahren keine Baugenehmigung mehr für Wohngebäude in solchen Anlagen“, erläuterte sie.

Vom 6. Dezember 2023 bis 15. Januar 2024 befragte das Planungsbüro gezielt die Bewohner. 108 Wohneinheiten gibt es vor Ort. Die Planer erhielten 96 Antworten. 94 Antworten waren auszuwerten. „Davon waren 78 Nutzer für das Ferienwohnen. 15 Nutzer waren für das Wochenendwohnen“, so Susan Teichert. Geäußert hat sich zudem der Eigentümer der früheren Gaststätte „Zur Knappenhütte“. Er kann sich langfristig einen Wiederbetrieb der Gaststätte vorstellen.

Dauerwohnen, so Susan Teichert, wäre im Einzelfall für den Hausmeister oder für Sicherheitskräfte in der Feriensiedlung möglich, nicht jedoch für einen größeren Teil der Siedlung. „Die 15 Jahre der Übergangsfrist sind geblieben. Wir hoffen, dass die Behörden mitgehen“, fasste sie zusammen. Gemeinderat Udo Steglich hat selbst als Student in den 1970er-Jahren die Finnhütten in der Knappenhüttensiedlung mit aufgebaut. „Wir als Gemeinderat arbeiten seit 2019 an dem Thema. Es muss jetzt bereinigt werden. Wir haben es uns nicht leicht gemacht“, versicherte er. „Mit dem Kompromiss 15 Jahre Übergangsfrist können wir leben. Das Baurecht kennt kein Gewohnheitsrecht.“