Von wegen Heidenau sei keine Weltstadt. Zumindest zwei Kieler hat es am 1. August hierher verschlagen. Gut, es waren nicht die Sehenswürdigkeiten, die sie zu einem Besuch animierten, vielmehr eine Rarität: Heidenau hat seit 1. August den ersten Waschsalon der Region.

Die beiden Kieler Touristen haben ihn im Internet gefunden und warten nun vor dem Salon auf der Ernst-Thälmann-Straße, dass ihre Wäsche fertig ist. Die Maschine mit der ist am Dienstagnachmittag die einzige der zehn, die sich dreht. Der junge Mann und die junge Frau sind von einem Festival gekommen und lassen jetzt die Maschine für sich arbeiten. Noch bis Freitag wollen sie die Region erkunden.

Kaffeeautomat im Waschsalon wäre schön

Die Handhabung einer Waschmaschine in dem personalfreien autarken "waschmal"-Salon ist relativ einfach. Wäsche in eine freie Maschine packen, am Display nach und nach drücken, was zur Auswahl angezeigt wird. Für den Mann aus Kiel ist es Premiere. Wer Handy und Tablet bedienen kann, hat keine Probleme, sagt er. Seine Begleiterin hat Salons schon genutzt. "Bei uns sind die Waschsalons 24 Stunden am Tag geöffnet", sagt sie.

Noch 27 Minuten läuft das Waschprogramm der beiden. Was jetzt fehlt, ist ein Kaffeeautomat, sagen sie und fragen nach einem Café oder einer Bäckerei in der Nähe. Die Bäckerei-Filiale gegenüber dem Salon ist schon seit Längerem geschlossen. Ob der Waschsalon ein Grund für einen Interessenten ist, die Bäckerei zu übernehmen, ist fraglich.

Gebäudekomplex mit wechselnden Nutzern

In dem Komplex befindet sich unter anderem Norma, hier waren in den vergangenen Jahrzehnten schon verschiedene Geschäfte und Einrichtungen. Dazu gehörten eine mexikanische Gaststätte, eine Diskothek und ein Fitnessstudio, ein Schuh- und ein Blumenladen sowie die Drogerie Schlecker. Zuletzt war Sven Städtler-Eisebith mit seinem Modellbauladen hier. Er öffnete im Sommer 2020 und ist inzwischen auf die Geschwister-Scholl-Straße 1 gezogen. Auch die 1st Mould GmbH, die ihre Erfolgsgeschichte seit einigen Jahren in Pirna weiterschreibt, hat in dem Komplex begonnen, der nach der Wende Anfang der 1990er einer der ersten Neubauten in Heidenau war. In ihm befinden sich auch Wohnungen.

Der Heidenauer Waschsalon ist nun der erste in der Region in dieser Größe. In Königstein stehen in der Backpacker-Lounge des Hostels auch eine Waschmaschine und ein Trockner, die Google als Waschsalon nennt. Nachgefragt werden sie relativ selten, meist seien es Urlauber, die in ihrer Ferienwohnung keine Waschmaschine haben, heißt es vom Betreiber.

Werbung mit Anspielung auf verurteilten Fußball-Boss

"Waschmal" wurde 2015 gegründet, ist auf der Internetseite des Unternehmens zu lesen. 2018 ist von 500 Städten die Rede, in der man Salons betreibe. Für 2023 werden 3.300 Postleitzahlen-Orte angegeben, was irreführend ist, weil zum Beispiel Städte wie Dresden eine Vielzahl von Postleitzahlen haben und andererseits die 01809 für Heidenau, Dohna und das Müglitztal gilt. Zudem bietet "waschmal" Abholstationen an, meist in Kooperation mit Rewe-Märkten, aber bisher keine im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge.

Umso aufmerksamer macht die seit einigen Tagen in Heidenau hängende Werbung für den Waschsalon. Es zeigt den ehemaligen Bayern München-Präsidenten Uli Hoeneß, der wegen Steuerhinterziehung verurteilt worden war und seine Strafe verbüßt hat. Über seinem Bild steht: Bis 15 kg "Schwarzes" in Heidenau waschen. Bayern München wollte die Werbung erst prüfen. Hoeneß aber sagt: "Ich werde gegen diese Sache nicht vorgehen, da gegen Dummheit kein Kraut gewachsen ist."

Eine Option für große Decken und Ähnliches

Waschsalons haben den Vorteil, dass man zu Hause keine Waschmaschine braucht. Zudem sind sie wie Hunde - die beste Voraussetzung, Bekanntschaften zu machen. Und: man kann während die Wasche gewaschen wird, ein paar Wege erledigen. Das alles geht auch in Heidenau, wenngleich die hier möglichen Wege begrenzt sind. Aber das wird die Kunden nicht davon abhalten. Ein junges Paar ist begeistert. Sie haben größere Decken zu waschen, für die ihre Maschine zu klein ist. Immer mal wieder schaut jemand zu den Fenstern des Waschsalons hinein, während dort die Maschine mit der Wäsche der beiden Kieler ihre letzten Runden dreht.