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"Wie lange müssen wir den Wahnsinn in Wildenhain noch ertragen?"

Seit Jahren hoffen Christine Eulitz und ihr Mann, dass die viel diskutierte Umgehungsstraße um Großenhains Ortsteil Wildenhain endlich kommen möge. Denn die Lebensqualität fehle längst.

Von Catharina Karlshaus
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Die Hauptstraße im Großenhainer Ortsteil Wildenhain ist Tag und Nacht gut frequentiert. In der Kurve am Gasthof kann es bei Gegenverkehr mit Brummi und Co durchaus schon mal eng werden.
Die Hauptstraße im Großenhainer Ortsteil Wildenhain ist Tag und Nacht gut frequentiert. In der Kurve am Gasthof kann es bei Gegenverkehr mit Brummi und Co durchaus schon mal eng werden. © Norbert Millauer

Großenhain. Sie kann sich noch gut an jenen Nachmittag erinnern. Damals im Oktober 2019, als sich hoher Besuch bei ihnen angekündigt hatte. Für ein lauschiges Kaffeetrinken auf der Terrasse wäre es zu diesem Zeitpunkt eigentlich schon viel zu laut gewesen. Den Tisch freundlich eingedeckt habe sie aber dennoch ganz bewusst auf diesem Fleckchen. Schließlich hätten sie und ihre Leidensgefährten Großenhains Oberbürgermeister einmal vorführen wollen, was es bedeute, an der viel befahrenen Bundesstraße 98 zu wohnen.

Tatsächlich bekam der Eingeladene im Beisein von Sächsische.de bei selbst gebackenem Kuchen innerhalb einer Stunde alles geboten, was die Anwohner der Hauptstraße im Großenhainer Ortsteil Wildenhain vor Augen und vor allem in den Ohren haben: quietschende Reifen, lautes Hupen, ratternde Brummis und bremsende Autos. All das, was Christine und Manfred Eulitz aufgrund der Lage ihres Grundstücks seit den 1990er-Jahren zunehmend die Nerven raubt.

Im Kreis ihrer Nachbarinnen und des damaligen Ortsvorstehers Mirko Neitzel sollte endlich auch mal an Verwaltungschef Sven Mißbach vorbeidonnern, was die Lebensqualität gehörig einschränke. "Für uns ist das wirklich bitter! Eigentlich sollten wir hier auf dem Land Ruhe genießen können, stattdessen versteht man sein eigenes Wort nicht und findet nachts keinen Schlaf", brachte es Christine Eulitz an jenem Tag auf den Punkt.

Hupen und quietschen: Lärm hat drastisch zugenommen

Inzwischen ist die Zeit ins Großenhainer Land gegangen. Und so viel sich auch seit jenem Nachmittag verändert haben mag, eines sei der Familie doch erhalten geblieben. Mehr noch! Der Lärm, der durch den stetig zunehmenden Verkehr hervorgerufen wäre, hätte weiter drastisch zugenommen. Was nach der Wende auf der Bundesstraße begonnen hätte, habe sich jetzt in Form von Brummis aus Tschechien und Polen vervielfältigt. Nur selten wären die schweren Fahrzeuge mit der vorgeschriebenen Geschwindigkeit von 30 oder 50 Kilometer pro Stunde unterwegs.

Die Folge davon sei beispielsweise ohrenbetäubendes Quietschen der Bremsen, Tag und Nacht. "Wir konnten in den heißen Sommerwochen nicht einmal die Fenster zum Lüften aufmachen. Abends einfach mal entspannt draußen sitzen geht auch nicht, weil es einfach unerträglich wäre", bekennt Christine Eulitz im Gespräch mit Sächsische.de nun im September 2024.

Aus diesem Grund habe sich die mittlerweile 71-Jährige ein Herz gefasst und wolle das Problem noch mal in die Öffentlichkeit rücken. Immerhin habe Sven Mißbach an jenem Oktobertag doch versichert, gemeinsam mit dem Ortschaftsrat bemühe man sich intensiv um den Bau einer Umgehungsstraße. Aber rein gar nichts wäre mehr von diesem verkehrsentlastenden Vorhaben zu hören.

Stadt und Ortschaftsrat bemühten sich gemeinsam

Ein Vorhaben tatsächlich mit langer Geschichte. Nachdem sich der einstige Gemeinderat Wildenhain 2006 schon einmal mit dem Projekt befasst hatte, seien die Planungen dann nicht mehr vorangetrieben worden. Erst nach der Eingemeindung 2009 rückten die Stadt und der Ortschaftsrat Wildenhain das Vorhaben wieder in den Blickpunkt. Seit 2016 im Bundesverkehrswegeplan unter vordringlichem Bedarf laufend, sei das Verfahren laut Sven Mißbach aber nicht über notwendige Vorplanungen hinaus gekommen. Und die Stadt Großenhain habe selbst keinerlei Handhabe, diesen festgeschriebenen Mechanismus zu beschleunigen. Auf die Frage von Christine Eulitz "Wie lange müssen wir den Wahnsinn noch ertragen?" gebe es keine Antwort.

Umfangreiche Planungen, die eine Trasse nördlich des Ortes favorisieren, um genau den Verkehr fernzuhalten, der nicht nur Christine und Manfred Eulitz die wohlverdienten Rententage schwermache. Eingedenk der Tatsache, dass im Vergleich zu anderen Erwägungen hierbei auch die Auswirkungen auf das Landschaftsbild und die Umwelt geringer seien, hätte der damalige Stadtrat im September 2019 eine positive Stellungnahme der Verwaltung befürwortet.

Jahrelanges Prozedere, welches Geduld braucht

Wie Fachleute wissen und betroffene Wildenhainer Einwohner nun schmerzlich zu spüren bekommen, wäre das jedoch nur die halbe Miete gewesen. "Ich habe schon in der Unterhaltung mit Familie Eulitz und den Nachbarn zu bedenken gegeben, dass die technische Vorplanung zur Ermittlung der Vorzugstrasse, die Entwurfsplanung und letztlich das Planfeststellungsverfahren unter Beteiligung aller Träger öffentlicher Belange erfolgen muss", gibt Sven Mißbach zu bedenken.

Ein Prozedere, das erfahrungsgemäß mindestens fünf Jahre dauere. Vorausgesetzt, es wäre durch das zuständige Sächsische Landesamt für Straßenbau und Verkehr (Lasuv) überhaupt in Gang gesetzt worden.

Und - das sei es, versichert jetzt Corinna Saring. Wie die Behördensprecherin auf Anfrage von Sächsische.de erklärt, werde gegenwärtig am Vorentwurf gearbeitet, welcher 2025 in der Lasuv-Niederlassung Meißen aufgestellt werden solle. Unmittelbar danach erfolge die Anhörung der Träger öffentlicher Belange.