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Priestewitz: Schüler entdecken ihre Stärken

Zum fünften Mal ist das Projekt "Komm auf Tour" im Landkreis Meißen zu Gast. Siebt- und Achtklässler gehen dabei einen ersten Schritt auf dem Weg zur Berufswahl.

Von Jörg Richter
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Schüler des Gymnasiums Weinböhla sitzen im Zeittunnel, der in der Priestewitzer Turnhalle aufgebaut wurde, und sprechen über ihre Zukunft.
Schüler des Gymnasiums Weinböhla sitzen im Zeittunnel, der in der Priestewitzer Turnhalle aufgebaut wurde, und sprechen über ihre Zukunft. © Norbert Millauer

Priestewitz. Ordnung halten und das Bett machen - vor allem Jungen tun sich oft schwer damit, wie ein Trio des Weinböhlaer Gymnasiums beweist. Es hat die Aufgabe, ein verwüstetes Schlafzimmer aufzuräumen. Beim Aufstellen der Bettschränkchen und Richten der Matratze packen alle mit an. Doch wie wird ein Betttuch gespannt? Und überzieht man ein Kissen?

Einer der drei Jungen weiß Bescheid und hat den Dreh raus. Seine beiden Kumpels halten sich dezent zurück und kümmern sich lieber um die Dekoration des Bettes mit Kuscheltier und Dinosaurier. - Alle drei erhalten, von Erwachsenen beobachtet, daumenkuppen-große Sticker auf die T-Shirts geklebt. Der eine Junge für seine Ordnung, die anderen beiden für ihre Kreativität.

"Jeder Aufkleber ist wie ein Schulterklopfen", sagt Sebastian Milde. Er ist freier Mitarbeiter des bundesweiten "Komm auf Tour"-Projektes aus Köln, das seit letzter Woche in der Priestewitzer Mehrzweckhalle Station macht. Rund 1.200 Siebt- und Achtklässler aus 22 Schulen des Landkreises Meißen nehmen daran teil.

Körper und Gedanken im Wandel

"Jugendliche verändern sich", so Milde. Nicht nur ihr Körper, auch ihre Gedankenwelt und Prioritäten wandeln sich. "Da fühlen sich viele auch manchmal überfordert", sagt er. Deshalb sei es wichtig, die eigenen Stärken zu erkennen.

Nebenan haben andere Schüler in einem großen Rohr Platz genommen. Es nennt sich Zeittunnel. Hier sollen die Jugendlichen darüber sprechen, wo sie sich in zehn Jahren sehen - ob sie von zu Hause ausgezogen sind, ob sie studieren oder schon Geld verdienen. "Viele wissen sehr gut, was sie wollen", sagt Sören Klapper vom Kreisjugendamt, der hier zusammen mit Milde die Fäden zieht.

Das Landratsamt Meißen, die Agentur für Arbeit sowie das sächsische Kultusministerium finanzieren das siebentägige Projekt. "Es ist schon ziemlich einzigartig", sagt Janet Putz. Deshalb sei die erste Beigeordnete des Landkreises Meißen gern die Schirmherrin dieser Veranstaltung, die schon mehrmals in der Priestewitzer Turnhalle stattfand. "Das Projekt war auch schon in Lommatzsch zu Gast", bestätigt Putz. Aber es habe sich gezeigt, dass Priestewitz im Landkreis zentraler liegt und für die meisten Schulen besser erreichbar sei.

Kulturwissenschaftlerin Josephine Clauß bittet die Schüler auf die Bühne.
Kulturwissenschaftlerin Josephine Clauß bittet die Schüler auf die Bühne. © Norbert Millauer
Diese studieren kleine Szenen ein und präsentieren sie vor Publikum.
Diese studieren kleine Szenen ein und präsentieren sie vor Publikum. © Norbert Millauer

In der anderen Ecke der Priestewitzer Turnhalle ist eine Bühne aufgebaut. "Jugendliche sollen sich trauen, mal auf einer Bühne zu stehen. Und das vor Publikum", verrät Milde. Das sei zwar freiwillig. Aber bisher hätten alle mitgemacht.

Kulturwissenschaftlerin Josephine Clauß verteilt Titel von Theaterstücken wie "Neu oder nie" und "Neu in der Clique". Die Schüler sollen in kleinen Gruppen eine passende Szene einstudieren und vorspielen. An Mut mangelt es den Jugendlichen nicht, als jedes Mal der rote Vorhang sich öffnet.

Ein paar Meter von der Bühne entfernt steht eine Art Käfig. Darin befindet sich ein Labyrinth. In kleinen Gruppen gehen die Schüler hinein und müssen besondere Aufgaben erledigen. Am umständlichsten kommen zwei Jungen zwischen all den Gittern voran. Sie haben Taucherflossen an den Füßen und müssen etwas durch das Labyrinth tragen.

Das Labyrinth hat Symbolcharakter. "Man kann sich mal verlaufen und im Leben verirren", sagt Sören Klapper. "Man darf aber auch andere fragen, wie man wieder aus dem Labyrinth herausfindet."

Eine Art Lebensberatung

Bei dem Projekt "Komm auf Tour" ginge es nicht darum, einen Beruf auszuwählen, sondern um eine Art Lebensberatung, so Klapper. Die Jugendlichen sollen ihre Stärken entdecken. Das sei der Einstieg in die Berufsorientierung, die ab der achten Klasse folgt.

Karola Klimbt von der Agentur für Arbeit in Riesa ist von der großen Resonanz der Schulen begeistert. "Es ist immer voll", sagt sie. Deswegen sei das Projekt in diesem Jahr zum ersten Mal sieben Tage vor Ort. In den vorangegangenen vier Jahren waren es fünf Tage.

„Komm auf Tour“ wurde gemeinsam von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung mit der Bundesagentur für Arbeit entwickelt. Sinus – Büro für Kommunikation hält die alleinigen Nutzungsrechte am Projekt und setzt dieses als Projektträger im Auftrag von Ländern und Kommunen bundesweit um.