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Großenhainer Kinosessel fürs eigene Zuhause

Allen Unkenrufen zum Trotz überdauert die Filmgalerie am Frauenmarkt erfolgreich die Zeiten. Und hält bereits die nächste Überraschung parat.

Von Catharina Karlshaus
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Wo er Platz genommen hat, könnten bald auch andere Interessierte sitzen - und zwar zu Hause: der Geschäftsführer des Großenhainer Kulturzentrums Jörg Rietdorf auf den zu verkaufenden Sesseln.
Wo er Platz genommen hat, könnten bald auch andere Interessierte sitzen - und zwar zu Hause: der Geschäftsführer des Großenhainer Kulturzentrums Jörg Rietdorf auf den zu verkaufenden Sesseln. © Kristin Richter

Großenhain. Ein bisschen Magie ist immer dabei. Denn in diesem Haus sind sie schließlich tatsächlich alle einmal gewesen. Star-Regisseur Joseph Vilsmaier, die Schauspieler Heino Ferch und Hans-Werner Meyer waren in der Filmgalerie auf dem Großenhainer Frauenmarkt wirklich zu Gast. Damals im Jahr 2000, als das einstige Lichtspielhaus für fast eine Million Euro Sanierungskosten mit symbolischen Pauken und Trompeten am 12. März wiedereröffnet wurde. In Anwesenheit der prominenten Künstlerriege zur Präsentation des Films "Marlene", war den Großenhainern einmal mehr ein fulminanter Neustart gelungen.

Einer, der im Gegensatz zu anderen vergleichbaren Städten den Schwung des Anfangs nie verloren hat. Daniel Craig lief hier als „James Bond“ zur Höchstform auf. Matthias Schweighöfer sah auf dem Frauenmarkt „Vaterfreuden“ entgegen, Bibi Blocksberg zeigte, was ein struppiger Besen so drauf haben kann und Emma Watson kämpfte an der Seite ihres Freundes „Harry Potter“ in der Röderstadt gegen die Schatten der Vergangenheit. Stars und Sternchen aus der ganzen Welt gaben sich in den vergangenen Jahrzehnten in der Großenhainer Filmgalerie ein Stelldichein. Dankbar angenommen von Generationen begeisterter Zuschauer.

Großenhains Filmgalerie am Frauenmarkt erfreut sich nicht nur beim einheimischen Publikum großer Beliebtheit. Auch aus dem Umland kommt man hierher gern für einen Kinobesuch.
Großenhains Filmgalerie am Frauenmarkt erfreut sich nicht nur beim einheimischen Publikum großer Beliebtheit. Auch aus dem Umland kommt man hierher gern für einen Kinobesuch. © Kristin Richter

Immerhin: Das mit moderner digitaler Bild- und Tontechnik ausgestattete Zwei-Saal-Kino zeigt aktuelle Filme in 3-D-Qualität. Kein Wunder also, dass sich begeisterte Gäste aus Großenhain und Umgebung lieber ganz bewusst für das Kino vor der Haustür entscheiden und nicht in die großen Säle nach Dresden fahren. Gleich nun, ob den Erfolgsstreifen „Oppenheimer“ oder den sommerlichen Quotenhit „Barbie“. Nicht nur in der Landeshauptstadt, auch in Großenhain wird gerade gezeigt, was bundesweit momentan angesagt ist.

Besucherzahlen lassen nicht zu wünschen übrig

Die Freunde von aufwendig erzählten Geschichten scheinen das breit gefächerte Angebot gern anzunehmen. Die Besucherzahlen, so Jörg Rietdorf, könnten sich längst wieder mit denen vor der Corona-Pandemie messen lassen. "Wir sind wirklich sehr zufrieden! Allein im vergangenen Jahr durften wir 25.000 Gäste in der Filmgalerie begrüßen", verrät der Geschäftsführer der Großenhainer Kulturzentrum GmbH.

Angesichts des gegenwärtigen Streiks in der amerikanischen Filmbranche - erstmals seit 1980 steht Hollywood gewissermaßen seit 14. Juli still, da Drehbuchautoren und Schauspieler die Arbeit niedergelegt haben - wisse man freilich nicht, wann wieder frische Produktionen zu haben seien werden. Aber damit stehe Großenhain selbstverständlich nicht allein da, und bisher kämen noch genügend sehenswerte Filme, nicht zuletzt aus dem eigenen Land, nach.

Den ersten Streifen auf Leinwand bewundern durften die Großenhainer übrigens bereits 1909 in ihrer Stadt. Der Reform-Kino-Salon an der Wasserkunst war ein gern besuchtes Kino. Später gesellte sich für kurze Zeit in der Klostergasse das Zentral-Lichtspiel-Theater hinzu, bevor im Sommer 1921 die Bauarbeiten für das moderne Haus am Frauenmarkt begannen. Feierlich eröffnet wurde es im Februar 1922: Das neumodische Wunder „Tonfilm“ flimmerte geräuschvoll über die Leinwand.

Das Kino am Frauenmarkt sollte über Jahrzehnte hinweg zum zweiten Wohnzimmer der Großenhainer werden. Im Oktober 1996 wurde die letzte Filmrolle eingelegt, bevor nach vier kinofreien Jahren die Stadtväter schließlich einen neuen Betreiber im frisch sanierten Gebäude gefunden hatten.

Umbau während des laufenden Betriebs

Eines, in welchem naturgemäß immer mal wieder der Zahn der Zeit nagt. Wurde bereits im Sommer 2016 renoviert, wird ab Oktober erneut Hand angelegt. Nachdem im vergangenen Jahr erfolgreich die Technik auf den neusten Stand gebracht worden ist, hat das Team um Jörg Rietdorf nun ein neues Projekt im Visier. "Im Obergeschoss startet Anfang Oktober ein grundlegender Umbau vom Fußboden bis hin zu den Wänden mit moderner Bespannung und Beleuchtung", verrät Jörg Rietdorf. Während des laufenden Betriebs im anderen Saal - geöffnet werde dieser aufgrund der Herbstferien nahezu ganztägig sein - sollten die Arbeiten bis Ende des Monats abgeschlossen sein.

Damit einher ginge auch der Austausch der Bestuhlung. Wer diese Neuerung mit Gedanken an lauschige Kinoabende auf dem blauen Mobiliar wehmütig zur Kenntnis nimmt, der muss indes nicht traurig sein. Auch da haben sich die Großenhainer nämlich wieder etwas Besonderes einfallen lassen. "Wer möchte, kann die alten, gebrauchten Kinosessel zum Preis von fünf Euro pro Exemplar bei uns käuflich erwerben, was neben aller Romantik im Hinblick auf Nachhaltigkeit und Wiederverwendung vielleicht auch eine gute Idee ist", bekennt Jörg Rietdorf und lacht.

Wer also künftig seine Abendunterhaltung auf kuschligen blauen Sesseln aus der Großenhainer Filmgalerie genießen möchte, sollte sich schnell entscheiden. Denn dann hat er die Garantie, die guten Stücke am 4. und 5. Oktober direkt im Kino, Frauenmarkt 9, abholen zu können. Und hat überdies in den eigenen Wänden die Garantie: Ein bisschen Magie ist nun immer.

Wer Interesse an einem Großenhainer Kinosessel hat, kann sich telefonisch unter 03522 525910 oder 03522 505555 beziehungsweise auch per E-Mail: [email protected] (Kino) und [email protected] (Kulturschloss) melden.