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SZ + Großenhain

Bei Anruf Kuraufenthalt: Neue Masche in Großenhain

Immer wieder wollen sich Betrüger auch im Landkreis Meißen reich klingeln. Die Polizei warnt eindringlich, sich nicht unter Druck setzen zu lassen.

Von Catharina Karlshaus
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Über Betrug am Telefon - von Schockanrufen, Whatsapp-Nachrichten oder sogenanntem Enkeltrick - wird immer wieder berichtet. Dennoch gelingt es den Tätern immer wieder, neue Opfer zu finden.
Über Betrug am Telefon - von Schockanrufen, Whatsapp-Nachrichten oder sogenanntem Enkeltrick - wird immer wieder berichtet. Dennoch gelingt es den Tätern immer wieder, neue Opfer zu finden. © Kristin Richter

Großenhain. Marianne Berger heißt nicht Marianne Berger. Die 78-jährige Großenhainerin möchte ihren richtigen Namen aber unter keinen Umständen in der Zeitung lesen. Peinlich sei es der pensionierten Krankenschwester, dass sie überhaupt eine Minute lang darüber nachgedacht hätte zu tun, was diese Frau am anderen Ende der Leitung am vergangenen Donnerstagnachmittag von ihr verlangt habe. „Sie sprach mit leichtem Akzent, war sehr freundlich und höflich. Zunächst fragte sie mich, ob ich Interesse an einem neuen Vorsorgeprogramm der Krankenkasse hätte. Als ich Ja sagte, offerierte sie mir einen vierwöchigen Kuraufenthalt in Tschechien für meinen Mann und mich“, erzählt Marianne Berger noch immer recht aufgeregt am Freitagmorgen im Gespräch mit Sächsische.de.

Unter Druck gesetzt mit vermeintlichen Kapazitäten

Tatsächlich wäre das Ehepaar schon einmal für eine Woche in Karlsbad gewesen, was ihnen beiden sehr gefallen hätte. Deshalb habe sie auch interessiert, um welches Angebot es sich denn in diesem Fall handelt. Die unbekannte Dame sei darauf allerdings gar nicht näher eingegangen. Lediglich von vielen Anwendungen wäre die Rede gewesen. „Stattdessen sagte sie, ich solle schnell zugreifen, sonst wären alle Plätze weg. Damit mein Mann und ich uns zwei sichern können, müsste ich noch am selben Tag 2.500 Euro Anzahlung leisten“, erzählt Marianne Berger.

Eine Offerte, die jedoch nicht von langer Dauer gewesen wäre. Als die pfiffige Röderstädterin um Bedenkzeit bat, um die Meinung ihres Mannes beziehungsweise ihrer Kinder einzuholen, hätte die Anruferin nochmals gedrängt und auf die begrenzten Kapazitäten hingewiesen. „Als ich meinte, so schnell könnte ich das allein nicht entscheiden, und schon gar nicht heute, legte sie einfach auf“, verrät Marianne Berger.

Wie sie betont, ärgere sie sich, überhaupt das mehrminütige Telefonat geführt zu haben. Im Nachhinein betrachtet, biete schließlich keine deutsche Krankenkasse eine solche Kur einfach am Telefon an. Zumal - ein Name, wenn sie es recht bedenke, der etwaigen Institution auch gar nicht gefallen sei. „Deshalb möchte ich wenigstens davor warnen, damit nicht andere Leute wirklich darauf hereinfallen!“

Ein Ziel: Geld aus der Tasche zu ziehen

Eine offenbar neue Betrugsmasche inmitten zahlreicher anderer, die auch in der Polizeidirektion Dresden so noch nicht bekannt gewesen ist. Schon deshalb habe die Großenhainerin alles richtig gemacht. „Aus der Ferne betrachtet, handelt es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um einen Betrugsversuch, auch wenn gleich gelagerte Fälle bislang bei der Polizei nicht bekannt geworden sind“, konstatiert Behördensprecher Marko Laske auf Anfrage von Sächsische.de.

Aus der Erfahrung bleibe festzustellen, dass sich die Art und Weise, wie Menschen um ihr Geld oder den Besitz etwa in Form von Schmuck gebracht werden sollen, fortwährend wandeln und durch die Betrüger angepasst werden. „Im Kern geht es jedoch immer darum, ältere Menschen mit einer Legende um ihr Erspartes zu bringen“, erklärt Marko Laske.

Mal sei es eben der in Not geratene Sohn, mal melde sich ein angeblicher Polizist, Staatsanwalt oder Bankangestellter. Das Ziel dabei immer dasselbe: arglosen Leuten möglichst viel Geld aus der Tasche zu ziehen. Wortreich würden zu diesem Zweck etwa plötzliche missliche Lagen von nahen Angehörigen vorgetäuscht, zur Zahlung von einer Kaution oder einer Geldsumme aufgefordert, um auf diese Weise angeblich die Einleitung eines Strafverfahrens zu vermeiden.

Es darf einfach das Telefonat beendet werden

Geglückt ist diese Masche leider erst wieder am vergangenen Mittwoch in Weinböhla. Ein Mann hatte sich telefonisch bei einer 80-jährigen Seniorin gemeldet und wohl glaubhaft versichert, er wäre ein Staatsanwalt. Im nachfolgenden Gespräch teilte er der Frau mit, dass deren Sohn einen tödlichen Verkehrsunfall verursacht hätte und ins Gefängnis müsste. Nur gegen eine Kaution könne dies verhindert werden. Daraufhin übergab die geschockte Mutter einem vermeintlichen Boten Schmuck und Bargeld im Gesamtwert von etwa 40.000 Euro.

Betrug in ganz großem Stil, der indes verhindert werden könne. Generell gelte, laut Polizei, wenn sich eine unbekannte Person am Telefon befände und versuche, ein Gespräch aufzubauen oder Druck auszuüben, sollte der Angerufene keineswegs darauf eingehen. So wie Marianne Berger und auch einfach aufgelegt werden dürfe.

Ein schlechtes Gewissen müsse der offenkundig unhöfliche Zeitgenosse nicht haben. Ganz im Gegenteil! Schließlich würden die Polizei, die Staatsanwaltschaft, Banken, Sparkassen, Internetdienste Amtspersonen und auch eine Krankenkasse nicht telefonisch um die Aushändigung von Bargeldbeträgen oder Wertsachen bitten. Ein gesundes Misstrauen sei überhaupt nicht verkehrt. Das habe die Großenhainer Rentnerin völlig zu Recht an den Tag gelegt und sich auch richtig verhalten, indem sie die Öffentlichkeit vor den Betrügern warne.