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Wölfe töten fünf Schafe in Kunnersdorf

Bei Görlitz drangen Tiere in eine Herde ein. Von den Schutzhunden und dem Elektrozaun ließen sie sich nicht beeindrucken.

Von Constanze Junghanß
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Einer der Herdenschutzhunde bewacht ein offenbar bereits totes Schaf auf der Kunnersdorfer Weide.
Einer der Herdenschutzhunde bewacht ein offenbar bereits totes Schaf auf der Kunnersdorfer Weide. © privat

Als Helmut Seibt am Freitag gemeinsam mit seiner Frau am Lindenweg in Kunnersdorf spazieren ging, bot sich ihm beim Blick über die Koppel ein Bild, welches er zuerst nicht wirklich einordnen konnte. „Da lag ein blutverschmiertes Schaf. Daneben ein großer weißer Hund, der das Schaf bewachte“, erzählt er. Mit dem Handy machte er ein Foto. „Hat ein Wolf das Schaf angegriffen?“, fragte er sich. Weit und breit sei kein Isegrim zu sehen gewesen. Angst hatten die Spaziergänger keine, zumal nicht fest stand, was überhaupt passiert ist.

Dass tatsächlich Wölfe – wahrscheinlich mehrere – in Kunnersdorf zugeschlagen haben, ist für Martin Bauz klar. Er ist der Halter der kleinen Herde von etwa 20 Tieren, die auf der Wiese der Schöpstal-Agrar GmbH standen. „Zwei Schafe wurden bei dem Angriff direkt getötet, eins davon komplett aufgefressen“, sagt er. Drei weitere Schafe trugen so schwere Verletzungen davon, dass sie erlöst werden mussten. Martin Bauz kann es immer noch nicht so richtig fassen: Die Herde sei mit einem Elektrozaun gesichert gewesen, den die Wölfe offenbar übersprungen haben. Seine beiden Herdenschutzhunde blieben zum Glück unverletzt, schafften es jedoch nicht, die Wölfe zu vertreiben.

Kunnersdorfer Anwohner berichten, dass die Hunde wie verrückt in der Nacht gebellt hätten. Das hat die Wölfe wohl nicht beeindruckt. Als Martin Bauz am Freitagmorgen von dem Unglück erfuhr, fand er seine beiden Schutzhunde völlig erschöpft vor. „Die lagen in der Koppel, die Schafe die noch lebten und nicht verletzt waren, standen draußen“, sagt er. Martin Bauz kann sich das nur so erklären, dass die Herde flüchten wollte und dabei den Zaun niedertrampelte. „Meine Schafe habe ich gleich aus dem Schöpstal weggeholt und nach Borda zu meiner anderen Herde gebracht“, erzählt er.

Hunde und Spezialzäune sollen Schafe schützen

Dort bewacht nun neben den Pyränenberghunden auch ein Kaukasischer Owtscharka-Herdenschutzhund die Tiere. 200 Schafen und Ziegen und einige Rinder gehören dem Reichenbacher Landwirt. Die werden unter natürlichen Bedingungen und damit fern jeder Massentierhaltung gehalten. Nur die Mutterschafe, die jetzt ihre Lämmer gebären, sind im Stall. Da die Region Wolfsgebiet ist, hat Martin Bauz alles getan, um seine Tiere zu schützen. Hunde und die speziellen Zäune eben – damit die Schafhaltung unter freiem Himmel so sicher wie möglich bleibt.

Wolfsspuren im Schnee entdeckte Martin Bauz bereits in der Vergangenheit. Jäger berichteten ihm von vier Isegrims, die regelmäßig in der Umgebung gesichtet worden seien. Ob die zum Königshainer Rudel gehören, steht nicht fest. Martin Bauz hat die Rissgutachter von der Fachstelle Wolf informiert, die den Schaden aufgenommen haben. Die seien auch schnell gekommen.

Es ist nicht der einzige Vorfall im Görlitzer Umland in letzter Zeit. In Prachenau – einem Ortsteil von Vierkirchen – überwanden Wölfe Anfang Januar dieses Jahres einen Elektrozaun und töteten zwei Ziegen und ein Schaf. Ein weiteres Schaf wurde verletzt. Das geht aus der Schadensstatistik vom Landesumweltamt Sachsen hervor. In Trebendorf tötete der Wolf im Dezember 2020 fünf Damwild in einem Wildgehege, einen Monat zuvor an gleicher Stelle 14 Tiere. In Neißeaue fielen ihm Ende November zwölf Schafe zum Opfer – zehn tot, zwei verletzt. In Reichenbach fraßen Wölfe ein Schaf komplett auf und auch aus Krauschwitz gab es letztes Jahr immer wieder vereinzelte Schadensmeldungen – oft trotz Elektrozäunen.

Landwirt fordert Hilfe vom Freistaat

Mit diesen Zäunen sichert auch der Reichenbacher Landwirt seine Schafgruppen. „Die Herdenschutzhunde kaufte ich von meinem eigenen Geld. Da gab es keine Förderung vom Freistaat“, stellt der Schafhalter klar. Dass es trotz dieser Vorkehrungen eine seiner Herden erwischt hat, ist für ihn nur schwer zu verkraften.

Die Flinte ins Korn wirft Martin Bauz jedoch nicht. Und betont, dass er keinesfalls aufgeben will, obwohl er absolut nicht damit rechnete, dass sich trotz der Hunde die Wölfe an seinen Tieren vergreifen. Nun will sich der Landwirt weitere Schutzhunde anschaffen, sieht jedoch ebenfalls das Land in der Pflicht. „Wenn die Gesellschaft den Wolf hier möchte, braucht es für uns Schafhalter finanzielle Unterstützung“, ist seine Auffassung. Sonst sei die reine Herdenhaltung künftig unmöglich. Ohne Hilfe vom Freistaat würden irgendwann die Wiesen nicht mehr von Schafen abgegrast werden.

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