Der Streit um die Winterfahrten des Fahrgastschiffes von Stefan Menzel ist zwar formal mit der Genehmigung seitens des Landratsamtes Görlitz beigelegt. Doch tatsächlich bleibt vieles ungeklärt. Auch was die weiteren Vorhaben des Unternehmers in Görlitz und der Region betrifft. Wir trafen Stefan Menzel bereits am Dienstagvormittag in der Bikini-Bar zum Interview, als vor allem noch sein Schreiben an den Görlitzer OB die Debatte bestimmte. Das Gespräch autorisierte er gegenüber der SZ am Mittwochvormittag, nachdem er die Genehmigung erhalten hatte.
Herr Menzel, was hat Sie zu Ihrem Schritt am Montag bewogen, den Imbiss auf der Landeskrone zu schließen, das Bikini dichtzumachen und das Fahrgastschiff spätestens Ende März aus dem See zu holen?
Es ist aus meiner Sicht eine verkettete Gesamtsituation. Auf der Landeskrone ist die Saison weitestgehend vorbei, der eigentliche Plan, Gastronomie über den Winter zu ermöglichen, wäre mit zusätzlichem Aufwand verbunden, ohne dass Probleme wie die Befahrung der Landeskrone gelöst sind. Die Genehmigung für Winterfahrten auf dem See reicht nicht aus und ist auch nur kurz befristet, sodass mir jede Planungssicherheit fehlt. Wer denkt, dass der Menzel seinen Willen bekommen hat, kann beruhigt sein, es ist nicht an dem, sondern durch den politischen Druck von allen Seiten ist der Landkreis in seiner Position so verunsichert, dass er nichts riskieren möchte.
Die Route wird verkürzt und ist auf den Südosten des Sees begrenzt?
Genau. Für die geplanten Martinsgans- oder Glühweinfahrten, auch für die Brunchfahrten reicht diese Genehmigung vielleicht noch. Das wird man sehen, wie es ist, wenn man zwei oder drei Stunden auf diesem kleinen Stück fährt. Reine Rundfahrten können wir aber nicht anbieten. So hilft es uns nicht bei der Weiterentwicklung unseres Produktes, dafür müsste man die Dimension des Sees erfahren und mindestens bis Deutsch Ossig fahren, wie es auch der frühere Oberbürgermeister Matthias Lechner erklärt hat.
Ihre Kritiker sagen, die Rahmenbedingungen am See stehen seit mehr als einem Jahr fest, Sie haben von Anfang an gewusst, dass die Schiffssaison nur von Anfang April bis Ende Oktober dauert und alles andere schwierig werden könnte.
Ja, das ist auch so. Wir befinden uns aber auch seit Dezember 2022 in einem Antrags- und Genehmigungsverfahren, seit März 2023 auch im Austausch mit der Naturschutzbehörde. Hier gab es zwar noch keine Lösung, aber schon früh war klar, dass es wahrscheinlich sein wird, dass wir eine Ausnahmegenehmigung erhalten werden. Ich hätte nie für möglich gehalten, dass dieses Thema so weite Kreise zieht und Städte und Anrainer so ein Gewicht haben, sodass sie den Landkreis so beeinflussen. Natürlich trage ich das unternehmerische Risiko für meine Projekte, aber ich hätte gedacht, dass der ökologische Wert eines E-Schiffes auf dem See das wichtige Argument ist, und das auch gewürdigt und wertgeschätzt wird.
Was sind Ihre Pläne für das elektrische Fahrgastschiff?
Das Schiff wurde für Ganzjahresbetrieb, inklusive Winterfahrten, konzipiert, es ist beheizbar. Es hat 1,8 Millionen Euro gekostet, und es ist meine Entscheidung, es dort einzusetzen, wo es generell den größten Wert stiftet. So werde ich das Schiff künftig an einem See in der Region einsetzen, wo es nicht so enge Rahmenbedingungen gibt.
Viele wundern sich über den Zeitpunkt, wo Sie den Bettel hinwerfen wollen. Denn noch vor wenigen Tagen haben Sie ja erklärt, Ihre beantragte Ausnahmegenehmigung wird vom Landkreis positiv beschieden.
Die Ausnahmegenehmigung ist eben nicht ausreichend. Ich hatte vorgeschlagen, die Winterfahrten auf ein Jahr und bis Deutsch Ossig zu genehmigen und anschließend zu schauen, welche Folgen das für den See und die Natur hat. Da hätte der Kreis sich nichts vergeben.
Aber aus den Erklärungen der Landesdirektion zu der Schiffbarkeitserklärung geht ja auch hervor, dass die gesamte Fläche des Sees von Ende Oktober bis Anfang April ruhen soll. Und zwar unabhängig davon, was konkret geplant sein könnte.
Ja, aber es gibt die Möglichkeit der Ausnahmegenehmigung. Die Fachbehörde, in dem Fall der Kreis, hatte das zu prüfen und zu entscheiden.
Manch einer hat den Eindruck, dass Sie die Stadt und den Landkreis erpressen wollen und mit Ihrer Entscheidung vom Montag mal zeigen, was alles wegfällt, wenn die Behörden nicht so spuren wie Sie das wollen?
Dem widerspreche ich. Wir hätten bereits fahren können, wenn wir die Genehmigung zum 1. November bekommen hätten, gegen die es in der Sache keine Einwände gibt. Niemand von der Verwaltung sieht, mit welchem Kostendruck der Einsatz dieses Schiffes für mich verbunden ist. Ich werde immer nur kritisiert, dass ich ja die Bedingungen von Anfang an kannte. Dabei strebe ich ja nur eine Lösung an. Alles, was ich mit dem Schreiben am Montag signalisieren wollte, war, dass Verwaltung und ich uns hinsetzen und konstruktiv zusammenarbeiten. Hätte man die Energie, die man in die Verhinderung der Winterfahrten gesteckt hat, in eine Lösung investiert, wären wir viel weiter.
Ist es vielleicht nicht aber so, dass Sie den günstigen Moment nutzen und sich einfach von Verlustgeschäften trennen: Das Schiff fährt in einem halben Jahr keine Gewinne ein, die für ein ganzes Jahr reichen, die Bikini-Bar ist nicht kostendeckend, die Landeskrone im Winter sicher auch nicht. Retten Sie also Ihr verbliebenes Geld vor weiteren Verlusten?
Nein, das stimmt nicht. Ich habe nie gesagt, dass das Schiff nicht kostendeckend ist, ich habe auch nie gesagt, dass die Bikini-Bar nicht kostendeckend ist. Auch habe ich nicht gesagt, dass die Landeskrone die Kosten nicht deckt.
Wenn das so ist, warum schließen Sie die Bikini-Bar?
Bislang war ein Umzug in das Eckgeschäft Berliner Straße/Hospitalstraße geplant gewesen, das ich bereits angemietet habe. Ich hatte vor, die Bikini-Bar an dem neuen Standort zu vergrößern und zum Frühstückslokal umzugestalten. Dieser Plan wurde auf Eis gelegt. Was bleibt, ist die Schließung zum 31. Januar.
Stimmt es, dass Sie in juristischen Auseinandersetzungen mit dem Vermieter der Räume der Bikini-Bar sind?
2022 gab es einen Rechtsstreit wegen eines Grundstücksverkaufs mit Michael Schulz, dessen Immofant GmbH auch der Vermieter der Bikini-Räume ist. Man hätte meinen können, dass das Problem damit geklärt war – dem war leider nicht so. Was folgte, waren trotzige Reaktionen und Kündigungen einzelner Räumlichkeiten. Auch die Mietfläche im Bikini wurde gekündigt. Wir halten die Kündigung für nicht wirksam, nehmen sie aber in Kauf.
Und die Landeskrone?
Sie ist in diesem Jahr defizitär, weil wir sechs, acht Wochen nur damit zu tun hatten, das Areal zu beräumen, da sind fast nur Kosten angefallen. Ich bin froh, dass ich jemanden gefunden habe, der sich aktiv darum kümmert.
Wie sind Sie denn auf Alexander Hennersdorf und Lars Wehlt als Betreiber der Landeskrone gekommen?
Alexander Hennersdorf hat als Subunternehmer bei verschiedenen Events und Veranstaltungen für mich gearbeitet. Er hat ein Versicherungsbüro und einen Hausmeisterservice. Ich habe verschiedene Personen gefragt, wer sich das vorstellen kann. Am Ende fiel die Wahl auf Alexander Hennersdorf.
Die beiden haben ja auch eine andere Geschichte: Herr Hennersdorf besitzt ein Grundstück in Arnsdorf, auf dem im April dieses Jahres ein Neonazi-Konzert aufgelöst wurde. Herr Wehlt verlor den Zuschlag für die Ausrichtung der Girbigsdorfer Dorffestspiele vor einigen Jahren, weil er in sozialen Netzwerken einschlägige Posts weiter verbreitet hat.
Von dem Konzert wusste ich nichts. Erst vor Kurzem wurde ich von Vertretern der Stadt Görlitz angesprochen und gebeten, dass ich das prüfen soll. Unter meiner Verantwortung wird nichts in einer politisch extremistischen Richtung stattfinden. Und wenn ich etwas mitbekomme, wäre es ohnehin vorbei. Ich mache Geschäfte, ich will politisch nicht polarisiert auftreten. Ich werde selber so etwas nicht machen und auch nicht verantworten, dass das irgendjemand auf meinem Grundstück tut.
Der See ist jetzt nicht das erste Thema und Projekt von Ihnen, mit denen Sie anecken. Mit dem Görliwood-Bus und den Abfahrtsorten gab es Probleme, die Klagen von Anwohnern der Route reißen nicht ab über Lärm- und Geruchsbelästigung, Sie haben das i-vent übernommen, um zwei Monate danach etwas völlig anderes damit zu machen, nämlich es zu schließen. Bei dem tödlichen Bootsunglück mit dem von Ihrem Unternehmen ausgeliehenen Kanu ermittelt noch die Staatsanwaltschaft in Dresden. Ihr Ruf ist jetzt nicht der Beste in der Stadt. Stört Sie das nicht?
Ich sehe das etwas anders. Ich akzeptiere viele Dinge der Verwaltung nicht und stelle sie wirklich infrage. Zugleich gehe ich bis zum Äußersten, um Lösungen für meine Vorhaben zu erreichen, weil ich fest davon überzeugt bin, dass sie gut für die Region und deren touristische Entwicklung sind. Wenn ich einen Fehler dabei mache, dann räume ich ihn auch ein und versuche, ihn zu beheben. Ich habe beispielsweise die Kritik an der Route des Görliwood-Busses wahrgenommen. Dieser Bus wird im neuen Jahr trotz geltender Genehmigung nicht mehr durch die Neißstraße fahren. Aber viele konzentrieren sich in Bezug auf meine Person nur darauf zu schauen, wie verhält er sich, wie geht er mit wem um. Den Ergebnissen aber misst man keinen Wert bei. Das ist das Problem in Görlitz, wenn man hier als aktiver Unternehmer tätig ist.
Aber ist es wirklich so, dass Unternehmer in Görlitz systematisch behindert werden? Das Unternehmen Skan hat gerade eine neue Fläche von der Stadt gekauft, ohne dass wir da viel über Probleme gehört hätten.
Skan ist eine größere Firma, und diesen Unternehmen wird eine Priorität eingeräumt. Wenn eine Mail von Siemens an die Verwaltung geht, denken Sie, die Verwaltung würde sich dann so verhalten wie bei mir und nicht antworten. Meine Wahrnehmung ist, dass kleine Unternehmen im Görlitzer Rathaus nicht wertgeschätzt werden.
Fühlen Sie sich für Ihre Arbeit und Leistung nicht genügend anerkannt?
Ja, komplett, nullkommanull. Weder durch die SZ noch die Beteiligten. Nicht alle, aber ein Großteil der involvierten Verwaltungsmitarbeiter. Mein Ruf ist aber auch durch die überwiegend negative Berichterstattung durch die SZ entstanden.
Sie beklagen sich in sozialen Netzwerken, dass in der SZ nicht Beiträge erschienen sind, wie schön das Schiff ist. Ich darf Sie erinnern, dass Sie die SZ als einziges Medium nicht über die Überführung des Schiffs von Magdeburg nach Görlitz informiert haben, Sie haben dem Transportunternehmen verboten, mit uns zu reden. Sie haben uns als einziges Medium nicht informiert über die Schiffstaufe und die Jungfernfahrt am See. Sie haben Ihren Mitarbeitern auf der Landeskrone untersagt, mit uns zu reden. Und dann beklagen Sie sich, dass die positiven Dinge, die mit einer Berichterstattung natürlich auch verbunden gewesen wären, nicht vermittelt wurden?
Das sehe ich anders. Ich habe den Kontakt erst nach der Negativberichterstattung über das i-vent-Büro eingestellt. Ich habe immer versucht, Lösungen zu finden, um mit Ihnen zu kommunizieren, sogar einen Pressesprecher habe ich beauftragt. Aber das hat auch nicht so funktioniert. Dann war meine Entscheidung, Sie nicht aktiv zu informieren. So wie Sie mich jetzt – hoffentlich nur zeitweilig – auf der Facebook-Seite der SZ gesperrt haben.
Ihre Angebote werden von vielen Menschen als gut und bereichernd empfunden: das Schiff, der Görliwood-Bus, die Wiederbelebung der Landeskrone mit einem Imbiss zunächst, die Bikini-Bar, die es so kein zweites Mal in Görlitz gibt und gerade unter jungen Leuten sehr hoch im Kurs steht. Andererseits gibt es aber eine Kehrseite: Sie hinterlassen verbrannte Erde, ob mit einigen ihrer Geschäftspartner oder der Kreisverwaltung, die sich jetzt vorgeführt vorkommen muss, weil sie aus internen Gesprächen zitieren, die Anrainerkommunen am See, die gemeinschaftlich erklärt haben, sie wollen keine Ausnahme nur für einen und wo Sie jetzt vor allem gegen den Görlitzer OB schießen. Sie verprellen doch alle, wenn Sie nicht Ihren Willen bekommen. Das ist doch nicht nachhaltig. Was wollen Sie in dieser Stadt noch erreichen?
Mich beschäftigt, warum erkennt kaum jemand, dass in Görlitz Veränderungen notwendig sind. Es wird jeder mitbekommen haben, dass Görlitz eine hohe Dönerdichte hat. Das ist aus meiner Sicht eine Folge der fehlenden Kaufkraft. Und wenn dann Unternehmer ambitionierte Projekte haben, mit der zusätzliche Kaufkraft nach Görlitz geholt werden soll, dann frage ich mich, warum das nicht nach Kräften unterstützt wird. Ich will alte Denkweisen aufbrechen, aber ich führe keinen Feldzug gegen den OB. Nur ist er eben mein Ansprechpartner. Vermutlich ist Herr Hummel für den See zuständig, aber er schafft es ja noch nicht mal, auf mehrfache E-Mails von mir zu antworten. Ich kann die Arbeit des OBs nicht generell beurteilen. In Bereichen, die mich, den Tourismus oder die Entwicklung von Unternehmen betreffen, halte ich seine Anstrengungen für deutlich zu gering. Mich stört, dass zu wenig für die Verbesserung der Entwicklung in der Region und für mehr Lebensqualität getan wird.
Manchmal hat man den Eindruck, es ist aus Ihrer Sicht wie bei einer Facebook-Abstimmung: Wenn sich dort viele für Winter-Nebensaison des Fahrgastschiffes aussprechen, dann hat das die Verwaltung zu genehmigen. Aber am Ende geht es doch um Recht und Gesetz.
Aber vor allem sollte ein Oberbürgermeister im Interesse der Bürger handeln und nicht gegen die Bürger unter konstruktiven Vorwänden.
Ist Ihr Vorgehen am See jetzt eine Blaupause für den Skywalk, müssen wir also damit rechnen, dass Sie erneut versuchen, mit dem Kopf durch die Wand zu gehen. Denn der Naturschutz, Landschaftsschutz und Denkmalschutz ist auf der Landeskrone noch einmal schärfer, was Neubauten angeht.
Grundsätzlich möchte ich künftige Projekte jetzt nicht zurückfahren, weil es diese Schwierigkeiten gab und ich mich ungerecht behandelt fühle. Vor 14 Tagen haben wir mit dem Projekt Baumwipfelpfad an der Landeskrone begonnen. Ich würde nicht weiter den Begriff Skywalk verwenden. Nach ersten Gesprächen mit dem Chef der Görlitzer Stadtentwicklung, Hartmut Wilke, Vertretern der Unteren und Oberen Denkmalschutzbehörde, dem Liegenschaftsamt, der Bauaufsicht und dem Naturschutz gibt es eine große Bereitschaft für das Vorhaben. Herr Wilke eröffnete die Beratung mit einer Anekdote: Als in Paris der Eiffelturm gebaut wurde, gab es massiven Widerstand in der Bevölkerung, jetzt ist es die Attraktion, die jedes Jahr Millionen Touristen anlockt.
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Aber rund um den Eiffelturm gibt es keinen Naturschutz, keinen Landschaftsschutz.
Deswegen folgte noch ein Termin mit der Naturschutzbehörde des Kreises in Löbau. Da habe ich gebeten, dass man mir die Satzung für das Landschaftsschutzgebiet der Landeskrone mal vorlegt. Ich kannte sie nicht. Dann sind wir sie gemeinsam durchgegangen und dabei kam heraus: Ein Baumwipfelpfad – vorausgesetzt man findet eine Lösung für den Personentransport nach oben – ist gar keine so große Beeinflussung für das Landschaftsschutzgebiet, wie vielleicht Außenstehende vermuten. Die Behörde hatte erstaunlich wenige Einwände: Und es sind mir bis jetzt keine Einwände bekannt, die das Projekt verhindern könnten. Natürlich müssen ein Baugenehmigungsverfahren durchgeführt und ein Bebauungsplan aufgestellt werden. Aber das ist eine Entscheidung des Görlitzer Stadtrates, ob er das will oder nicht.
Wir hören, dass Sie jetzt sechs Monate in die USA wollen. Stimmt das?
Ja, das stimmt.
Und was planen Sie da?
Ich bin seit 2010 jedes Jahr zwei- bis dreimal in den USA, meistens in Los Angeles. Da bei und neben Projektentwicklung vor allen Dingen auch Marketing, digitale Prozesse und Künstliche Intelligenz im Fokus stehen, möchte ich den Winter dafür nutzen. Und auch ein wenig Urlaub machen.