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Warntage brachten Millionen für neue Sirenen – Was der Landkreis Görlitz davon hat

Am Donnerstag um 11 Uhr wird bundesweit die Bevölkerung mit einem Signal gewarnt. In Görlitz wird es leise bleiben. Warum die Übung dennoch wichtig ist.

Von Marc Hörcher
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Björn Mierisch, Kreisbrandmeister des Landkreises Görlitz
Björn Mierisch, Kreisbrandmeister des Landkreises Görlitz © SZ-Archiv / Paul Glaser/glaserfotografie.de

Laut dem Deutschen Wetterdienst trifft der für die nächsten Tage angekündigte Dauerregen vor allem Österreich, Tschechien und Polen und fällt in der Oberlausitz voraussichtlich glimpflich aus. Die Warnung von Katastrophenschützer Markus Kremser auf Facebook klingt dennoch eindringlich: Wer in vergangenen Jahrzehnten bereits einmal von Hochwasser betroffen war, sollte sich vorbereiten, für ausreichend Powerbanks sorgen, das batteriebetriebene Radio checken, um Informationen und Warnungen empfangen zu können, falls Strom- und Mobilfunknetze ausfallen.

„Wenn es nicht so schlimm kommt wie vorhergesagt, habt ihr geübt. Wenn doch, habt ihr möglicherweise Schlimmeres verhindert“, meint Kremser. Außerdem empfiehlt er, auf Facebook den Seiten von Stadtverwaltung, Landkreis und DRK Kreisverband Görlitz zu folgen und sich die Warnapp Nina auf dem Smartphone herunterzuladen. Auch unabhängig vom Unwetter wird die App am Donnerstag das Mittel der Wahl sein, über welches die meisten Bürger in der Stadt Görlitz den bundesweiten Probe-Warntag mitbekommen werden. Denn in Görlitz ist nur noch eine einzige klassische Warnsirene in Betrieb. Die befindet sich in Hagenwerder - dass sie noch heult, hat auch mit dem Hochwasserschutz zu tun.

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Im gesamten Landkreis Görlitz gibt es 288 Sirenen. Ob sie funktionstüchtig sind, liegt bei den Kommunen, erklärt der Kreis. Am heutigen Donnerstag, um 11 Uhr, wird die Integrierte Regionalleitstelle (IRLS) Ostsachsen das Signal zur „Warnung vor einer Gefahr“ auslösen. Um 11.45 Uhr wird das Signal „Entwarnung“ ertönen. Der Warntag dient dazu, die Funktionstüchtigkeit der Sirenen und anderer Medien zur Warnung zu überprüfen. Für die Anwohnerinnen und Anwohner besteht keine Gefahr und kein Handlungsbedarf.

Es ist der vierte dieser bundesweiten Übungstage - bisherige fanden in den Jahren 2020, 2022 und 2023 statt. Zweck der Probe ist ausdrücklich, Schwachstellen im Warnsystem zu finden, um diese im Nachgang zu beseitigen und das System für den Ernstfall stabiler und effektiver zu machen. 2022 deckte der bundesweite Warntag im Kreis Görlitz solche Schwachstellen auf. In zehn von 26 Städten löste damals die Sirene nicht aus, da diese noch nicht auf das heutige Signal programmiert war. 2023 fiel das Fazit des Landratsamts sehr gut aus, die Programmierung klappte und die Signale sprangen ohne Verzögerung an - lediglich einen Fehler aufgrund eines technischen Defektes meldete damals die Behörde.

Eigenes Sirenen-Förderprogramm im Doppelhaushalt

Mit den Ergebnissen der Vorjahre konnte zudem nachgerüstet werden: Mit den Erkenntnissen aus 2020 haben Bund und Länder seit 2021 Finanzmittel für ein Sonderförderprogramm Sirenen bereitgestellt. Sachsen hat daraus rund 4,3 Millionen Euro erhalten, wodurch zahlreiche Modernisierungen vorgenommen wurden. Für den Doppelhaushalt 2023/24 hat der Freistaat Sachsen ein eigenes Sirenen-Förderprogramm aufgelegt. Mit diesem Volumen von 3,2 Millionen Euro können bis zu 300 neue Sirenen errichtet werden. Im Kreis Görlitz wurden seit 2020 vor Beginn des ersten Warntags 43 neue Sirenen installiert, weitere Förderanträge der Städte und Kommunen befinden sich noch in der Warteschleife.

Björn Mierisch, Kreisbrandmeister des Landkreises Görlitz, begrüßt das: „Eine Sirene ist das einzige Mittel, über das ich die Bevölkerung weitläufig erreiche - und das auch bei Stromausfall“, sagt er. Mobile Warnsysteme über Handys seien eine gute Ergänzung, „aber wenn ich kein Netz habe, dann habe ich kein Netz“. Ein weiterer Vorteil von Sirenen: Der Bürgermeister kann darüber seine Gemeinde separat warnen, wenn es dort eine Notlage gibt. Vor allem in den ländlichen Regionen um Görlitz seien die Sirenen wichtig - je mehr ältere Menschen dort leben, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass nicht jeder ein Handy besitzt. Görlitz setzt auch aufgrund seiner vergleichsweise jüngeren Bevölkerung und wegen der dichteren Besiedlung auf die mobilen Warnmöglichkeiten. Wie die Kommune ihre Einwohner warnt, ist ihr freigestellt, vorgeschrieben ist nur, dass es passieren muss.

Die meisten Görlitzer Sirenen wurden bereits Anfang der 1990er-Jahre außer Betrieb genommen und eine Rückkehr zu einem flächendeckenden Sirenen-Netz ist in der Stadt nicht zu erwarten. Bei Neißehochwasser etwa werden die Bürger telefonisch gewarnt, erzählt Mierisch. Zehn neue Sirenen, die den Hochwasserschutz ergänzen, sind aber angedacht. Sie sollen im Verlauf der Neiße von Hagenwerder bis Ober Neundorf installiert werden, über sie sollen auch Warndurchsagen an die Bevölkerung möglich sein. Angekündigt hatte der Görlitzer Ordnungsamtsleiter Uwe Restetzki diesen Plan bereits 2022. Ein entsprechender Fördermittelantrag der Stadt Görlitz aus dem Jahr 2024 liege mittlerweile zur Prüfung beim Sächsischen Staatsministerium des Innern, heißt es vonseiten des Landratsamts.