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Knochenbruch, großer Rückstand: Dramatisches Finale beim American Football in Görlitz

Einen Sieg benötigten die Görlitzer Grizzlies, um in die 4. Liga aufzusteigen und künftig gegen Mannschaften aus Dresden, Leipzig und Chemnitz zu spielen. Doch die Vogtland Rebels standen dem Plan lange im Wege.

Von Frank Thümmler
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Geschafft, glücklich und umrahmt von den Cheerleadern – die Görlitzer Grizzlies feiern den Aufstieg.
Geschafft, glücklich und umrahmt von den Cheerleadern – die Görlitzer Grizzlies feiern den Aufstieg. © Foto: Hans-Ernst Friedrich

Um den Meistertitel in der 5. Liga Ost vorzeitig klarzumachen, benötigten die Görlitz Grizzlies noch einen letzten Sieg. Der sollte unbedingt beim letzten Saisonheimspiel am Wochenende gegen die Vogtland Rebels gefeiert werden – vor heimischem Publikum.

600 Fans waren am Sonnabend ins Stadion der Freundschaft gepilgert. Sie sahen, dass beim Stand von 17:14 für die Görlitzer Sekunden vor Schluss der Football keine zwei Yard vor der Görlitzer Endzone lag. Würde es den Vogtländern gelingen, den Ball über die Grundlinie zu tragen, wäre das die erste Punktspielniederlage für die Grizzlies, die Aufstiegsfeier müsste verschoben werden.

Die Zuschauer, und vor allem die Görlitzer Mitspieler, hielten den Atem an. Der Snap der Vogtländer gelang, mit aller Macht versuchte ein Gästespieler, unterstützt von seinen schiebenden Mitspielern, den Ball irgendwie in die Endzone zu tragen – aber die Görlitzer Defense-Spieler warfen sich mit allem, was sie hatten, entgegen. Der Versuch der Rebels misslang. Und als sie den Football für einen weiteren Versuch hinlegten, pfiff der Hauptschiedsrichter das Spiel ab. Die Spielzeit war abgelaufen. 17:14-Endstand, Sieg, Aufstieg.

Die Spieler und Fans benötigten eine Sekunde, das zu begreifen. Dann brachen alle Dämme. Der Jubel war riesig. Die Görlitzer steigen in die 4. American-Football-Liga auf, werden dort im kommenden Jahr auf harte Konkurrenten treffen, zum Beispiel auf die Dresden Monarchs II, die Chemnitz Crusaders, die Radebeul Foxes, die Leipzig Hawks und Jenaer Hanfrieds.

Daniel Kislicyn, der das Projekt American Football vor gut zwei Jahren ins Leben gerufen hatte und die Mannschaft als Cheftrainer und Quarterback ungeschlagen durch die sechste und jetzt fünfte Liga geführt hat, sagte nach dem Spiel: "Ich bin oberstolz auf dieses Team, auf jeden einzelnen Spieler. Ich hätte nie gedacht, dass wir so gut durch diese Saison kommen. Vor allem die beiden Heimspiele gegen die Vogtland Rebels waren extrem eng."

Das Spiel zeigte auch auf, wie schwierig das alles ist – und wie viel für die nächsthöhere Liga zu tun bleibt. Die Vogtland Rebels waren mit ihrem ersten Angriffsrecht (Drive) mit viel Laufspiel über das Feld marschiert und schafften den ersten Touchdown mit Extrapunkt. Die Görlitzer schienen genauso schwer zu stoppen. Als sie schon nah vor der Endzone waren, passierte das erste größere Missgeschick. Ein Snap (Rückspiel zum Quarterback) geriet viel zu hoch. Kislicyn konnte den Ball dann gerade noch sichern, der Raumverlust aber war riesengroß. Es reichte noch zu einem Fieldgoal aus relativ großer Entfernung, das Kicker Lukas Braun erzielte (3:7).

Die Görlitzer Defense machte danach einen super Job, aber auch die Görlitzer kamen nicht mehr durch. Das zweite Missgeschick passierte, als die Görlitzer bei einem vierten Versuch punkten wollten, aber auch dieser Snap zu hoch geriet. Der Ball landete in der eigenen Endzone. Kicker Braun versuchte, den Ball noch nach vorn über die Seitenlinie zu kicken, traf den unkontrolliert springenden Ball aber nicht richtig. Ein Vogtländer konnte den Ball sichern, Touchdown für die Gäste. "Besser wäre es gewesen, er hätte den Ball gesichert oder ihn hinten aus der Endzone gekickt, dann wären es nur zwei Punkte für die Vogtländer gewesen", erklärt Kislicyn. So aber stand es inklusive Extrapunkt 3:14.

Titus Seeliger (Nr. 7) und Oliver Bahr feiern mit einem typischen American-Football-Jubel den zweiten Görlitzer Touchdown, der letztendlich den Sieg brachte.
Titus Seeliger (Nr. 7) und Oliver Bahr feiern mit einem typischen American-Football-Jubel den zweiten Görlitzer Touchdown, der letztendlich den Sieg brachte. © Foto: Hans-Ernst Friedrich

Noch war etwas Zeit in der ersten Halbzeit. Diesmal bewegten sich die Görlitzer, die erneut nahezu ausschließlich auf ihr Laufspiel setzten, über das gesamte Feld, hatten nach dem Two-Minute-Warning (noch zwei Minuten Spielzeit) dank eigener Auszeiten immer auch die Uhr im Blick und schafften es tatsächlich, kurz vor der Halbzeit den Anschluss-Touchdown zum 10:14 zu erzielen. Running Back Oliver Bahr wurde dabei von den kräftigen Offense-Line-Männern quasi in die Endzone geschoben.

In der zweiten Halbzeit stand die Görlitzer Defense super, ließ kaum etwas zu. Die Görlitzer schafften im dritten Quarter eine Serie von Laufspielzügen mit hohem Raumgewinn. Als sie kurz vor der Endzone waren, unterbrach eine schwere Verletzung des Görlitzer Offense-Kapitäns das Spiel. Er hatte sich den Arm gebrochen und musste mit dem Rettungsdienst vom Feld geholt und ins Krankenhaus gebracht werden.

Nach Wiederbeginn schafften die Görlitzer den Touchdown zur Führung: Sie hatten die Vogtland-Defense auf die rechte Seite gelockt, liefen dann über Titus Seeliger über die linke Seite in die Endzone – 17:14.

Die Defense der Görlitzer stoppte den Angriff der Gäste erneut, aber die Görlitzer verpassten die Vorentscheidung: "Die Vogtländer hatten uns gut gelesen. Es war schon das dritte Spiel gegeneinander. Wir waren am Ende zu wenig variabel, haben dazu zu viele kleine Fehler gemacht, auch unnötige Strafen kassiert, die uns immer wieder zurückgeworfen haben", erklärt Kislicyn.

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Die Vogtländer bekamen noch einmal Angriffsrecht, scheiterten in drei Versuchen und schickten gut zwei Minuten vor Schluss ihr Punt-Team aufs Feld, um den Ball tief ins Görlitzer Feld zu kicken. Die Görlitzer fielen – das war das dritte Missgeschick dieses Nachmittags – auf diesen Fake herein. Die Vogtländer konnten nach einem langen Lauf erst an der Zwölf-Yard-Marke gestoppt werden und hatten nach der Two-Minute-Warning ohne eigene Auszeit noch drei Versuche, den Ball in die Endzone zu tragen. Aber die Görlitzer Defense hielt – bis der erlösende Pfiff kam.

Die beiden verbleibenden Spiele dieser Saison sind für die Görlitzer nun quasi die ersten Vorbereitungsspiele für die neue Saison. Spieler, die bislang wenig Einsatzzeit hatten, sollen sich beweisen, um die Breite für die neue Saison mit deutlich mehr Spielen zu erhöhen. Und mit Johannes Konrad wird der derzeitige Backup-Quarterback Spielpraxis sammeln. Kislicyn überlegt, in der neuen Saison selbst nicht mehr Quarterback zu spielen, sondern als Receiver oder Runningback wieder das zu machen, wo es noch mehr Körperkontakt gibt. Aber erst mal sind das noch Zukunftsgedanken. Gefeiert werden darf nach so einem Erfolg auch mal.