Das konnte Wolfgang Hübner nicht mit ansehen. Schmierereien an der Haltestelle mit dem Bücherschrank ärgerten ihn. Da nahm Wolfgang Hübner das Handwerkszeug und schliff eigenhändig die Schmierereien wieder ab. Die Flecken auf der Holzvertäfelung will der 73-Jährige später noch ausbessern. Noch immer packt der aktive Rentner an, wenn ihn etwas ärgert, oder er Ideen im Kopf hat. Ruhestand ist für ihn ein Fremdwort. Zurücknehmen will sich der Friedersdorfer jetzt trotzdem.
Fünf Legislaturperioden als Ortsvorsteher, das sei genug, sagt Hübner. "Ich habe ein Alter erreicht, wo ich sagen muss, es gibt Jüngere und aktivere Einwohner im Dorf, die das weiterführen können", erklärt er. Zur Kommunalwahl ließ sich Wolfgang Hübner nicht noch einmal aufstellen. Nach 30 Jahren kommunalpolitischen, ehrenamtlichen Engagements ist Schluss. Doch es gibt vieles, was Hübner auch künftig am Herzen liegt.
Bäume im Ort für jedes geborene Kind
Dazu zählen die Obstbäume rund um das Dorfgemeinschaftshaus. Sie werden gesetzt, wenn im Ort ein Kind geboren wurde. Wenn Wolfgang Hübner über die Wiese mit den noch kleinen Bäumen geht, dann denkt er schon weiter. Schilder sollten da vielleicht dran, überlegt er. Hübner ist derjenige, bei dem die Baumliste in der Schublade liegt. Er besorgt zur Geburt der jüngsten Einwohner die Gehölze. "Je nachdem, was sich die Eltern wünschen", sagt er. Kirsche, Apfel, Birne, Pflaume. Im Oktober wird gemeinsam gepflanzt.
Wolfgang Hübner gaben die Friedersdorfer 1999 ihr Vertrauen, die Ortschaft zu leiten. Er war zuvor im Tagebau Hagenwerder für die Instandsetzung der großen Bagger zuständig. Seitdem war der Ortsvorsteher für mehr als 600 Einwohner unterwegs. Zuerst im Ortschaftsrat, später als erster Ansprechpartner im Dorf. Ein Urgestein, sagen die einen. Ein Macher, die anderen. Hübner winkt ab. Er will eher im Hintergrund bleiben. Selbstverständlich sei das doch alles, meint er. Und betont, dass das Erreichte nie ein Alleingang, sondern stets ein "Gemeinsam" mit den Einwohnern, den Vereinen, den Unternehmen war, die tatkräftig anpacken und finanziell unterstützen.
"In Friedersdorf gibt es einen großen Zusammenhalt", sagt Wolfgang Hübner. Ohne diesen Zusammenhalt wäre keines der vielen Projekte im Laufe der Jahrzehnte vom Sportplatzbau bis zum Bücherschrank an der Haltestelle möglich gewesen.
Dorfwettbewerb bleibt ein Höhepunkt für Hübner und Friedersdorf
Ein Höhepunkt in Hübners Laufbahn: Der Dorfwettbewerb. Auf Landesebene ging Friedersdorf als Sieger hervor, beim Bundeswettbewerb sicherte sich der Ort eine der sechs Bronzemedaillen. Das war im Vorjahr gewesen, "und gab uns dann nochmal einen richtigen Schub", berichtet Hübner. Mit Unterstützung des Ortschaftsrates wurde der Landkauf, ein Dorfladen, renoviert.
Die Liste der Veränderungen in Hübners Amtszeit ist lang in Friedersdorf: ein schöneres Ortsbild, viele Sanierungsarbeiten, die Kriegerdenkmale wurden saniert, der Gedenkstein für die Opfer des Zweiten Weltkriegs errichtet, die Bushäuschen verschönert, das Feuerwehr-Gerätehaus gebaut, das Dorfgemeinschaftshaus auf Vordermann gebracht.
Also alles erledigt in seiner Amtszeit, was er sich vorgenommen hatte? Hübner meint, Friedersdorf habe auch Glück gehabt. Gleich Anfang der 1990er Jahre wurde eine biologische Kläranlage und die Trinkwasserversorgung errichtet. Auf diese Infrastruktur sei gut aufzubauen gewesen. Damals war der Ort noch eigenständig. Ihn wurmt aber ein wenig, dass 2001 die Kläranlage an den Abwasserzweckverband verkauft wurde, "weil wir als Ortschaft keinerlei Gegenleistung bekamen".
Was alles gelang in den vielen Jahren
Und auch der Funkturm mitten im und nicht außerhalb des Dorfs fand seitens des Ortschaftsrates keine ungeteilte Zustimmung. Dafür hat Friedersdorf eine schicke Kita, die Hausärztin praktiziert tageweise im Dorfgemeinschaftshaus, die Zusammenarbeit mit dem Markersdorfer Rathaus sei sehr gut. Als Anfang des Jahres Pfarrer Bertram in Königshain verabschiedet wurde, da dankte Hübner auch für das Engagement des Kirchbauvereins und der Gemeinde bei der Sanierung der Friedersdorfer Bauernkirche St. Ursula, deren sehenswerte Ausmalung nun geschafft ist.
Nun könnte sich Hübner zurücklehnen, hat in Thomas Knack, dem langjährigen Bürgermeister der Großgemeinde Markersdorf, einen engagierten Nachfolger mit viel Erfahrung gefunden.
Aber so gänzlich macht er dann doch nicht Schluss, will Unterlagen für den neuen Ortschaftsrat überarbeiten, den Ortschronisten und seinem Hegering als Jagdverbandsmitglied weiter zur Seite stehen. „Bei den Außenanlagen beim Sportverein, da gibt es noch ein paar Restarbeiten zu tun“, sagt er schmunzelnd.
Mehr Freizeit bleibe trotzdem, schätzt Wolfgang Hübner ein. Davon sollen die beiden Enkel profitieren. Und seine Frau. Familie Hübner reist gern, war schon in vielen Ländern der Welt unterwegs. Jetzt und im ehrenamtlich offiziellen Ruhestand sollen die nächsten Jahre die Traumziele Neuseeland, Australien und Dubai folgen.