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Winterfahrten am Berzdorfer See: Schiffsbetreiber weiter ohne Genehmigung

Die Gerüchteküche um die geplanten Winterfahrten des Fahrgastschiffes am Berzdorfer See kocht über. Doch die Faktenlage ist im Moment eindeutig.

Von Susanne Sodan
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Am Mittwoch kontrollierte sogar die Polizei, ob das Schiff im Hafen bleibt, sich der Betreiber an die Regeln hält.
Am Mittwoch kontrollierte sogar die Polizei, ob das Schiff im Hafen bleibt, sich der Betreiber an die Regeln hält. © Martin Schneider

Bei Mike Altmann, Stadtrat für Motor Görlitz, herrschte am Donnerstagabend offenbar große Freude. "Danke für die Lösung an alle, die sich konstruktiv beteiligt haben", schreibt er auf Facebook und postet dazu einen Beitrag des Görlitzer Investors Stefan Menzel. Dieser teilte mit, sein Fahrgastschiff dürfe ab 11. November wieder auf dem Berzdorfer See fahren. "Gänsefahrt zum Martinstag", tägliche Glühweinfahrten, Advents-, Nikolaus-, Brunchfahrten und Silvesterfahrt kündigt er an. "Die Ausnahmegenehmigung gilt bis zum 31. Dezember 2023 und auch für den März 2024 - wir dürfen also einen Monat früher in die Saison starten", heißt es auf der Facebookseite der EMS Berzdorf. Allerdings: SZ-Recherchen bis Freitagabend ergaben, dass eine Ausnahmegenehmigung noch gar nicht vorliegt.

Genehmigung ist noch in Prüfung

Der Landkreis Görlitz bestätigt das: Der Antrag für den Winterbetrieb des Fahrgastschiffes EMS Berzdorf befinde sich momentan in der Prüfung. "Derzeit können wir noch keine Auskunft zum Ausgang des Verfahrens treffen", erklärt Susanne Lehmann vom Landratsbüro. SZ-Informationen nach soll eine Entscheidung zwar bald fallen. Noch aber liege kein rechtskräftiger Bescheid vor - weil das Verfahren noch läuft. Alles andere ist zum jetzigen Zeitpunkt Spekulation.

Auf dem Berzdorfer See herrscht zwischen November und März Winterruhe. Wollen Bootsbetreiber auf den See, brauchen sie die Ausnahmegenehmigung. Laut Stefan Menzel befinde er sich mit dem Landkreis seit über einem halben Jahr im Antragsverfahren. Zu diesem gehören auch Stellungnahmen der Anrainer-Kommunen am See. Sie stehen der beantragten Ausnahmen für das Fahrgastschiff skeptisch gegenüber. Vorige Woche, zu Saisonende, hatte das Landratsamt gegenüber der SZ erklärt, dass es zum 1. November noch keine Ausnahmegenehmigung geben könne. Landrat Stephan Meyer wollte zunächst mit den Kommunen, anderen Anrainern und der Landesdirektion sprechen und Einvernehmen über die Nutzung des Sees herstellen.

Ankündigung zu Winterbetrieb macht große Runde

Andere wiederum plädieren sehr für den Winterbetrieb, darunter die Politinitiative Motor Görlitz. Deren Fraktionssprecher Mike Altmann hatte etwa im jüngsten Stadtrat beim Görlitzer Oberbürgermeister Octavian Ursu angefragt, wie die Stadt zu Ausnahmegenehmigungen für den Berzdorfer See stehe. In einer Mitteilung setzte sich auch der Vorsitzende von Motor Görlitz, Axel Krüger, für eine Ausnahmeregelung für Fahrgastschiffbetreiber ein. Axel Krüger ist unter anderem als Weinhändler tätig. Eigenen Angaben nach steht er in wirtschaftlicher Verbindung zu Stefan Menzels Bikini-Bar im Görlitzer Zentrum und nun auch zum Fahrgastschiff.

Die Ankündigung, dass dieses nun bald wieder fahren dürfe, scheint viele zu freuen: Rund 80 Mal wurde der Beitrag auf der Facebookseite der EMS-Berzdorf geteilt, in dem es heißt: Mit Verspätung habe man am Mittwoch, 1. November, die Info durch den Leiter der Unteren Wasserbehörde des Kreises erhalten, dass das Schiff ab 11. November wieder fahren dürfe. Offenbar bezieht Menzel sich auf eine E-Mail, die er am Mittwoch erhielt und in die er der SZ Einblick gewährte. Tatsächlich finden sich dort etwa konkrete Angaben zu Fahrtzeiten und Fahrtroute. Er versteht die Mail als Vorabinformation über den Inhalt "des derzeit in Ausstellung befindlichen Bescheides". Gegenüber der SZ sagte er, um tatsächlich starten zu können, brauche er nur noch die Genehmigung in Papierform, also die offizielle Genehmigung durch den Kreis. Er hoffte, sie dieser Tage zu erhalten.

Der Landkreis aber erklärt am Freitag gegenüber der SZ: Wesentliche Inhalte, beispielsweise zur zeitlichen Befristung sowie der Fahrtroute befinden sich noch in Prüfung. "Die Stellungnahmen der Anliegergemeinden liegen der Verwaltung vor und werden im Verfahren berücksichtigt", so Susanne Lehmann. SZ-Informationen nach will der Kreis Menzel für die Fahrten im Winter eine Route anbieten, die aus dem Hafen herausführt, nach Osten um die Halbinsel herum und kurz vor dem Hotel "Insel der Sinne" wieder in Richtung Hafen zurückkehrt. Das wäre eine Route von grob drei Kilometern. Gegenüber der SZ hatte Menzel eine solche Route als ungenügend bezeichnet, er drängt darauf, bis mindestens zur Anlegestelle in Deutsch Ossig fahren zu dürfen.

Menzel: Alles in Abstimmung mit Wasserbehörde

Obwohl er noch keine Genehmigung in den Händen hält, rührt Stefan Menzel über die sozialen Netzwerke die Werbetrommel. Alleine für den 11. November sind zwei "Gänsefahrten" und zwei Glühweinfahrten im Plan, auch der Ticketverkauf läuft. Mit dem Leiter der Unteren Wasserschutzbehörde habe er abgestimmt, "ab welchem Datum wir neue Fahrten anbieten, da sich der Bescheid noch in Ausstellung befand und auch der Postversand Zeit in Anspruch nimmt." Konfrontiert mit der Frage zu Aussagen der Wasserbehörde vermied das Landratsamt in Görlitz seinerseits gegenüber der SZ jede Stellungnahme.