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Landkreis Görlitz: So sollen mehr Hautärzte in den Kreis geholt werden

Vor allem im Süden des Landkreises ist der Hautarzt-Mangel ein großes Problem. Ob Telemedizin eine Lösung ist, bleibt umstritten.

Von Matthias Klaus
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Dr. Lutz-Uwe Wölfer, Chefarzt am Klinikum in Görlitz und Chef der hiesigen Hautambulanz.
Dr. Lutz-Uwe Wölfer, Chefarzt am Klinikum in Görlitz und Chef der hiesigen Hautambulanz. © © Paul Glaser/glaserfotografie.de

Lutz Wölfer kann sich über mangelndes Interesse nicht beklagen. An der Institutsambulanz der Hautklinik am Städtischen Klinikum in Görlitz werden derzeit etwa 1.000 Patienten pro Quartal behandelt. "Sie kommen bis aus der Region um Zittau, und bis aus Weißwasser", schildert der Chefarzt.

Fehlende Hautärzte im Landkreis Görlitz, seit Jahren ist das ein großes Thema in der medizinischen Versorgung, nicht nur des Kreises, sondern der gesamten Oberlausitz. "Zu uns kommen Patienten bis aus dem Raum Bautzen", sagt Dr. Lutz Wölfer. Die Anreise bis aus 40 bis 50 Kilometern, keine Seltenheit. Fehlende Hautärzte, Dermatologen, ein Punkt, der den Teilnehmern am Sachsen-Kompass besonders wichtig erscheint.

Arzt-Nachwuchs fehlt nach wie vor

In den vergangenen 20 Jahren schlossen sechs Hautarztpraxen in der Region. Grund war fehlende Nachfolge. Jede dieser Praxen betreute zuvor etwa 1.500 bis zu 2.000 Hautkranke jedes Quartal, was bedeutet, dass nun rund 10.000 Menschen pro Quartal vergeblich einen Termin beim Hautarzt suchen, schätzt Lutz Wölfer ein. Trotz großer Anstrengungen sei es der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen (KVS) bisher nicht gelungen, Fachärzte für die ambulante Versorgung in Praxen zu finden.

"Daran haben auch die 100.000 Euro nichts geändert, die den Ärzten versprochen wird, ohne Rückzahlung", sagt Lutz Wölfer. Auch diese Summe helfe nicht, neue Ärzte, Hautärzte, in die Oberlausitz zu locken.

Einer, der es dennoch unermüdlich versucht, ist Hans-Joachim Tauch vom Ärztenetzwerk Ostsachsen in Niesky. Ja, sagt er, gerade im früheren Landkreis Löbau-Zittau sei die Situation, was Hautärzte betreffe, katastrophal. Das Ärzte-Netz ist ein Zusammenschluss von Haus- und Fachärzten im Osten Sachsens. Bei der Nachwuchsgewinnung gehe es nicht ausschließlich um Dermatologen, also Hautärzte, sagt Hans-Joachim Tausch. "Das nächste Problem werden fehlende Neurologen sein", sagt er.

Immer mehr Hausärzte lassen sich schulen

Im Norden des Kreises Görlitz haben sich im Medizinischen Versorgungszentrum Rothenburg derweil zwei Hautärztinnen niedergelassen. In Görlitz gibt es neben der Hautarzt-Ambulanz am Klinikum weitere Ärzte, die auf Dermatologie spezialisiert sind. Gerade hat eine weitere Hautärztin den Betrieb aufgenommen. Sie behandelt vor allem Privatpatienten, Kassenpatienten auch, die dann selbst zahlen müssen.

In der Zeitung möchte sie nicht genannt werden - offensichtlich auch, weil sie einen Patientenansturm befürchtet. "Die Behandlungskosten sind meist deutlich niedriger als von vielen Patienten erwartet. Behandlungen können jedoch nicht mit der gesetzlichen Krankenkasse abgerechnet werden, da ich keine Kassenzulassung besitze. Sie erhalten für meine erbrachte Leistung eine Rechnung", schreibt sie in ihrem Internetauftritt.

Inzwischen lassen sich auch immer mehr Hausärzte in Sachen Dermatologie schulen. Lutz Wölfer bietet dafür drei bis vier Mal pro Jahr Fortbildungen an. Die werden gut angenommen. "Die Bude ist jedes Mal rappeldickevoll", sagt Lutz Wölfer. Bis zu 40 Hausärzte nehmen an den Schulungen teil. "Wer irgendwie Zeit hat, kommt auch", so Lutz Wölfer.

Um den Fachärztemangel generell in der Oberlausitz zu bekämpfen, setzt Hans-Joachim Tauch auf zwei Strategien. Zum einen: Vernetzung der Ärzte untereinander, zum anderen Nachwuchsgewinnung und Förderung. "Dafür sind wir als Ärztenetzwerk bestens geeignet", sagt er.

Außerdem steht bei Hautärzten gerade das Thema Telemedizin an. Das bedeutet: Bilder werden zu Hautarzt Ivo Hohlfeld nach Leipzig zu einem ersten Check geschickt. Die Meinungen dazu - durchaus unterschiedlicher Natur. 31 Hausärzte beteiligen sich im Landkreis mittlerweile an dem System.

Umstritten: Fotos per Telemedizin

"Es funktioniert generell", schätzt Hans-Joachim Tauch ein. Es könne damit zumindest eine Vorauswahl getroffen werden, welche Fälle eher harmlos und welche einer weiteren, intensiveren Betreuung bedürfen. "Es wird quasi vorsortiert. Das bedeutet eine Entlastung für die Hausärzte", sagt Hans-Joachim Tauch.

So sieht Telemedizin aus, hierl in der Hausarztpraxis bei Dr. Gottfried Hanzl in Niederoderwitz.
So sieht Telemedizin aus, hierl in der Hausarztpraxis bei Dr. Gottfried Hanzl in Niederoderwitz. © Rafael Sampedro/foto-sampedro.de

Lutz Wölfer kennt das Thema aus eigenem Erleben. "Ich bekomme auch Fotos zugeschickt", schildert er. Das Problem, sagt der Chefarzt, liege darin, dass er anhand des Fotos ja nicht die gesamte Vorgeschichte zum Beispiel einer Wunde kenne. Wie lange gibt es sie schon, ist sie alt oder erst neu? Tritt sie nur an einer Stelle auf? Nur zwei Beispiele. "Die Telemedizin funktioniert vielleicht in dem einen oder anderen Fall. Aber am Ende ist sie doch mehr oder weniger nur ein Notnagel", sagt Lutz Wölfer.

Hans Joachim Tauch wird derweil nicht müde, für die Region, den Landkreis Görlitz um Fachärzte zu werben. Im nächsten Deutschen Ärzteblatt wird es einen entsprechenden Artikel geben. Und im August wird er wieder einmal vier oder fünf Medizinern den Landkreis schmackhaft machen und sie auf einer Reise durch die Oberlausitz begleiten.