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Görlitz

Kreis Görlitz: Königshainer Schloss wird Kulisse für grausiges Spektakel

Franziska wird an den Pranger gestellt und auch Ponys schlüpfen in Rollen. Nicht nur Königshainer machen bei den traditionellen Sagenspielen mit.

Von Constanze Junghanß
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Am Pranger bei den Königshainer Sagenspielen: Der Königshainer Bürgermeister Maik Wobst (rechts im Bild) und Michael Fiebiger als Pfaffe proben, wie "Franziska“ am besten in den Schandpfahl passt.
Am Pranger bei den Königshainer Sagenspielen: Der Königshainer Bürgermeister Maik Wobst (rechts im Bild) und Michael Fiebiger als Pfaffe proben, wie "Franziska“ am besten in den Schandpfahl passt. © Constanze Junghanß

Maik Wobst blickt ein wenig sorgenvoll auf das Wetter zum Wochenende. „Ihr müsst alle die Wolken wegschieben“, sagt der Königshainer Bürgermeister, der in den vergangenen Monaten wieder jede Menge Zeit in sein Steckenpferd investiert hat. Das sind die legendären Königshainer Sagenspiele, für die Wobst seit Jahren nun schon die Texte verfasst. Ehrenamtlich versteht sich. Und er spielt auch mit, der Bürgermeister. Das hat im Dorf so Tradition. In welche Rolle das Gemeindeoberhaupt schlüpft, bleibt vorerst ein Geheimnis. Er und sein Vorgänger, Ex-Gemeindeoberhaupt Siegfried Lange, mimten des Öfteren den Teufel.

Jetzt proben Maik Wobst und die 27 anderen Laiendarsteller für ihren großen Auftritt auf der Wiese hinter dem Barockschloss. Da wird unter freiem Himmel die Bühne aufgebaut. "Mit allen Helfern zusammen sind wir 45 Leute, die mitmachen“, sagt Wobst nach dem ersten Akt in einer kleinen Pause. Viel Zeit zum Gespräch hat er nicht. Wobst setzt den Dreispitz auf den Kopf. Zusammen mit dem Pfaffen wird eine "Franziska“ an den Pranger gebracht. Kopf und Hände der jungen Dame stecken nun im Schandpfahl. Zuerst wird das grausige Spektakel in Alltagskleidung und Jeans geübt, später trägt "Franziska“ ein Büßergewand und muss aufpassen, sich nicht zu verheddern. Die Proben nehmen die Mitwirkenden sehr ernst, alles soll am Wochenende perfekt passen.

Die Faszination der Königshainer Sagenspiele hat Wellen über das Dorf hinaus geschlagen. Nicht nur die Besucher kommen aus dem ganzen Kreisgebiet. Auch Helfer und Mitwirkende aus umliegenden Orten sind dabei. Deutsch Paulsdorf stellt mit Gemeinderätin und Friedensrichterin Beatrix Rudolph die Erzählerin. Hilbersdorfer, Sohländer, Görlitzer, Oderwitzer und Mengelsdorfer machen mit. Wie etwa Stefanie Kretschmer. "Bisher waren wir als Familie ausschließlich als Zuschauer gewesen“, erzählt die Mengelsdorferin. Nun sind die Sagenspiele für sie eine Premiere von der anderen Seite der Bühne aus gesehen. Die Ponys der Familie, "Kismet“ und "Muck“, haben mit Familie Kretschmer erstmals ihren tierischen Auftritt. "Wir wollen das gerne unterstützen“, benennt Stefanie Kretschmer ihre Beweggründe, mitzumachen.

Michael Fiebiger gehört zur Stammbelegschaft der Sagenspieler-Truppe und ist von Anfang an dabei. Er spielt den Pfaffen und schlüpft vor der Kulisse des Barockschlosses auch in die Rolle eines Räubers.
Michael Fiebiger gehört zur Stammbelegschaft der Sagenspieler-Truppe und ist von Anfang an dabei. Er spielt den Pfaffen und schlüpft vor der Kulisse des Barockschlosses auch in die Rolle eines Räubers. © Constanze Junghanß

Mehr als 1.000 Besucher werden erwartet

Ein Urgestein bei den Sagenspielen ist Michael Fiebiger. Es sind die 21. Sagenspiele. „Ich bin von Anfang an dabei“, berichtet er. Fiebiger hat Erfahrung und besetzt gleich zwei Rollen, für die er die Texte auswendig lernt. Die des Pfarrers und eines Räubers sind das. Maik Wobst hat an den Texten seit Weihnachten geschrieben. Fünf Stücke entstanden. Das Publikum erwartet Neues, aber auch Altbewährtes, wie der Bürgermeister verrät. Es geht um die faszinierende Welt der Sagen und Legenden aus den Königshainer Bergen und der Oberlausitz, um alte Geschichte und Mythologie, verpackt in eine Prise schauspielerischen Humors und aufgeführt in Kostümen des Ödernitzer Kostümverleihs sowie von Kostümen der Deutsch Paulsdorfer Krippenspieler.

Die Sagenspiele sind sozusagen immer weiter über die Dorfgrenzen hinaus gewachsen. "Weil wir uns gegenseitig unterstützen“, begründet Beatrix Rudolph, die Friedensrichterin der Nachbargemeinde Markersdorf. Ein Großprojekt für viele Menschen von vielen Menschen in der Region und seit 2002 - bis auf eine zweijährige Zwangspause aufgrund der Corona-Pandemie - aus dem Veranstaltungskalender nicht mehr wegzudenken. Joachim Mühle vom ortsansässigen Heimatverein fasst das so zusammen: "Die Sagenspiele sind Bestandteil des kulturellen Lebens in der Region.“


Die Vorführungen stehen am Freitag und Sonnabend auf dem Plan. Mehr als 1.000 Besucher werden an den beiden Tagen erwartet, ein Regenschirm könnte hilfreich sein. Der Deutsche Wetterdienst prognostiziert ein ungemütliches Wochenende für Sachsen mit gebietsweise kräftigem Regen. Bürgermeister Wobst will sich davon nicht beirren lassen. Falls Regen und Unwetter einen Strich durch die Rechnung machen, ist bereits für einen Ersatztermin am Sonntag gesorgt. Und wenn auch da Petrus kein Einsehen hat: Ausfallen werden die Sagenspiele, in die viel ehrenamtliche Arbeit gesteckt wurde, in dieser Saison nicht. Dann werde die Aufführung auf das darauf folgende Wochenende verschoben, wie Maik Wobst bekräftigt.


Info:
Sagenspiele am 13. und 14. September 2024 im Königshainer Schlosspark. Beginn ist jeweils um 19.30 Uhr, der Eintritt ist frei. Ersatztermin am 15. September, gleiche Uhrzeit.