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Welche Gemeinde im Kreis Görlitz gewann Einwohner?

Der Kreis Görlitz verliert keine Einwohner mehr durch Wegzug. Dafür aber durch zu wenige Geburten. Auch Corona spielte 2020 eine Rolle.

Von Sebastian Beutler
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Der Wegzug ist nicht mehr das größte Problem des Kreises Görlitz.
Der Wegzug ist nicht mehr das größte Problem des Kreises Görlitz. © Matthias Weber

Das Berliner Institut für Demografie hielt jüngst eine gute Nachricht für den Landkreis Görlitz parat. Die Berliner beschäftigen sich seit Jahren mit der Entwicklung der Bevölkerung und gelten in Deutschland als erste Adresse in allen diesen Fragen.

In ihrer neuesten Studie "Landlust neu vermessen" stellten sie anhand der Zahlen der Statistischen Landesämter fest, dass es keine Abwanderung aus dem Kreis mehr gibt, sondern 2020 mehr Menschen zugezogen seien. Im Saldo waren es rund 260 Menschen.

Vor allem bei den unter 18-Jährigen und bei den 30- bis 50-Jährigen konnte das festgestellt werden, also bei den sogenannten "Familienzuwanderern". Wer wegen einer Ausbildung in eine andere Gegend zieht, hat weniger den Landkreis Görlitz im Blick. Deswegen schrumpft die Alterskohorte zwischen 18 und 25 Jahren besonders stark und als einzige im gesamten Landkreis. Und auch bei Senioren ist das Phänomen, an die Neiße zu ziehen, nicht sehr ausgeprägt. Doch im Vergleich zu den 1990er und 2000er Jahren, als Tausende Menschen den Kreis verließen, hat sich die Entwicklung komplett gedreht.

Sterbeüberschuss prägt die Lage

Trotzdem verliert der Landkreis weiter an Einwohnern. Das geht auch aus den jüngsten Zahlen für 2021 hervor, die soeben das Statistische Landesamt in Kamenz veröffentlicht hat.

Am 31. Dezember lebten 248.273 Menschen im Landkreis Görlitz. Das waren 2.285 weniger als zwölf Monate zuvor, die Bevölkerung ging um 0,9 Prozent zurück. Sachsenweit verzeichneten nur die Landkreise Vogtlandkreis (- 1,1 Prozent) und Erzgebirgskreis (- 1,0) einen höheren prozentualen Rückgang. Der Kreis Bautzen kam mit -0,6 Prozent vergleichsweise glimpflich davon. Von den elf Landkreisen in Sachsen verzeichnete nur Nordsachsen (0,0) eine stabile Bevölkerung, alle anderen verloren Einwohner. Unter den kreisfreien Städten hat nur Leipzig eine positive Veränderung: Die Stadt wuchs um mehr als 4.000 Einwohner und liegt mit 601.866 wieder über der 600.000er-Marke.

Der Grund für diese ungünstigere Entwicklung: Es starben 3.111 Menschen mehr als geboren wurden.

Der sogenannte Überschuss der Gestorbenen dürfte durch die Übersterblichkeit wegen der Corona-Pandemie höher ausgefallen sein als prognostiziert. Anhand der monatlichen Sterbefälle ist deutlich zu sehen, wie die Corona-Wellen die Todesfälle nach oben trieben. Sachsenweit starben im Januar 2021 auf dem Höhepunkt der zweiten Corona-Welle 3.000 Menschen mehr als noch im Januar 2020 vor der Corona-Pandemie. Zwar steigt die Zahl der Todesfälle auch ohne Corona in den kommenden Jahren, weil geburtenstarke Jahrgänge erst in Rente gehen und dann sterben werden. Zugleich sind die jüngeren Jahrgänge an Zahlen deutlich kleiner. Trotzdem spricht auch das Statistische Bundesamt von einer signifikanten Übersterblichkeit wegen Corona in einigen Monaten 2021.

Entwicklung verläuft schlechter als prognostiziert

Der Bevölkerungsrückgang liegt auch über den Erwartungen für das Jahr 2021, wie sie vom Statistischen Landesamt in seiner Vorausberechnung für die Kreise bis 2035 vorliegen. Demnach hätte die Einwohnerzahl für den Kreis Görlitz 2021 zwischen 250.120 und 249.640 liegen sollen. Tatsächlich unterbietet die wirklich registrierte Zahl von Einwohnern das negative Szenario nochmals um rund 1.400. Für 2035 berechneten die Statistiker einen Einwohner-Korridor für den Kreis Görlitz zwischen 227.000 und knapp 220.000 Menschen.

Was eine Universität ausmachen kann

Die Folgen der demografischen Entwicklung seit 1990 sind auch an der Bevölkerungspyramide des Kreises abzulesen. Hier der prozentuale Anteil bestimmter Altersgruppen an der Gesamtbevölkerung im Kreis Görlitz am 31. Dezember 2019:

  • Bevölkerung im Alter unter 6 Jahren: 4,8 Prozent
  • Bevölkerung im Alter von 6 bis unter 15 Jahren: 7,8 Prozent
  • Bevölkerung im Alter von 15 bis unter 18 Jahren: 2,5 Prozent
  • Bevölkerung im Alter von 18 bis unter 25 Jahren: 4,8 Prozent
  • Bevölkerung im Alter von 25 bis unter 30 Jahren: 3,1 Prozent
  • Bevölkerung im Alter von 30 bis unter 40 Jahren: 10,8 Prozent
  • Bevölkerung im Alter von 40 bis unter 50 Jahren: 11,1 Prozent
  • Bevölkerung im Alter von 50 bis unter 65 Jahren: 25,0 Prozent
  • Bevölkerung im Alter von 65 und mehr Jahren: 30,1 Prozent.

Im Landkreis Bautzen ist die Bevölkerungspyramide ganz ähnlich, mit leichten höheren Anteilen aller Bevölkerungsgruppen bis 40 Jahre und einen um zwei Prozent geringeren Anteil über 65 Jahre.

Ganz anders die Bevölkerungspyramide in der Stadt Leipzig:

  • Bevölkerung im Alter unter 6 Jahren: 6,4 Prozent
  • Bevölkerung im Alter von 6 bis unter 15 Jahren: 7,6 Prozent
  • Bevölkerung im Alter von 15 bis unter 18 Jahren: 2,1 Prozent
  • Bevölkerung im Alter von 18 bis unter 25 Jahren: 8,8 Prozent
  • Bevölkerung im Alter von 25 bis unter 30 Jahren: 8,0 Prozent
  • Bevölkerung im Alter von 30 bis unter 40 Jahren: 17,9 Prozent
  • Bevölkerung im Alter von 40 bis unter 50 Jahren: 11,7 Prozent
  • Bevölkerung im Alter von 50 bis unter 65 Jahren: 17,1 Prozent
  • Bevölkerung im Alter von 65 und mehr Jahren: 20,4 Prozent.

Da ist deutlich auch der Einfluss der Universität abzulesen, Studenten sind meist zwischen 18 und 30 Jahre alt - und hier unterscheiden sich die Zahlen vor allem von den beiden Oberlausitzer Landkreisen.

Acht Kommunen im Kreis Görlitz verzeichnen Zuwachs

Unter den 53 Städten und Gemeinden im Kreis Görlitz haben nur acht eine positive Bevölkerungsentwicklung im vergangenen Jahr genommen. Am günstigsten verlief es in Großschweidnitz (+ 1,2 Prozent), gefolgt von Hainewalde (+ 0,5 Prozent) und Schleife sowie Schönau-Berzdorf (+ 0,4 Prozent). Am anderen Ende der Statistik finden sich Trebendorf (- 2,9 Prozent), Bernstadt (-2,6 Prozent) sowie Weißwasser (-2,5 Prozent). Hier alle Gemeinden im Überblick, geordnet nach der prozentualen Entwicklung:

  • Großschweidnitz 1.278 (1,2 Prozent)
  • Hainewalde 1.519 (0,5 Prozent)
  • Schleife 2.410 (0,4 Prozent)
  • Schönau-Berzdorf 1.475 (0,4 Prozent)
  • Groß Düben 1.072 (0,2 Prozent)
  • Vierkirchen 1.649 (0,2 Prozent)
  • Oybin 1.325 (0,1 Prozent)
  • Schöpstal 2.389 (0,1 Prozent)

  • Bertsdorf-Hörnitz 2.042 (-0,2 Prozent)
  • Hähnichen 1.230 (- 0,2 Prozent)
  • Herrnhut 5.773 (- 0,2 Prozent)
  • Königshain 1.163 (- 0,2 Prozent)
  • Seifhennersdorf 3.614 (- 0,2 Prozent)
  • Weißkeißel 1.260 (- 0,2 Prozent)
  • Bad Muskau 3.669 (- 0,3 Prozent)
  • Oppach 2.311 (- 0,3 Prozent)
  • Schönbach 1.079 (- 0,4 Prozent)
  • Görlitz 55.519 (- 0,5 Prozent)
  • Kottmar 7.179 (- 0,5 Prozent)
  • Löbau 14.277 (- 0,5 Prozent)
  • Rothenburg 4.385 (- 0,5 Prozent)
  • Niesky 9.130 (- 0,7 Prozent)
  • Rietschen 2.493 (- 0,8 Prozent)
  • Kodersdorf 2.365 (- 0,9 Prozent)
  • Lawalde 1.791 (- 0,9 Prozent)
  • Quitzdorf am See 1.233 (- 0,9 Prozent)
  • Zittau 24.517 (- 0,9 Prozent)

  • Horka 1.656 (-1,0 Prozent)
  • Markersdorf 3.852 (- 1,0 Prozent)
  • Krauschwitz 3.367 (- 1,1 Prozent)
  • Leutersdorf 3.461 (- 1,1 Prozent)
  • Reichenbach 4.862 (- 1,1 Prozent)
  • Jonsdorf 1.479 (- 1,2 Prozent)
  • Kreba-Neudorf 847 (- 1,2 Prozent)
  • Boxberg 4.281 (- 1,3 Prozent)
  • Ebersbach-Neugersdorf 11.526 (- 1,3 Prozent)
  • Beiersdorf 1.113 (-1,4 Prozent)
  • Mittelherwigsdorf 3.533 (- 1,4 Prozent)
  • Hohendubrau 1.852 (- 1,5 Prozent)
  • Olbersdorf 4.480 (- 1,5 Prozent)
  • Waldhufen 2.369 (- 1,5 Prozent)
  • Dürrhennersdorf 947 (- 1,6 Prozent)
  • Neusalza-Spremberg 3.211 (- 1,6 Prozent)
  • Gablenz 1.579 (- 1,7 Prozent)
  • Ostritz 2.178 (- 1,7 Prozent)
  • Neißeaue 1.688 (- 1,8 Prozent)
  • Oderwitz 4.866 (- 1,8 Prozent)
  • Mücka 948 (- 1,9 Prozent)

  • Großschönau 5.230 (- 2,0 Prozent)
  • Rosenbach 1.535 (- 2,4 Prozent)
  • Weißwasser 15.255 (- 2,5 Prozent)
  • Bernstadt 3.213 (-2,6 Prozent)
  • Trebendorf 807 (- 2,9 Prozent)

Doch auch auf die "Tabellenletzten" unter den Gemeinden treffen die Erkenntnisse des Berliner Instituts für Demografie zu. Großschönau und Bernstadt hatten mehr Zu- als Wegzug, in Rosenbach hielt sich beides die Waage. Nur aus Weißwasser und Trebendorf zogen mehr Menschen weg als zu. Mit drei und sechs sind es aber nur sehr wenige.