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Görlitz

Vom Underground-Club in die Lutherkirche: DDR-Kultband "Karussell" kommt nach Görlitz

Bandgründer Wolf-Rüdiger Raschke erinnert sich gerne an den Start der seiner Musikkarriere. Der hatte auch mit der Görlitzer Stadthalle zu tun.

Von Marc Hörcher
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"Karussell" wurde mit Hits wie "Als ich fortging" bekannt.
"Karussell" wurde mit Hits wie "Als ich fortging" bekannt. © PR

Begeisterte Fanscharen, jubelndes Publikum in grünen Kutten und Römerlatschen - das ist die Erinnerung, die Wolf Rüdiger Raschke, Gründer der DDR-Kultband "Karussell" aus Leipzig, an die vielen Auftritte in Görlitz hat. Er kennt die Görlitzer Stadthalle noch in voller Pracht - und den heutigen L2 Club wie viele Görlitzer aus dieser Zeit noch als "Underground-Club Zwei Linden", wie er sagt. Jetzt kehren er und seine Band, die mit zu den wichtigsten Vertretern des "Ostrocks" gehört, für einen Auftritt zurück in die Neißestadt. An diesem Freitag treten sie in der Lutherkirche auf, im Zuge ihrer Kirchenkonzerte.

"Karussell" hat seine Geschichte mit Görlitz. Raschke ist sogar in der Lausitz geboren, verbrachte die ersten Jahre seines Lebens in Senftenberg in Brandenburg, bevor er als Schulkind mit seinen Eltern nach Leipzig zog. Ende der 1970er-Jahre, das Debütalbum war gerade veröffentlicht, durfte die Band in einer Live-Sendung für das Zweite DDR-Fernsehen spielen - aus der Stadthalle. Von da an folgten "mindestens zweimal im Jahr" die Auftritte in den "Linden", und das bis zur Wende, erinnert sich Raschke. Görlitz war für die Band ein zweites Zuhause. Als der Eiserne Vorhang fiel, interessiert sich kaum noch jemand für Musik aus der DDR - und so endete auch vorerst die Ära von "Karussell" im Jahr 1994. "Das war schon legitim, dass die Eingesperrten sich erstmal die internationale Musikszene anschauen wollten", sagt Raschke heute schmunzelnd.

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Ihm sei es ganz lieb gewesen - nach vielen erfolgreichen Touren auch "irgendwie ausgelaugt" - sich erstmal seinem ursprünglichen Beruf zu widmen und mit seiner Frau ein Hotel am Leipziger Stadtrand zu managen. Privat fuhr er dann nach der Wende noch mehrfach nach Görlitz und habe gesehen, wie wunderschön die Stadt erblüht", sagt er. Aber an eine weitere Musikkarriere war erstmal nicht zu denken. Eigentlich, sagt Raschke, habe er danach nie wieder ein Klavier anfassen wollen. Doch sein Sohn Joey Raschke war es, der ihn überredete, die Gruppe 2007 wieder neu zu beleben.

In der langjährigen Bandgeschichte tourte "Karussell" mit zehn Alben, Filmmusiken und Videos durch Europa und Südamerika. In Dänemark und Finnland stellten sie fest, dass drei ihrer Liedtexte sogar in Schulbüchern abgedruckt waren. Sechs Mitglieder hat "Karussell" aktuell, aus der Ursprungsbesetzung der Band sind heute noch zwei Musiker aktiv. Neben Keyboarder Wolf-Rüdiger Raschke ist das Reinhard "Oschek" Hurth. Der Rest der Bandmitglieder hat immer mal wieder durchgewechselt. Die Gruppe versteht sich selbst als "Band der drei Generationen". Auch Sohn Joey ist noch dabei. Für ihn als Vater sei es manchmal rührend, mitzuerleben, wie der Sohn Beifall dafür bekomme, was er selbst als junger Mann erleben durfte, sich auf der Bühne musikalisch auszuprobieren - dann fließe auch schon mal das eine oder andere gemeinsame Tränchen zwischen Vater und Sohn auf der Bühne. Immer reibungsfrei verlaufe es nicht in der Band, gibt der Bandgründer zu - die Vorstellungen von dem, was gute Musik ist, geht bei unterschiedlichen Generationen eben auseinander. Doch er legt die Verantwortung vertrauensvoll in die Hände der nächsten Generation: "Den endgültigen Sound für all unsere Alben nach der Wende in den Hansa-Studios legt immer mein Sohn fest, gemeinsam mit dem Produzenten", sagt er.

Dass es die "Zwei Linden" als "L 2 Club" wieder gibt, hat die Gruppe übrigens mitbekommen. Sie könnten sich vorstellen, wiederzukommen - 2026 wäre ein guter Zeitpunkt, überlegt Wolf Rüdiger Raschke laut. Dann feiert "Karussell" sein 50-jähriges Bandjubiläum. Ans Aufhören denkt der Bandgründer noch lange nicht, er möchte auf der Bühne stehen, solange er fit dafür ist, sagt er. Aber erstmal freuen sich die Musiker am Freitag in der Lutherkirche auf ein Wiedersehen mit alten und neuen Fans.

Termin: 20. September, Einlass 18 Uhr, Beginn 19 Uhr, Lutherkirche in Görlitz. Karten gibt es im DDV-Lokal für 35 Euro oder online beim SZ-Ticketservice.