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Hochwasser in Niederschlesien: Lomnitz räumt auf, Breslau wartet auf Flutwelle

Heftige Regenfälle haben Städte, Dörfer, Parks und Schlossanlagen unter Wasser gesetzt. Schlossherrin Elisabeth von Küster und ihr Team haben den Gutshof gegen die Flut verteidigt. In Jelenia Góra gelang das nicht.

Von Irmela Hennig
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Jelenia Góra (Hirschberg) stand weiträumig unter Wasser.
Jelenia Góra (Hirschberg) stand weiträumig unter Wasser. © Foto: Studio Geron

Elisabeth von Küster klingt schon wieder optimistisch. "Uns geht es sehr gut. Wir haben Riesenglück gehabt", sagt die Hotel- und Gutshofchefin.

Noch vor wenigen Tagen hat die Schlossherrin von Łomnica (Lomnitz) im Hirschberger Tal in Polen zusammen mit Lomnitzern gegen ein gewaltiges Hochwasser gekämpft. Zwar blieben die beiden Herrenhäuser – das kleine Hotel und das große Schlossmuseum – verschont. Denn sie stehen etwas erhöht, so Elisabeth von Küster. Sie seien völlig unbeschadet und empfangen bereits wieder Gäste.

Schloss Lomnitz kurz nach dem Höhepunkt der Flut.
Schloss Lomnitz kurz nach dem Höhepunkt der Flut. © Christopher Schmidt-Münzberg

Der gegenüberliegende Gutshof habe aber in tobenden Wassermassen gestanden. "Wir haben ihn 24 Stunden, drei Tage lang, mit allen Mitarbeitern und mit Sandsäcken verteidigt." Das Wasser habe man immer wieder abgeschöpft, damit es nicht in die Gebäude fließen konnte. "Wir sind mit einem blauen Auge davongekommen", schätzt Elisabeth von Küster ein, die Schloss Lomnitz ab den 1990er Jahren zusammen mit ihrem damaligen Mann als Ruine übernommen und gerettet hat.

Schloss Lomnitz empfängt wieder Gäste

Der Park und auch die im Gutshof unterirdisch verlegten Leitungen und Installationen seien aber schwer beschädigt. Das genaue Ausmaß könne man noch nicht abschätzen. Nun sei man dabei, aufzuräumen. Gäste seien willkommen.

Am vergangenen Wochenende schien schwer vorstellbar, dass der Betrieb so schnell wieder anlaufen kann. Fotos und Videos zeigen das Ausmaß der Überschwemmungen, die in Niederschlesien vor allem das Riesengebirge, das Hirschberger Tal und die Region Kłodzko (Glatz) schwer getroffen haben. Luftaufnahmen lassen Lomnitz da wie eine Insel aussehen. Umgeben von brauner Brühe. Fotos, die der Architekt Christopher Schmidt-Münzberg gemacht hat, zeigen den kleinen Bach Łomnica als reißenden Strom, dazu überflutete Straßen und Bäume tief im Wasser.

Im Ort Łomnica waren viele Straßen überflutet.
Im Ort Łomnica waren viele Straßen überflutet. © Christopher Schmidt-Münzberg

Auch im nahen Schlosspark von Bukowiec (Buchwald) haben Flut, Wind und Regen Schäden verursacht. Einige Gebäude seien betroffen, ein Damm und Wege zerstört worden, wie Grażyna Kolarzyk informiert. Sie ist stellvertretende Leiterin der Stiftung Schlösser und Gärten im Hirschberger Tal. Trotz der schwierigen Lage traue sie sich aber nicht, um Spenden zu bitten. "Weil ich weiß, dass es anderen noch schlechter geht", so Kolarzyk. Bislang soll die Flut in Polen sechs bis zehn Todesopfer gefordert haben. Viele Menschen verloren ihr Obdach. Städte wie Stronie Śląskie (Seitenberg) oder auch der Kurort Lądek-Zdrój (Bad Landeck) im Glatzer Raum sind ein Trümmerfeld.

Jelenia Gora: Stadtpräsident bittet um Spenden

Sehr schwer getroffen hat es die Kreisstadt Jelenia Góra (Hirschberg). Dort ruft Stadtpräsident Jerzy Łużniak inzwischen zu Hilfe und Spenden auf. Unter anderem bei der sächsischen Partnerstadt Bautzen. Die hat diese Botschaft veröffentlicht und Unterstützung angekündigt. Das sächsische Rote Kreuz habe zudem eine Hilfssendung in die Riesengebirgsstadt geschickt, meldet Radio Wrocław. Darunter seien Betten, Decken und Hygieneprodukte. Damit habe man eine von mehreren Notunterkünften für evakuierte Bewohner einrichten können.

In Jelenia Góra standen weiträumig Wohngebiete, Straßen und viele Gewerbeflächen unter Wasser. Touristen-Attraktionen wie die unterirdischen Anlagen „Time Gates“ in einem ehemaligen Bunker wurden geschlossen. Die Lage sei zeitweilig außer Kontrolle gewesen, so schreiben Internetnutzer, die das Hochwasser miterlebt haben. Allerdings gab es wohl auch viele Schaulustige, die von fast überfluteten Brücken aus Fotos und Videos machten oder das Geschehen beobachteten.

Klodzko (Glatz): Helfer reinigen die Kirche von Schlamm. Nach dem Hochwasser beginnen die Aufräumarbeiten.
Klodzko (Glatz): Helfer reinigen die Kirche von Schlamm. Nach dem Hochwasser beginnen die Aufräumarbeiten. © Dariusz Gdesz/PAP/dpa
Klodzko (Glatz): Nach dem Hochwasser beginnen die Aufräumarbeiten.
Klodzko (Glatz): Nach dem Hochwasser beginnen die Aufräumarbeiten. © Dariusz Gdesz/PAP/dpa
Klodzko (Glatz): Nach dem Hochwasser beginnen die Aufräumarbeiten.
Klodzko (Glatz): Nach dem Hochwasser beginnen die Aufräumarbeiten. © Dariusz Gdesz/PAP/dpa
Klodzko (Glatz): Dieses von der polnischen Feuerwehr zur Verfügung gestellte Foto zeigt ein überschwemmtes Gebiet in der Nähe des Flusses Nysa Klodzka (Glatzer Neiße).
Klodzko (Glatz): Dieses von der polnischen Feuerwehr zur Verfügung gestellte Foto zeigt ein überschwemmtes Gebiet in der Nähe des Flusses Nysa Klodzka (Glatzer Neiße). © KG/PSP/AP/dpa
Klodzko (Glatz): Dieses von der polnischen Feuerwehr zur Verfügung gestellte Foto zeigt ein überschwemmtes Gebiet in der Nähe des Flusses Nysa Klodzka (Glatzer Neiße).
Klodzko (Glatz): Dieses von der polnischen Feuerwehr zur Verfügung gestellte Foto zeigt ein überschwemmtes Gebiet in der Nähe des Flusses Nysa Klodzka (Glatzer Neiße). © KG/PSP/AP/dpa
Klodzko (Glatz): Überschwemmte Straßen nach den schweren Regenfällen.
Klodzko (Glatz): Überschwemmte Straßen nach den schweren Regenfällen. © Maciej Kulczynski/PAP/dpa
Klodzko: Überschwemmte Straßen nach den schweren Regenfällen.
Klodzko: Überschwemmte Straßen nach den schweren Regenfällen. © Maciej Kulczynski/PAP/dpa

Inzwischen können Betroffene in der Stadt Soforthilfen von umgerechnet 500 beziehungsweise bis zu 2.000 Euro beantragen. Für Jelenia Góra sowie für andere Gebiete in Niederschlesien und weiteren Woiwodschaften gilt derzeit der Katastrophenzustand. Polens Regierung hat umfassende Finanzhilfen für Kommunen und Bürger angekündigt und will sich auch bei der Europäischen Union um Geld bemühen.

Nationalpark Riesengebirge: Aktuelle Infos im Internet beachten

Der Nationalpark Riesengebirge war auf polnischer Seite zeitweilig komplett für Besucher geschlossen worden. Dort hatten sich kleine Bäche in reißende Flüsse verwandelt, Wege und Brücken überspült. Nach Angaben der Parkverwaltung herrschte Lebensgefahr. Inzwischen ist ein großer Teil der Wanderpfade wieder freigegeben. Allerdings warnen die Behörden, dass viele Routen nass und schlammig seien. Einiges bleibe gesperrt, darunter manche Trails für Mountainbike-Fahrer sowie der beliebte Zackelfall bei Szklarska Poręba (Schreiberhau). Ausflügler sollten sich im Internet vorab über die aktuelle Situation informieren.

In der niederschlesischen Hauptstadt Wrocław (Breslau) wird der Scheitelpunkt der Flut für Donnerstag erwartet. Allerding soll der höchste Pegelstand mit 621 bis 640 Zentimetern rund einen Meter niedriger liegen als beim verheerenden Hochwasser 1997. Damals standen etwa 40 Prozent der Stadt unter Wasser.

Breslau: Säcke werden als Schutzmaßnahmen gegen die Hochwasserwelle am Fluss Bystrzyca aufgestellt.
Breslau: Säcke werden als Schutzmaßnahmen gegen die Hochwasserwelle am Fluss Bystrzyca aufgestellt. © Krzystof Cwik/PAP/dpa
Breslau: Anwohner verwenden Sandsäcke, um den Damm der Oder auf ihrem Weg nach Breslau im Südwesten Polens zu verstärken.
Breslau: Anwohner verwenden Sandsäcke, um den Damm der Oder auf ihrem Weg nach Breslau im Südwesten Polens zu verstärken. © Krzystof Zatycki/AP/dpa
Breslau: Hohe Wasserstände der Oder in der Nähe des Opatowicki-Wehrs.
Breslau: Hohe Wasserstände der Oder in der Nähe des Opatowicki-Wehrs. © Maciej Kulczynski/PAP/dpa

In den vergangenen Jahren hat Wrocław viel Geld in den Hochwasserschutz investiert. Es wurden beispielsweise Polder, eine Art Stauflächen, geschaffen, die bei Überflutung Wasser aufnehmen können. Seit Tagen sind aber auch viele ehren- und hauptamtliche Helfer im Einsatz. Sie füllen Sandsäcke, verstärken Dämme. Man habe vorsorglich Rückhaltebecken geleert, die nun volllaufen könnten, informierte die Stadt. Die Armee habe 15 Wassertankwagen an die Stadt geliefert, um die Bevölkerung im Ernstfall mit Trinkwasser zu versorgen. (mit kpl)

Informationen zum Riesengebirge: kpn.gov.pl
Spenden für Jelenia Góra: PL67 1160 2202 0000 0006 3083 3472,
Swift code: BIGBPLPW Betreff: Donation for flood victims