Partner im RedaktionsNetzwerk Deutschland
SZ + Görlitz

Prozess vorm Landgericht: Haben zwei Görlitzer die Stadt mit Drogen versorgt?

Vor dem Landgericht müssen sich zwei Männer für 15 Straftaten verantworten. Stimmen die Vorwürfe, sind sie zwei Größen im Görlitzer Drogenhandel.

Von Frank Thümmler
 4 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Vorm Landgericht Görlitz begann am Montag ein Drogenprozess.
Vorm Landgericht Görlitz begann am Montag ein Drogenprozess. © Jan Woitas/dpa

Stimmt das, was in der Anklage steht, haben die zwei Görlitzer auf der Anklagebank des Landgerichts in Görlitz eine erhebliche Rolle gespielt im Drogenhandel dieser Stadt. Der eine, ein 44-jähriger, untersetzter, kräftiger Mann, wird von der Anklage als derjenige des Duos beschrieben, der für den Ankauf erheblicher Mengen verschiedener Drogen gesorgt hat und deshalb als "Einkäufer" bezeichnet wird. Der andere, ein jugendlich wirkender noch 26-Jähriger, soll als "Verkäufer" für den Verkauf der Drogen zuständig gewesen sein, an andere Dealer, aber auch direkt an "Endkunden".

Kurz vor Weihnachten 2023 wurden die beiden verhaftet, nachdem der jüngere auf der Rücktour aus Berlin mit einem Rucksack voller Drogen ertappt worden war, offenbar eine Großlieferung. Seit dem 23. Dezember 2023 sitzen die beiden Angeklagten bereits in Untersuchungshaft, nach einem halben Jahr trat an die Stelle der U-Haft ein Haftbefehl. Die Staatsanwaltschaft wirft den beiden Männern nun insgesamt 15 Straftaten, begangen zwischen Juni und Weihnachten 2023, vor.

Polizei hatte die Beiden schon länger im Visier

Angefangen soll alles im Juni 2023 haben. Seinerzeit soll der Jüngere der beiden, der "Verkäufer", einem Dritten neben 15 Gramm Cannabis auch 10 Gramm Crystal übergeben haben. Er sollte die Drogen für den "Verkäufer" auf Kommission für insgesamt 500 Euro verkaufen. Als nur ein Bruchteil des Geldes zurückkam, versuchte der "Verkäufer" das Geld einzutreiben. Damit beauftragte er wiederum einen anderen Mann. Nun bekam es der Kommissionshändler offenbar mit der Angst zu tun, ging zur Polizei, der Schuldeneintreiber wurde daraufhin verhaftet.

Zweimal wurden laut Anklage beim "Verkäufer" bei Wohnungsdurchsuchungen Lager mit verschiedenen Betäubungsmitteln, teils nicht geringer Menge, samt Feinwaage gefunden. Laut Anklage wurden deshalb andere "Lagerräume", bei wohl unverdächtig erscheinenden jungen Frauen "gemietet" gegen ein wenig Geld und auch ein paar Drogen. Viele Erkenntnisse haben die Ermittler offenbar auch aus der Überwachung und späteren Auswertung der Handys gewonnen und daraus weitere Anklagepunkte, insbesondere auch den "Einkäufer" betreffend, hergeleitet.

Mehrfach wurden demnach, so steht es in der Anklage, größere Mengen Haschisch mal 300 Gramm, mal 600 Gramm, später auch ein Kilo von einem Berliner Dealer, aber auch in Polen, eingekauft. Einmal handelte es sich bei einem mutmaßlichen Einkauf in Polen auch um 100 Gramm Crystal. Gehandelt wurde laut Anklage aber auch mit größeren Mengen Ecstasy-Tabletten.

Am 22. Dezember 2023 zog sich die Schlinge dann wohl endgültig zu. Ein "Mietlager" bei einer jungen Frau wurde gefunden, dazu 850 Gramm Haschisch und 1.880 Euro mutmaßliches Drogengeld in einem Gartenhäuschen des "Einkäufers" in der Kleingartenanlage an der Alten Schäferei in Görlitz, und der "Verkäufer", wie eingangs beschrieben, mit der Drogen-Großlieferung aus Berlin festgesetzt.

Kein Deal trotz "Kronzeugen-Angebot"

Im Vorfeld der Verhandlung hatte der Verteidiger des jüngeren Angeklagten den Kontakt zum Gericht gesucht, um die Möglichkeiten einer Verständigung auszuloten. Das Angebot: Maximal fünf Jahre Freiheitsentzug gegen ein Geständnis, das auch die Beteiligung anderer umfasst - ein Angebot der Art "Kronzeuge". Es kam daraufhin zu einem Verständigungsgespräch mit allen Beteiligten, aber ein "Deal" kam nicht zustande.

  • Hier können Sie sich für unseren kostenlosen Görlitz-Niesky-Newsletter anmelden.

Der "Verkäufer" ließ seinen Verteidiger dann trotzdem eine vorbereitete Erklärung vorlesen mit dem Tenor, dass es keinen Tatplan oder Arbeitsaufteilung gegeben habe, er so in die Sache hineingerutscht sei, er nie Entscheidungsgewalt gehabt habe, er gerade auch über die Einkäufe nicht informiert gewesen sei - ein "kleiner Fisch" sozusagen. Er habe ausschließlich Marihuana verkauft, für einen Euro Gewinn pro Gramm. Auch habe er Kurierdienste übernommen, ohne genau zu wissen, was er da transportiert. Nachfragen zu dieser Einlassung waren nicht erlaubt.

Das Gericht begann daraufhin mit der Beweisaufnahme, die mühselig werden könnte. Die Anwesenheit eines psychiatrischen Gutachters im Prozess weist darauf hin, dass auch der Drogenkonsum der Angeklagten eine Rolle spielen könnte. Ein erster Zeuge wollte nach dem Hinweis auf sein Auskunftsverweigerungsrecht nichts sagen. Die zweite Zeugin, eine heute 17-Jährige, beschrieb, wie sie als Minderjährige geringe Mengen Marihuana vom "Verkäufer" gekauft habe, offenbar ohne, dass er ihr Alter wissen wollte. Insgesamt sind drei weitere Verhandlungstage angesetzt, der nächste am 25. September.