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Görlitz

Görlitzer startet Spendenaktion für das Heilige Grab

Ludwig Stalf hat seit 1991 mehrere Häuser in Görlitz saniert und fördert bildende Kunst. Jetzt macht er auf Andreas Neumann-Nochtens Bilder zum "Görlitzer Kreuzweg" aufmerksam.

Von Ines Eifler
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Ludwig Stalf mit einem Poster des Spendenaufrufs für den "Görlitzer Kreuzweg".
Ludwig Stalf mit einem Poster des Spendenaufrufs für den "Görlitzer Kreuzweg". © Martin Schneider

Bereits seit 2021 hängt ein achtteiliger Bilderzyklus des Görlitzer Künstlers Andreas Neumann-Nochten zum Leidensweg Christi im Empfangsgebäude des Heiligen Grabes von Görlitz: Jesus mit der Dornenkrone, Jesus unter der Last des Kreuzes, Jesus, dem die Kleider vom Leib gerissen werden, das leere Grab. Alles grau in grau, nur Christus im Licht, die Dornenkrone rot von Blut. Die aus der Bibel bekannten Figuren dieser Geschichte in schlichten Formen und ohne Gesichter.

"Erst fand ich das verstörend", sagt Ludwig Stalf, der in der Görlitzer Hotherstraße 29 zusammen mit Andreas Neumann-Nochten die Galerie ZwoNeun betreibt. "Aber dann war ich tief bewegt – von den Bildern und den dazugehörigen Texten." Die leeren Gesichter zeigten Verschlossenheit, Angst und Lähmung, öffneten aber auch einen Raum für die eigene Vorstellungskraft. "Ein durch den Künstler in einfühlsamer Sprache publiziertes Begleitheft hat mein Wissen um das Kreuzweggeschehen vertieft."

Kulturstiftung fehlen die Mittel zum Ankauf

Was Ludwig Stalf aber auch bewegte: Andreas Neumann-Nochten hatte die 70 mal 50 Zentimeter großen Zeichnungen im Auftrag der Evangelischen Kulturstiftung für einen E-Guide angefertigt, konnte sie bisher jedoch lediglich als Leihgaben zur Verfügung stellen. Denn der Stiftung, die das Heilige Grab, die Nikolaikirche und den Nikolaifriedhof verwaltet, stehen die notwendigen Mittel zum Ankauf des Zyklus nicht zur Verfügung.

Der Künstler Andreas Neumann-Nochten (l.) und Ludwig Stalf im Oktober 2019 vor der Eröffnung der Galerie ZwoNeun in der Hotherstraße 29.
Der Künstler Andreas Neumann-Nochten (l.) und Ludwig Stalf im Oktober 2019 vor der Eröffnung der Galerie ZwoNeun in der Hotherstraße 29. © André Schulze / Archiv

"Meines Erachtens könnte an dieser Stelle bürgerschaftliches Engagement Abhilfe für beide Seiten schaffen", sagt Stalf. Vor Zeiten sei das schon einmal ein guter Brauch in Görlitz gewesen, wenn es um die Förderung bildender Kunst ging. Also startete er im Sommer eine Spendenaktion. "Es sollte doch möglich sein, den 'Görlitzer Kreuzweg' in das Eigentum der Kulturstiftung zu überführen und zugleich die Arbeit des Künstlers zu honorieren."

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Bereits nach dem ersten Aufruf an Freunde, Bekannte und Fans der Galerie in der Hotherstraße seien binnen kurzer Zeit 1.100 Euro zusammengekommen. Als Stalf ein zweites Mal zum Spenden aufrief, kamen nochmals 500 Euro zusammen, sodass aktuell noch 2.400 Euro zum Spendenziel in Höhe von 4.000 Euro für den gesamten Zyklus fehlen.

Investor und Kunstmäzen in Görlitz

Für den 85-Jährigen gebürtigen Mannheimer ist es nahezu selbstverständlich, sich einzubringen, sich zu engagieren, wenn man die Möglichkeit dazu hat. Nur deshalb gibt es überhaupt die Galerie ZwoNeun.

Er selbst war 1991 zum ersten Mal in Görlitz. Einer seiner Bekannten hatte damals ein Haus in der Jakobstraße gekauft, aber noch nicht saniert – Stalf übernahm das Vorhaben. Er hatte damals eine Karriere zum Sparkassendirektor im Main-Tauber-Kreis in Baden-Württemberg hinter sich, war aber im Alter von 42 Jahren – als eine große Sparkassenfusion bevorstand – ausgeschieden.

Insgesamt hat Ludwig Stalf sieben Häuser in Görlitz saniert. Eins davon ist das Gebäude Hotherstraße 29, hier kurz vor der Fertigstellung 2017 im ersten Obergeschoss.
Insgesamt hat Ludwig Stalf sieben Häuser in Görlitz saniert. Eins davon ist das Gebäude Hotherstraße 29, hier kurz vor der Fertigstellung 2017 im ersten Obergeschoss. © Nikolai Schmidt / Archiv

Danach hatte er sich selbstständig gemacht, unter anderem mit einer Bauträgergesellschaft. Während er in seiner Heimat ganze Gewerbegebiete baute und sich über Jahre in der Wirtschafts- und Ausbildungsförderung engagierte, investierte er auch in Görlitz weiter. Im Laufe der Zeit erwarb und sanierte er insgesamt sieben Gebäude in der Stadt. Dazu gehörte das neißeseitige Haus Hotherstraße 11, das während des Hochwassers 2010 stark beschädigt wurde. "Wir haben es danach noch einmal saniert, aber nicht mehr vermietet", sagt Stalf. Stattdessen zog er mit seiner Frau selbst ein. Zunächst für zwei Jahre auf Probe, dann entschieden sie sich zu bleiben. Als ihm das Haus gegenüber, die Nummer 29, angeboten wurde, sanierte Stalf auch das.

Erste Kunstausstellung in der Peterstraße

Kunst, sagt er, habe ihn schon immer interessiert. Sein erstes Kunstwerk habe er sich in jungen Jahren gekauft, als er es sich, aufgewachsen in sehr kleinen Verhältnissen, noch gar nicht leisten konnte: eine Sphinx des österreichischen Künstlers und Hundertwasser-Freunds Ernst Fuchs. Seine erste Kunstausstellung organisierte er vor etwa zehn Jahren im Görlitzer Hallenhaus Peterstraße 3. Damals hatte er in Frank Vaters Antiquariat auf der Brüderstraße ein Kinderbuch mit Zeichnungen von Andreas Neumann-Nochten entdeckt und daraufhin den Künstler aufgesucht. Auch den Zeichner Claus Böhm, der damals noch lebte, lernte er kennen und den Regisseur Herrmann Rueth, der ebenfalls malt.

Als die Hotherstraße 29 fertig saniert war, richtete Ludwig Stalf im Erdgeschoss Galerieräume ein, die er Künstlern samt Werbung kostenlos zur Verfügung stellt. Andreas Neumann-Nochten übernimmt dabei die künstlerische Leitung. Seit der Eröffnung 2019 waren bereits 18 Ausstellungen in der Hotherstraße zu sehen, darunter eine im Gedenken an den 2016 verstorbenen Claus Böhm und eine für die Görlitzer Malerin Olga Yakovenko, die 2023 starb. Auch Lesungen und kleine Konzerte finden regelmäßig statt, zurzeit sind Werke einer jungen polnischen Künstlerin zu sehen.

Angetan vom Görlitzer Publikum

Ludwig Stalf ist immer wieder angetan vom Görlitzer Publikum, das mittlerweile recht zahlreich zu Ausstellungseröffnungen in die Galerie ZwoNeun kommt. "Viele Menschen hier sind sehr gebildet und haben ein Interesse und Gespür für Kunst", sagt er. Das macht ihm Hoffnung.

Mit seiner Spendenaktion für die Evangelische Kulturstiftung wolle er sowohl auf den Wert der Anlage des Heiligen Grabes und die Not der Stiftung hinweisen als auch das Bewusstsein für die Situation bildender Künstler stärken. "Nur selten profitieren Künstler von staatlichen Geldern", sagt er, "sondern sind auf private Ankäufe und Förderungen angewiesen." Wer für den "Görlitzer Kreuzweg" spendet, wird auf Wunsch seinen Namen auf einer Tafel im Empfangsraum des Heiligen Grabes lesen können.

Spendenkontoinhaber: Evangelische Kulturstiftung Görlitz, IBAN: DE13 8505 0100 0232 0869 23, BIC: WELADED1GRL, Verwendungszweck (ohne Spendenquittung): Spende GR Kreuzweg, Verwendungszweck (mit Spendenquittung): Spende GR Kreuzweg-SpQu