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Neue Flüchtlingsunterkunft: Gerüchte um Wohnblock in Görlitz-Königshufen

Seit über zwei Jahren wird ein Wohnblock in Königshufen "leergezogen". Nun machen Gerüchte die Runde, er werde zur Unterkunft für Flüchtlinge. Was wirklich dahinter steckt.

Von Susanne Sodan
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Verlassen - oder fast verlassen - liegt der Wohnblock an der Terrasse 9-15 im Görlitzer Stadtteil Königshufen. Was aus ihm wird?
Verlassen - oder fast verlassen - liegt der Wohnblock an der Terrasse 9-15 im Görlitzer Stadtteil Königshufen. Was aus ihm wird? © Paul Glaser/glaserfotografie.de

An den Fenstern einer einzigen Wohnung hängen noch Gardinen. Einzelne Klingelschilder tragen noch Namen. Gerüchteweise soll noch ein letzter Mieter in dem Wohnblock An der Terrasse 9-15 in Görlitz-Königshufen wohnen. Falls es noch letzte Mohikaner geben sollte, scheinen sie am Wochenende nicht daheim zu sein. Verlassen steht der Wohnblock mit seinen vier Eingängen. Durch die gardinenlosen Fenster kann man von unten die Wasserboiler in den Küchen oder Bädern sehen, aber nirgendwo Licht. Seit über zwei Jahren wird der Block "leergezogen".

Dass das nun geschafft oder fast geschafft ist, sorgte in den sozialen Netzwerken für Fragen nach der Zukunft des Gebäudes. Und auch für Spekulationen. In einer lokalen Facebook-Gruppe heißt es unter anderem: "Da kommen die zugereisten Fachkräfte rein", "bestimmt für Ausländer dann", "Goldstücke natürlich". Eine Person will mehr Informationen kennen - aus der Stadtverwaltung habe sie gehört, der Block solle saniert und eine Unterkunft für Ukrainer werden. Nur, der Eigentümer des Blocks weiß davon gar nichts. So heizt sich die Gerüchteküche in Görlitz auf - mit einer erkennbar klaren politischen Tendenz. Doch was ist dran an den Gerüchten?

Welche Gebäude die Kommwohnen jetzt saniert

Die Terrasse 9 - 15 gehört dem Görlitzer Großvermieter Kommwohnen. "Wir haben mit dem Landkreis Görlitz sowie der Stadt Görlitz weder Gespräche geführt, noch gibt es Planungen, den Block An der Terrasse 9 - 15 oder andere Gebäude als Flüchtlingsunterkunft zur Verfügung zu stellen", klärt Medienreferentin Jenny Thümmler auf. "Die Zukunft des Blocks An der Terrasse ist noch nicht ganz klar", aktuell stehen bei Kommwohnen umfassende Sanierungen der Wohnblöcke Arthur-Ullrich-Straße 1 - 23 in Rauschwalde sowie Stauffenbergstraße 8 - 16 in Weinhübel auf dem Plan. Wann genau es losgeht, kann Jenny Thümmler noch nicht sagen. Aber mit diesen Projekten sei die Kommwohnen in Sachen Wohnungssanierungen aktuell ausgelastet.

Darum muss der Wohnblock bis Jahresende leer sein

"Der Leerzug des Gebäudes An der Terrasse musste trotzdem erfolgen, da die Gasversorgung dort nur noch bis Jahresende sichergestellt werden konnte", erklärt sie. Die Verlängerung bis Ende 2024 sei ein Kompromiss mit den Stadtwerken. "Länger war das nicht möglich. Das Haus braucht eine komplett neue Technik." Man sei an anderen Stellen dabei, neue Konzepte in der Heizungstechnik zu testen, aber es könne nicht alles gleichzeitig passieren, "deswegen bleibt der Block An der Terrasse 9 - 15 erst mal so stehen."

Vor fast genau zwei Jahren berichtete die SZ zuletzt von der Terrasse 9 - 15. Damals war bereits ein Großteil der Mieter ausgezogen - oder leere Wohnungen wurden nicht mehr neu vermietet aufgrund des Gebäudezustandes. Einige Mieter gab es damals aber noch, zum Beispiel eine Seniorin, die schon seit 1978 in dem Haus wohnte. So unansehnlich der Block von außen heute ist, die Mieter, die damals der SZ die Tür öffneten, wohnten nicht ungern An der Terrasse. Vor allem wegen der Lage: Nur wenige Meter entfernt ist ein Supermarkt, ebenso die Bahnhaltestelle an der Schlesischen Straße, der Neißepark ist in der Nähe. Und für manche steckte in dem Block auch ein Stück ihrer Lebensgeschichte.

Kommwohnen erklärte damals, die Mieter unterstützen zu wollen bei der Suche nach einer neuen, passenden Wohnung. Ob das geklappt hat, ob für die verbliebenen Mieter eine andere Wohnung des Unternehmens gefunden werden konnte oder sie sich selbst gekümmert haben? Details zu den Mietern werde man aus Datenschutzgründen nicht preisgeben, so Jenny Thümmler. "Wir waren und sind mit den verbliebenen Mietern kontinuierlich im Austausch und möchten natürlich gemeinsam eine Lösung finden, die für alle passt."

Neue Heime in Görlitz und Weißwasser

Woher die Spekulationen um den Wohnblock als künftige Flüchtlingsunterkunft kommen, ist offen. Fest steht, aufgrund des starken Zulaufs von Migranten, besonders vorigen Sommer, hatte der Kreistag im Herbst vorigen Jahres ein neues Unterkunftskonzept beschlossen. Die meisten Gemeinschaftsunterkünfte im Kreis hat die Stadt Zittau. Um den Kreis-Süden zu entlasten, sieht das neue Konzept eine bessere Verteilung der geflüchteten Menschen und damit mehr Unterkünfte im Kreis-Norden vor. In Görlitz wurde im Dezember die Unterkunft am Flugplatz, die bereits 2015 als Erstaufnahmeeinrichtung genutzt wurde, reaktiviert. Kommwohnen hatte das Gebäude im Auftrag des Kreises hergerichtet. Es bietet jedoch nur Platz für 60 Personen, zudem ist es nur für zwei Jahre, also bis Ende 2025 gemietet. Daher ist eine andere, größere Unterkunft in Görlitz vorgesehen.

Vor Journalisten erklärte am Dienstag Kreis-Finanzbeigeordneter Thomas Gampe, es gebe Vorschläge für den Standort eines neuen Flüchtlingsheims in Görlitz. Es werde geprüft, welcher Vorschlag geeignet ist. Die neue Unterkunft soll Platz für 150 bis maximal 250 Menschen bieten. Klarheit, so hofft Gampe, soll es bis Ende des Jahres geben. Außerdem sei auch in Weißwasser ein neues Heim vorgesehen, das wiederum die temporär in Boxberg eingerichtete Unterkunft ablösen soll. Auch hier gebe es Gespräche mit der Stadtverwaltung.