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Im neuen Görlitzer Steakhaus gibt es Fleisch bis zum Abwinken

Das El Rodizio hat vorige Woche eröffnet. Die Betreiber stammen aus Venezuela. Kennengelernt haben sie sich in Görlitz – wo sie aus ganz unterschiedlichen Gründen gelandet sind.

Von Ingo Kramer
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Von links: César Alberto Velasco Hernández (Inhaber), Joan Manuel da Silva (Chefkoch) und Ricardo Urrecheaga (Koch, Kellner und Barkeeper) betreiben gemeinsam das Steakhaus El Rodizio.
Von links: César Alberto Velasco Hernández (Inhaber), Joan Manuel da Silva (Chefkoch) und Ricardo Urrecheaga (Koch, Kellner und Barkeeper) betreiben gemeinsam das Steakhaus El Rodizio. © Martin Schneider

Auf den 12. September sind César Alberto Velasco Hernández (44), Joan Manuel da Silva (45) und Ricardo Urrecheaga (53) jetzt schon gespannt. An dem Tag bieten die Männer aus Venezuela zum ersten Mal das an, wonach ihr neues südamerikanisches Steakhaus im Parterre des Hotels Goldener Engel an der Hugo-Keller-Straße 1 in Görlitz benannt ist: „El Rodizio“.

Kurz gesagt, ist es Fleisch bis zum Abwinken, neudeutsch „All you can eat“. Doch tatsächlich ist es viel spezieller: Das gebratene Fleisch wird frisch vom Grillspieß direkt am Tisch serviert. Der Kellner schneidet am Tisch für den Gast eine gewünschte Anzahl von Fleischscheiben vom Spieß ab. Alle Beilagen werden als offenes Buffet bereitgestellt, an dem sich der Gast bedient. Allein im September sind dafür sechs Termine geplant, am 12., 16., 19., 23., 26. und 30. des Monats. Wer dabei sein will, muss vorbestellen – und knapp 30 Euro auf den Tisch legen. „Wir sind gespannt, wie das Konzept in Görlitz ankommen wird“, sagt César Alberto Velasco Hernández.

Das Steakhaus El Rodizio befindet sich im Parterre des Hotels Goldener Engel, Hugo-Keller-Straße 1 in Görlitz.
Das Steakhaus El Rodizio befindet sich im Parterre des Hotels Goldener Engel, Hugo-Keller-Straße 1 in Görlitz. © Martin Schneider

Er ist der Inhaber und Manager des Lokals, kellnert aber auch. Joan Manuel da Silva ist der Chefkoch, Ricardo Urrecheaga kann alles: Er kocht, kellnert, steht hinter der Bar – je nachdem, wo er gerade gebraucht wird. Daneben helfen noch Familienangehörige mit. „Alles in allem sind wir sechs bis sieben Leute“, erklärt der Chef. Viele seien flexibel, könnten kochen, kellnern oder im Bierwagen, der für die Außensitze bereitsteht, Getränke ausschenken.

Die drei Venezolaner haben ganz unterschiedliche Biografien, die sie irgendwann nach Görlitz geführt haben. Kennengelernt haben sich alle drei tatsächlich in Görlitz. Joan Manuel da Silva lebt von allen schon am längsten hier: zwölf Jahre. Der gelernte Koch hat einen portugiesischen Namen, weil sein Vater aus Madeira stammt. Die Mutter ist Venezolanerin. Er selbst hat Venezuela bereits vor 24 Jahren verlassen. Er ging nach England, arbeitete dort zwölf Jahre lang als Koch und heiratete eine Polin. „Ihr Bruder hat ein Unternehmen bei Görlitz, das Luftpolsterfolie herstellt“, berichtet Joan Manuel da Silva: „Meine Frau musste vor zwölf Jahren herkommen, um ihm zu helfen.“ Da sei er mitgekommen und habe dort ebenfalls einen Job bekommen. Den verlor er während der Corona-Zeit. Später arbeitete er bei Post Modern, doch jetzt ist er froh, in seinen alten Job als Koch zurückkehren zu können.

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Die anderen beiden flohen erst viel später aus ihrer Heimat, weil sich die Lage dort immer weiter verschlechterte. Bei César Alberto Velasco Hernández war es 2018 so weit. Er kam aus Venezuela nach Berlin. Dort blieb er zwei Jahre, musste aber feststellen, dass er schlecht Deutsch lernt, weil es so viele Menschen gab, die Spanisch oder Englisch sprachen. „Ich wollte aber Deutsch lernen, deshalb brauchte ich eine kleinere Stadt“, sagt er. Nach Görlitz sei er „auf Empfehlung“ gelangt: „Ich hatte hier einen Freund, den habe ich besucht – und die Stadt hat mir gleich gefallen“, sagt er. Die Architektur habe ihn begeistert, aber auch die kurzen Wege. An Volkshochschule und Euro-Schulen lernte er Deutsch – und will bleiben: „Mir gefällt Görlitz, die Stadt ist ruhig, die Leute sind freundlich.“

So sehen die Gasträume in dem neuen Restaurant aus.
So sehen die Gasträume in dem neuen Restaurant aus. © Martin Schneider

Ricardo Urrecheaga hingegen hat sich Görlitz nicht ausgesucht. Über die Zwischenstation Spanien kam der gelernte Elektriker vor vier Jahren als Flüchtling nach Deutschland – und wurde von den Behörden nach Görlitz geschickt. Über eine Freundin, die auch aus Venezuela kommt, lernte er hier die anderen beiden kennen. Die Männer verstanden sich – und hatten irgendwann die Idee, ein Restaurant zu eröffnen, „Wir wollen arbeiten“, erklärt Ricardo Urrecheaga. Von der ersten Idee bis zur Eröffnung am vorigen Donnerstag habe es drei Jahre gebraucht. Das geeignete Lokal fanden sie schließlich über ein Schild an der Fassade, auf dem stand, dass das Lokal zu verkaufen oder zu vermieten sei.

Das Trio entschied sich schließlich für die Miete. Andere Leute haben das ganze Hotel gekauft. Sie wollen es auch weiterhin als Hotel betreiben. Die Venezolaner indes haben sich beim neuen Besitzer eingemietet – und vorige Woche eröffnet. Auf der Speisekarte stehen Speisen aus ganz Südamerika. Jede Menge Steaks natürlich, aber auch ganz andere Spezialitäten. César Alberto Velasco Hernández empfiehlt neben den Steaks zum Beispiel Arepas: Kleine Taschen aus Maismehl, gefüllt mit Hähnchen oder anderen Inhalten und serviert mit einer grünen Soße. Oder Pabellón Criollo, ein traditionelles Gericht aus Venezuela. Es vereint zarte geschmorte Rindfleischstücke mit schwarzen Bohnen, weißem Reis und frittierten reifen Kochbananen.

Die Bar ist gut bestückt mit Getränken aus Lateinamerika, darunter Rum aus Venezuela und Kolumbien sowie südamerikanische Weine.
Die Bar ist gut bestückt mit Getränken aus Lateinamerika, darunter Rum aus Venezuela und Kolumbien sowie südamerikanische Weine. © Martin Schneider

Alle Zutaten beziehen die Betreiber über einen Großmarkt, vieles kommt wirklich aus Südamerika. „Das Fleisch zum Beispiel ist aus Argentinien, Uruguay und Venezuela“, erklärt der Chef. Auch die meisten Getränke stammen aus Südamerika. Nur das Bier hat einen kurzen Anreiseweg: aus der Görlitzer Landskron-Brauerei.

Bei den Öffnungszeiten ist das Trio noch am Probieren. Diese Woche gibt es Frühstück und Abendessen, ab nächster Woche zusätzlich auch Mittagstisch und ab 12. September schließlich El Rodizio. „Die ersten Vorbestellungen dafür haben wir schon“, sagt der Chef. Und auch zur Eröffnung vorige Woche seien viele der 70 Sitze innen und 40 draußen besetzt gewesen.