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SZ-Lesen wird digital

Manche Menschen lesen die Sächsische Zeitung seit Jahrzehnten. Viele lieben ihre täglich gedruckte Ausgabe, andere lernen das digitale Lesen zu schätzen.

Von Ines Eifler
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Ingrid Wilke liest seit ihrer Kindheit Zeitung. Bis heute will sie sich nicht von der täglich gedruckten SZ trennen.
Ingrid Wilke liest seit ihrer Kindheit Zeitung. Bis heute will sie sich nicht von der täglich gedruckten SZ trennen. © Paul Glaser/glaserfotografie.de

Ingrid Wilke kann sich ein Leben ohne Zeitung gar nicht vorstellen. "Ich gehe seit Corona kaum noch aus dem Haus", sagt die 86-Jährige in ihrer Wohnung in der Görlitzer Südstadt. "Wenn ich die Sächsische Zeitung nicht lesen würde, wüsste ich doch nicht, was in der Stadt so los ist!"

Vor allem Geschichtsthemen aus ihrer Heimatstadt sind für die Witwe des früheren Kantors der Lutherkirche Erich Wilke und Tante des Kunnerwitzer Pfarrers Ulrich Wollstadt besonders interessant. Denn Ingrid Wilke hat selbst ein reiches, geradezu lexikalisches Wissen über Görlitz, die Evangelische Kirche, die Lutherkirchengemeinde und deren Chor sowie zahlreiche weit zurückreichende und weit verzweigte Verwandtschaftsbeziehungen von Görlitzern und deren Beziehungen in die ganze Welt.

Wenn man mit Ingrid Wilke spricht, gibt es kaum ein Thema, zu dem sie nichts zu sagen weiß, ob zur Klagemauer in Jerusalem, mittelalterlichen Apothekenprivilegien oder kunsthistorischen Verbindungen zwischen Kirchen in Ost und West. "Das hat auch mit dem Zeitunglesen zu tun", sagt sie. Ihr Wissen hat sie bei Weitem nicht nur von dort. "Aber wenn ich etwas lese, puzzelt sich alles zusammen und prägt sich ins Gedächtnis ein."

Die Sächsische Zeitung gehörte immer dazu

Ingrid Wilke las die Zeitung schon, als sie noch zu Hause bei ihrer Mutter in der Pfarrwohnung der Jochmannstraße 4 lebte. Ihr Vater Georg Wollstadt war Pfarrer in der Lutherkirche gewesen, bis er – Mitglied der im Nationalsozialismus gleichgeschalteten Deutschen Christen – am 3. Juni 1945 von einem sowjetischen Offizier abgeholt wurde und nie zurückkehrte.

Für Ingrid Wilke war die SZ immer dabei: Auch als ihr Mann Erich Wilke zur Meridianpreis-Verleihung 2016 den Lutherchor im Rathaus dirigierte, in dem sie mitsang (Sängerin rechts), fotografierte die SZ.
Für Ingrid Wilke war die SZ immer dabei: Auch als ihr Mann Erich Wilke zur Meridianpreis-Verleihung 2016 den Lutherchor im Rathaus dirigierte, in dem sie mitsang (Sängerin rechts), fotografierte die SZ. © Nikolai Schmidt

Auch mit seinen Nachfolgern, Johannes Adler und später Werner Heimbach, lebten Mutter und Tochter unter einem Dach. "Unser Wohnzimmer war ja zugleich der Gemeinderaum." Pfarrer Heimbach habe immer die christliche Zeitung "Union" gelesen, erinnert sich Ingrid Wilke, aber ihre Mutter las stets die Sächsische Zeitung. "Man musste doch wissen, was die offizielle Linie war, und konnte sich dann austauschen und vergleichen." Und täglich lokale Görlitzer Nachrichten bot immer nur die SZ.

Auch als Ingrid Wilke Ende der 1950er von ihrer Ausbildung zur Apothekenassistentin in Leipzig zurückkehrte, als sie 1963 ihren späteren Mann bei den Proben zum Musical "Halleluja-Billie" kennenlernte, das Erich Wilke anlässlich des ersten Görlitzer Kirchentags inszenierte, als das Ehepaar zwischen 1965 und 1970 drei Kinder bekam und immer wieder andere Wohnungen in der Stadt bezog – die Sächsische Zeitung gehörte zu allen Zeiten zum Leben dazu. Erich Wilke las die Zeitung gleich am Morgen, seine Frau erst später am Tag.

Kennt jemand noch die "Rose der Woche"?

"Ich erinnere mich auch, dass unsere älteste Tochter schon ab der ersten Klasse 1971 ans Zeitungslesen herangeführt wurde", erzählt Ingrid Wilke. "Das war eine gute Sache und hatte nichts mit sozialistisch-politischer Bildung zu tun, sondern die Lehrerin an der Melanchthonschule wollte das Interesse der Kinder für das tägliche Geschehen in ihrer Stadt wecken."

Auch an die Rubrik "Rose der Woche" erinnert sie sich gern, in der Menschen vorgestellt wurden, die etwas Besonderes erlebt oder geleistet hatten. Sehr beliebt bei ihren Kolleginnen in der Südstadtapotheke am Sechsstädteplatz, in der Ingrid Wilke seit 1973 arbeitete, seien auch die Romanfortsetzungen gewesen – für manche ein Hauptgrund, die Zeitung zu lesen.

"Mit der SZ haben wir kurz nach der Wende auch unsere erste wunderbare Reise nach Israel unternommen", erzählt Ingrid Wilke. Und dankbar ist sie, dass die Konzerte ihres Mannes, ob an der Orgel der Lutherkirche, mit dem Chor oder beides – stets in der Zeitung angekündigt oder auch mal besprochen wurden.

Zeitungmachen und Zeitunglesen hat sich verändert

In all diesen Jahrzehnten hat sich Zeitungmachen und Zeitunglesen verändert. Im Vergleich zu den ersten Jahren ist die SZ heute wesentlich umfangreicher, professioneller recherchiert und sie erzählt mehr über Menschen. Sie ist auch teurer, genau wie alles andere. Vor allem aber kann man sich heute entscheiden: Will man wie früher die Papierausgabe lesen? Will man die SZ digital als E-Paper lesen, das dem Erscheinungsbild der Druckausgabe entspricht? Oder sich auf der Online-Plattform sächsische.de über die neuesten lokalen und überregionalen Nachrichten informieren?

Ingrid Wilke sagt, mit der neuen Technik möchte sie sich nicht befassen. Preis hin oder her, sie liest auf Papier wie eh und je. Außerdem kann sie so die Zeitung – nachdem sie wichtige Artikel ausgeschnitten hat – noch an ihre Nachbarin weitergeben. Für digitales Lesen sei sie zu alt.

E-Paper: klare Bilder und schön beleuchtet

Werner und Hildegard Hänel haben sich aus gesundheitlichen Gründen für SZ-Lesen per E-Paper entschieden. Wenn das Augenlicht nachlässt, macht das Lesen beleuchteter Seiten wieder Spaß.
Werner und Hildegard Hänel haben sich aus gesundheitlichen Gründen für SZ-Lesen per E-Paper entschieden. Wenn das Augenlicht nachlässt, macht das Lesen beleuchteter Seiten wieder Spaß. © Paul Glaser/glaserfotografie.de

Das haben Hildegard und Werner Hänel auch lange gedacht. "Aber dann bekam ich eine Augenkrankheit und konnte nur noch die Überschriften lesen", sagt Hildegard Hänel, die ebenfalls 86 Jahre alt ist, wie Ingrid Wilke. "Aber man will ja wissen, was in den Artikeln drin steht!" Schließlich habe ihr Sohn sie überzeugt, auf Tablet und E-Paper zu wechseln. "Vorher hatten wir nicht mal einen Computer!" Jetzt aber sei sie froh, sagt Hildegard Hänel. Sie könne sich die Beiträge so groß ziehen, dass sie alles gut erkennt und sich manche sogar vorlesen lassen.

Ihr Mann, ein Jahr älter, hätte gern weiter die Druckausgabe gelesen, aber jetzt will er das E-Paper nicht mehr missen. "Ich lese sogar mehr als früher", sagt Werner Hänel, "auch weil das Lesen auf dem Tablet so angenehm ist. Die Seiten sind schön beleuchtet, die Schrift ist klar und die Fotos sehen gut aus." Auch, dass sie nicht mehr so viel Papier entsorgen müssen, empfinden der frühere Waggonbauschlosser und die gelernte Bandweberin als klaren Vorteil.

Letztlich sei der Preisvorteil beachtlich. Dass die Zeitung früher, als sie noch ein dünnes Blättchen war, nur einen Groschen gekostet hat, könne man sich heute kaum noch vorstellen. Aber sie aus Geldgründen abzubestellen, käme für das Ehepaar nie infrage. "Wir lesen jetzt seit 1955 die Sächsische Zeitung", sagt Hildegard Hänel, "und finden es nach wie vor wichtig. Nachrichten bekommt man zwar auch im Fernsehen und im Radio, aber nur in der Zeitung kann man alles genau nachlesen. Und vieles Lokale findet man nur hier."

Auf der letzten Seite beginnen – das geht nicht so gut

Für das E-Paper haben sich auch Isolde und Reinhard Wittig entschieden, sie sind 77 und 76 Jahre alt. Auch sie lesen die SZ seit Jahrzehnten. "Wenn die Zeitung bei uns zu Hause auf dem Tisch lag, habe ich einfach mitgelesen", sagt Isolde Wittig, "schon als Kind." Vor allem kulturelle Themen interessieren die frühere Verkäuferin, die manche vielleicht noch aus dem Delikat oder der Sport-Boutique auf der Berliner Straße, aus dem Kaufhaus oder zuletzt aus dem Marktkauf kennen.

Reinhard und Isolde Wittig lesen seit einiger Zeit digital. Sie sind mit dem E-Paper rundum zufrieden, nur eine Angewohnheit mussten sie aufgeben: die Zeitung von hinten nach vorn zu lesen.
Reinhard und Isolde Wittig lesen seit einiger Zeit digital. Sie sind mit dem E-Paper rundum zufrieden, nur eine Angewohnheit mussten sie aufgeben: die Zeitung von hinten nach vorn zu lesen. © Paul Glaser/glaserfotografie.de

"Alles, was mit Tanz, Theater und den schönen Seiten des Lebens zu tun hat, lese ich gern", sagt sie. Als ihre Tochter vorschlug, die digitale Zeitung könnte doch eine gute Sache sein, probierten sie und ihr Mann es aus. "Wir haben sogar jeder unser eigenes Tablet", sagt Reinhard Hänel, "so können wir beide gleichzeitig Zeitung lesen." Der frühere Bauingenieur und spätere IT-Fachmann ist überzeugt: "Die Zukunft ist digital."

Das E-Paper lese sich gut, es sei günstiger als die Printausgabe und spare Papier. "Man muss ja auch an die Umwelt denken!" Nur einen Nachteil hat für ihn das digitale Lesen. "Ich habe die Zeitung immer von hinten nach vorn gelesen." Das sei ein Relikt aus der DDR, als es auf den ersten Seiten in mäßig interessanten Artikeln um die Planerfüllung ging. "Hinten zuerst aufschlagen geht im E-Paper nicht so gut", sagt Reinhard Wittig. "Aber es ist zum Glück auch nicht mehr notwendig."

Wer ebenfalls überlegt, digital SZ zu lesen, kann sich gern telefonisch dazu beraten lassen: 03581 6499150.