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116 geschleuste Flüchtlinge: Bundespolizei schnappt libanesische Hinterleute

Ein Aufgriff an der Görlitzer Stadtbrücke hängt mit dem Großeinsatz von 55 Bundespolizisten in Dresden zusammen. Das Ergebnis: Zwei verhaftete Libanesen und neue Beweise.

Von Sebastian Beutler
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Der Aufgriff von vier Syrern auf der Stadtbrücke in Görlitz stand am Anfang eines Schlags gegen die Schleuserkriminalität am Dienstag in Dresden.
Der Aufgriff von vier Syrern auf der Stadtbrücke in Görlitz stand am Anfang eines Schlags gegen die Schleuserkriminalität am Dienstag in Dresden. © Archivfoto: Paul Glaser/glaserfotografie.de

Als die Görlitzer Bundespolizisten vier syrische Flüchtlinge auf der Stadtbrücke stoppten, konnten sie noch nicht wissen, dass damit ein großes Ermittlungsverfahren losgetreten wurde, das an diesem Dienstag mit der Verhaftung von einem Paar aus dem Libanon in Dresden seinen vorläufigen Höhepunkt erreichte.

Als die vier Syrer in Görlitz landeten, war es nur ein Aufgriff unter vielen in jenen Wochen und Monaten an der deutsch-polnischen Grenze. So ist bei der Bundespolizei in Görlitz der genaue Zeitpunkt gar nicht mehr so präsent. Dagegen aber die Folgen. Denn bei der Vernehmung der vier Syrer erhielt die Bundespolizei die ersten Hinweise seinerzeit auf das Agieren eines 36-jährigen Libanesen und einer 38-jährigen Landsfrau. Später zogen die Bundespolizei in Halle und die Staatsanwaltschaft in Dresden das Verfahren an sich.

Beschuldigte sitzen in U-Haft

Denn den beiden Libanesen werden mittlerweile die Schleusung von zusammen 116 Flüchtlingen nach Deutschland vorgeworfen und damit das banden- und gewerbsmäßige Einschleusen von Ausländern in zusammen 19 Fällen. Die Flüchtlinge sollen dabei nach Auskunft von Maik Fischer, Pressesprecher der Bundespolizei in Halle, über die Ostroute von Belarus und Polen bis an die deutsche Grenze gebracht und dann über verschiedene Grenzübergänge in Sachsen und Brandenburg nach Deutschland geschickt worden sein.

Dieses Fahrzeug stellten die Bundespolizisten am Dienstag bei der Hausdurchsuchung in Dresden sicher.
Dieses Fahrzeug stellten die Bundespolizisten am Dienstag bei der Hausdurchsuchung in Dresden sicher. © Foto: Bundespolizei

Die Indizien und Beweise waren so erdrückend, dass gegen die beiden Libanesen Haftbefehle erlassen wurden. Ein Ermittlungsrichter am Amtsgericht Pirna setzte nach deren Verhaftung die Haftbefehle in Kraft, die Beschuldigten sitzen nun in U-Haft. Auch wurde ihre Dresdner Wohnung durchsucht. Dort wurde Bargeld in Höhe von 7.300 Euro, ein Fahrzeug im Wert von etwa 15.000 Euro, zwei Uhren im Wert von etwa 1.100 Euro und Goldschmuck sichergestellt.

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Nach Angaben der Bundespolizei fanden die Beamten vor allem aber weitere Beweismittel wie elektronische Speichermedien und Smartphones, die nun untersucht werden. Gerade Smartphones haben bei der Aufklärung von Schleuserkriminalität häufig schon eine wichtige Rolle gespielt, weil die Ankunft von Flüchtlingen in Deutschland dokumentiert wird, um diesen Nachweis an etwaige Hintermänner der Schleusung zu schicken.

Libanesen sollen Hintermänner von Schleusungen sein

Um solche soll es sich bei den Libanesen gehandelt haben, sie selbst haben die Schleusungen mutmaßlich organisiert, aber nicht durchgeführt. So steht der 36-Jährige im Verdacht, seit November 2022 in mindestens 15 Fällen die Schleusung von mindestens 87 überwiegend syrischen Staatsangehörigen nach Deutschland organisiert zu haben. Die 38-jährige Frau wiederum soll sich in vier Fällen an der Organisation der Schleusung von mindestens 29 Personen beteiligt haben.

Der Schleuserlohn für die beiden soll nach Erkenntnissen der deutschen Sicherheitsbehörden etwa 130.000 Euro ausgemacht haben. Darüber hinaus soll der 36-Jährige einen weiteren Schleuserlohn von etwa 260.000 Euro erhalten haben. Das Vermögen der beiden Libanesen wurde in Höhe der Schleuserlöhne so lange durch die Behörden eingefroren, bis ein Urteil in dem zu erwartenden Strafprozess fällt. Das aber kann noch etwas dauern. So heißt es in einer gemeinsamen Mitteilung von Bundespolizei Halle und Staatsanwaltschaft Dresden, dass "die Ermittlungen andauern und noch etwas Zeit in Anspruch nehmen werden".