Morgens ist es noch ruhig, die Schwester richtet den Tresen ein, der Arzt, der heute Dienst hat, schließt den Container auf. Darin sind die Utensilien für die Kinderarzt-Praxis. Die ist hier in der neuen Görlitzer Kinderklinik nur zu Gast. Seit wenigen Wochen ersetzt diese kinderärztliche Bereitschaftspraxis die wechselnden Wochenenddienste bei den niedergelassenen Kinderärzten von Görlitz und Niesky.
Wer also am Wochenende, an Brücken- oder Feiertagen ein krankes Kind hat und ein Arztbesuch nicht warten kann, der ist hier erstmal richtig. Erstmal. Denn wenn es doch ein echter Notfall sein sollte, das Kind stationär aufgenommen werden muss, kann das nur wenige Schritte weiter passieren. „Eltern werden mit ihren Kindern praktisch schon am Empfang an die richtige Stelle gelotst“, sagt Dr. Leonhard Großmann. Der Görlitzer Allgemeinmediziner leitet sowohl die Bereitschaftspraxis der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen (KVS) im Klinikum, die Patienten am Wochenende ansteuern können, als auch die neue kinderärztliche Bereitschaftspraxis.
Beide wurden eingerichtet, um den niedergelassenen Ärzten etwas Druck zu nehmen - und für Patienten zentrale Anlaufstellen zu schaffen. Das hektische Gesuche nach dem diensthabenden Arzt fällt damit weg, Anlaufstelle ist das Klinikum. Auch wenn es hier erstmal schwer ist, die richtige Stelle zu finden. Ist die allgemeinärztliche Bereitschaftspraxis gleich beim Haupteingang zu finden, suchen Eltern nach der kinderärztlichen im Moment noch ein wenig länger, räumt auch Dr. Großmann ein. Schließlich ist das gesamte Frauen-Mutter-Kind-Zentrum erst vor wenigen Monaten in Betrieb gegangen, die Kindernotaufnahme mit hierher umgezogen. „Wir versuchen aber die Eltern mithilfe von Aufstellern bestmöglich zu leiten“, so Großmann.
Seit einem knappen Monat ist nun der Wochenenddienst der Kinderärzte im Klinikum, bislang sei es eher ruhig gewesen, schätzt Leonhard Großmann ein. Das spricht auch ein bisschen für die Entscheidung, den Bereitschaftsdienst nur an den Vormittagen - in der Regel 9 bis 13 Uhr - anzubieten. Auch das soll zur Entlastung der Ärzte beitragen. Die, wie Dr. Großmann sagt, zum Teil der neuen Lösung skeptisch gegenüberstanden. „Das war aber damals bei der allgemeinen Bereitschaftspraxis nicht anders, der Aufschrei war groß, aber dann spielte sich alles gut ein. Auch von den Kinderärzten habe ich bislang noch nichts Negatives gehört.“
Nur für wirkliche Notfälle
Und schließlich soll es den Ärzten ja entgegenkommen, die oft 50 bis 60 Stunden pro Woche arbeiten - Bereitschaftsdienste noch gar nicht eingerechnet. Gerade durch die vielen Corona-Tests war so mancher Kinderarzt in den letzten Monaten an seine Grenzen gekommen.
Was ist aber, wenn es einem Kind am Nachmittag so schlecht geht, dass die Eltern es einem Kinderarzt vorstellen wollen. Wer kennt das nicht: Der Mittagsschlaf ist vorbei und plötzlich fiebert das Kind hoch. „Wenn ein wirklicher Notfall vorliegt, ist immer noch die Kindernotaufnahme da. Auch die kassenärztliche Bereitschaftspraxis, die ja nur einige Meter entfernt ist, kann dann mal angesteuert werden“, sagt Leonhard Großmann. Doch meint er damit ausdrücklich nicht diejenigen Fälle, die sich einen Kinderarzt-Besuch auf Sonntag legen, weil es eben organisatorisch besser passt, als sich dann montags ins volle Wartezimmer zu setzen. „Es gibt leider nicht wenige, die das bisher so praktizierten. Vor allem, wenn sie sahen, dass der eigene Kinderarzt Sonntag Dienst hat.“ Mit der Neuerung erfahren Eltern jetzt nicht mehr, welcher Kinderarzt Dienst in der Kinderarzt-Bereitschaft hat - ob es einer der sechs Görlitzer oder eine der zwei Nieskyer Kinderärztinnen. „Wir wollen die nicht berechtigten Inanspruchnahmen reduzieren, betonen aber zugleich: Wer wirklich Hilfe braucht, bekommt sie natürlich“, so Großmann.
Dr. Katalin Müller, die Chefärztin der Kinderklinik möchte Eltern Mut zusprechen: „Wenn Kinder krank werden, sind Eltern oft verunsichert. Bauchweh, Kopfweh oder Fieber bereiten ihnen große Sorgen“, weiß sie aus Erfahrung. Doch nicht immer muss das gleich ein Fall für den Arzt sein: „Sie können bereits zu Hause erste Maßnahmen ergreifen, um ihren Kindern zu helfen. Bei Bauchweh bringt eine Wärmflasche vielleicht die nötige Linderung, Umschläge können gegen Halsschmerzen helfen. Auch die Gabe von schmerz- und fiebersenkenden Mitteln ist möglich.“ Erste Maßnahmen zu Hause zu ergreifen, habe zudem den Vorteil, dass die Kinder nicht dem Stress ausgesetzt sind, zum Arzt zu fahren und dort unter Umständen lange warten zu müssen. „Wenn die Eltern aber verunsichert sind oder das Kind ausgeprägte Krankheitssymptome hat, dann sollten sie natürlich zum Arzt gehen“, so Frau Müller.
Weil die zentralen Bereitschaftspraxen der KVS bislang gute Effekte erzielt haben, sollen sie auf weitere Fachrichtungen ausgebaut werden, kündigt Leonhard Großmann an. Auch wenn das bedeutet, dass mancher vielleicht weiter fahren muss. So wurde unter anderem der augenärztliche Bereitschaftsdienst bereits am Bautzener Krankenhaus zentralisiert - und ist auch für Nieskyer und Görlitzer an Wochenenden und Feiertagen Anlaufstelle.
Öffnungszeiten der kinderärztlichen Bereitschaftspraxis
Wochenenden, Feier- und Brückentage: von 9-13 Uhr.
Außerhalb dieser Sprechzeit ist die Kassenärztliche Bereitschaftspraxis am Klinikum aufzusuchen (Haupteingang; neben der Patientenaufnahme). Diese ist mittwochs und freitags, an Wochenenden, Feier- und Brückentagen jeweils von 15-19 Uhr geöffnet.
Darüber hinaus kann man im Zweifel immer die bundeseinheitliche Telefonnummer 116117 wählen. Hier gibt es Infos zu Öffnungszeiten sowie Verfügbarkeit der unterschiedlichen Notdienste.