Partner im RedaktionsNetzwerk Deutschland
SZ + Update Dippoldiswalde

Glashütte: Erneuter Streit um die Regenwassergebühr

Im letzten Moment hat der Stadtrat der Uhrenstadt einen Rückzieher gemacht. Der Chef des Abwasserbetriebes sagt, wie es jetzt weitergeht.

Von Maik Brückner
 4 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Wer Regenwasser in öffentliche Kanäle leitet, wird zur Kasse gebeten. In Glashütte tut man sich damit schwer - zumindest in den Ortsteilen.
Wer Regenwasser in öffentliche Kanäle leitet, wird zur Kasse gebeten. In Glashütte tut man sich damit schwer - zumindest in den Ortsteilen. © Symbolfoto: Brühl

Neuer Stadtrat, altes Thema. Eigentlich wollte Glashüttes Bürgermeister Sven Gleißberg (parteilos) noch vor der Sommerpause ein Thema vom Tisch räumen: Dabei ging es ums Abwasser und speziell ums Regenwasser. Der Stadtrat sollte dafür ein neues Regelwerk beschließen. Doch dazu kam es nicht. Mit acht zu sechs Stimmen hatte der Stadtrat das Thema vertagt und damit dem neuen Stadtrat übergeben.

Damit folgte der Rat einem Antrag von Andreas Dießler (Wählervereinigung Reinhardtsgrimma). Der hatte kurz vor der Sitzung ein Schreiben an seine Kollegen versandt, um ihnen seine Bedenken zu schildern. In dem Schreiben verwies Dießler darauf, dass es noch Informationsbedarf gebe, speziell zur geplanten Einführung der Niederschlagswassergebühr in den Ortsteilen. Bisher werden nur Glashütter und Schlottwitzer zur Kasse gebeten.

Grundsätzlich sei er dafür, im ganzen Stadtgebiet Gebühren zu erheben, so Dießler. Um möglichst vielen gerecht zu werden, wäre die Schaffung eines Punktesystems sinnvoll. Dießler listete zwölf Punkte auf. So sollten unter anderem die versiegelten Flächen prozentual im Verhältnis zum gesamten Flächeneigentum gewertet werden, "um Versickerungen auf dem eigenen Grund und Boden zu fördern". Für Gewerbebetriebe und Landwirte sollte es gesonderte Regelungen geben, "um einen Anreiz für die wirtschaftliche Entwicklung in unseren Orten zu schaffen." Zudem sollte es für denkmalschutzrelevante Gebäude gesonderte Regeln geben. Auch an Härtefälle sollte gedacht werden.

Da der Eigenbetrieb Abwasser keinen "Gewinn machen" darf, sollte nochmals geprüft werden, ob sich hier Aufwand und Nutzen in richtigem Verhältnis befinden. Es sollte geprüft werden, ob und wie die Gebühren für das Niederschlagswasser grundsätzlich abgeschafft werden könnten. Dazu müssten Diskussionen zur Finanzierung geführt und der rechtliche Rahmen abgesteckt werden.

Doch nicht nur Dießler hatte im letzten Moment Bedenken bekommen. Auch andere Räte plädierten für eine Verschiebung. Jörg Prasser (WV Zeitlos) hatte zwar wenig Zweifel an den Ausführungen der Experten, die das Regelwerk wenige Tage zuvor im Verwaltungsausschuss vorgestellt hatten. Aber eine "hundertprozentige Gerechtigkeit" bekomme man damit nicht hin. Auch er hätte sich gewünscht, dass es vor der Einführung Bürgerversammlungen gegeben hätte. Damit könne man sich Ärger ersparen. Ähnlich sah es Bernd Grahl (CDU). Und auch Tilo Bretschneider (AfD) glaubt, dass es ganz schwer ist, eine gerechte Lösung zu finden. "Die Leute werden versuchen, sich niederschlagsarm zu rechnen." Deshalb würde er gern weiter darüber beraten. Jörg Eichler (WV Reinhardtsgrimma) sprach sich dafür aus, ganz auf diese Gebühr zu verzichten. Die, die sie bis jetzt gezahlt haben, hätten in diesem Fall Pech gehabt.

Chef des Abwasserbetriebes lobt Regelwerk

Auch Befürworter des Regelwerkes meldeten sich: Christian Fiebiger, der Leiter des Eigenbetriebes Abwasser, hat monatelang daran gearbeitet. Er lobte es als absolut rechtssicher. "Es ist die beste Satzung, die wir bekommen konnten", sagte er. Bürgermeister Sven Gleißberg (parteilos) erinnerte den Rat an seine Pflicht: Das Regelwerk sei vom bisherigen Stadtrat auf den Weg gebracht worden und sollte von diesem auch zu Ende gebracht werden, erklärte er. Die Gebühren sind bereits im Wirtschaftsplan des Eigenbetriebes berücksichtigt. Immerhin geht es um rund 23.000 Euro. Zudem sei das Regelwerk auch eine Grundlage, die den Glashüttern und Schlottwitzern aufzeige, wie sie perspektivisch Gebühren einsparen können.

Christian Fiebiger, Chef des Eigenbetriebes Abwasserentsorgung, zur Entscheidung des Stadtrates, die neue Abwassersatzung zu vertagen: "Wir haben wertvolle Zeit verloren."
Christian Fiebiger, Chef des Eigenbetriebes Abwasserentsorgung, zur Entscheidung des Stadtrates, die neue Abwassersatzung zu vertagen: "Wir haben wertvolle Zeit verloren." © privat

Auch Steffen Barthel (WV Johnsbach) sprach sich dafür aus: Der Eigenbetrieb brauche die Einnahmen, um weiter im Abwasserbereich investieren zu können. Sein Kollege Klaus Köhler (WV Reinhardtsgrimma) zeigte Verständnis für die Skeptiker, sprach sich aber auch für das neue Regelwerk aus: "Jede Gebühr tut weh - mir auch." Aber wenn man Leistungen in Anspruch nehme, müsse man dafür bezahlen. Mit der angestrebten Satzung werde versucht, alles gleichmäßig an den Kosten zu beteiligen.

Nach der Absetzung der Beschlüsse war nicht nur Christian Fiebiger, sondern auch Anja Feistel von der Allevo Kommunalberatung sichtlich irritiert. Denn beide waren davon ausgegangen, dass man den Stadtrat in den vergangenen Monaten gut informiert habe. Zuletzt hatte der Verwaltungsausschuss die Satzung einstimmig empfohlen. Und nun mussten beide unverrichteter Dinge die Sitzung verlassen. Fiebiger ärgerte sich über den Zeitverlust. Eigentlich sollte jetzt begonnen werden, alle Grundstücke zu erfassen, um eine Gebührenkalkulation zu erarbeiten. Das wird gut ein Jahr dauern. Nun wird die Zeit knapp. Die Satzung soll jetzt dem neuen Stadtrat, der sich Anfang August konstituiert hat, im Herbst vorgelegt werden. Von den 18 Stadträten sind acht neu am Ratstisch: Andreas Dießler, Jörg Eichler und Bernd Grahl sind nicht mehr dabei.