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Lungentag in Dresden: Wie erkenne ich, ob mein Kind unter einer Allergie leidet?

Kinderpneumologin Christiane Lex spricht im Interview über Ursachen und neue Testmöglichkeiten für Allergien. Am Samstag klärt sie auch beim Deutschen Lungentag in Dresden auf.

Von Kornelia Noack
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Kribbelt es in Nase und Rachen und brennen die Augen? Etwa jedes fünfte Kind entwickelt eine allergische Erkrankung.
Kribbelt es in Nase und Rachen und brennen die Augen? Etwa jedes fünfte Kind entwickelt eine allergische Erkrankung. © 123rf

Birken- und Gräserpollen, die Haare von Hund und Katze oder Nahrungsmittel wie Hühner- und Kuhmilcheiweiß, Erdnüsse und Weizen: Sie gehören zu den häufigsten Allergenen, die bei Kindern eine Reaktion auslösen. Die Symptome reichen von Hautausschlag, Ekzemen, verstopfter Nase und juckenden Augen bis zu asthmatischem Husten. Bei Nahrungsmitteln kommen oftmals Durchfall, Bauchschmerzen und Erbrechen hinzu. „Das kann bis zu einem allergischen Schock gehen mit Schwindel, Blässe und Bewusstlosigkeit“, sagt Pneumologin und Allergologin Professorin Dr. Christiane Lex. Am 28. September 2024 kommt sie mit weiteren Fachmedizinern zum Deutschen Lungentag in Dresden zusammen. Interessierte können sich dabei in Online-Vorträge zu „Asthma und Allergien“ reinklicken.

Frau Professorin Lex, wieso entwickeln einige Kinder eine Allergie und andere nicht?

Da sind zum einen die Gene. Sind die Eltern allergisch, haben die Kinder ein erhöhtes Risiko, ebenfalls eine Allergie zu entwickeln. Wobei es nicht zwingend die Gleiche sein muss. Zum anderen spielen Umweltfaktoren wie Schadstoffe und Nikotin eine Rolle. Hinzukommt die Hygienehypothese. Aus Studien wissen wir: Haben Kinder weniger Infektionen, wächst das Risiko für eine allergische Erkrankung.

Christiane Lex ist Fachärztin für Kinderheilkunde und leitet die Kinderpneumologie/-allergologie der Universitätsmedizin Göttingen.
Christiane Lex ist Fachärztin für Kinderheilkunde und leitet die Kinderpneumologie/-allergologie der Universitätsmedizin Göttingen. © privat

Können schon Schwangere vorbeugen?

In der Vergangenheit wurden verschiedene Sachen ausgetestet, wie etwa die Einnahme von Omega-3-Fettsäuren. Sie sollten das Immunsystem des Neugeborenen verändern, bevor allergische Reaktionen entwickelt werden. Eine offizielle Empfehlung gibt es dafür bislang aber nicht. Oder es hieß auch mal, dass Schwangere auf bestimmte Lebensmittel verzichten sollten, weil sie eine zu hohe Konzentration von Allergenen haben. Auch das wurde nie belegt. Das Wichtigste ist, Schadstoffe und Nikotin zu meiden. Neue Untersuchungen besagen, dass Ungeborene und Kinder, die in einer Gegend mit einer erhöhten Schadstoffkonzentration leben, später ein höheres Risiko für Asthma haben. Wichtig ist außerdem eine gesunde, ausgewogene Ernährung, denn auch Übergewicht bei Mutter und Kind begünstigen Allergien.

Wann ist es Zeit für einen Arztbesuch?

Nicht jeder kleine Hautausschlag oder jeder Husten ist ein Anzeichen für eine Allergie. Treten die Symptome aber immer wieder auf, sollten Eltern das abklären lassen.

Wie läuft die Diagnose?

Um herauszufinden, welches Allergen die Probleme verursacht, fangen wir mit einer ausführlichen Anamnese an. Treten die Reaktionen zu einer bestimmten Jahres- oder Tageszeit auf? Was hat das Kind gegessen? Leiden die Eltern oder Geschwister unter einer Allergie? Dann schauen wir am Körper auf sämtliche Anzeichen, die Hinweise liefern können. Kommt zum Beispiel ein Kind mit Husten, und wir sehen, dass eine Neurodermitis vorliegt, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass es sich um Asthma handelt. Danach machen wir Allergietests.

Ab welchem Alter ist das möglich?

Sehr früh, in der Regel machen wir Tests ab dem sechsten Lebensmonat. Es kommt darauf an, wie relevant es ist und ob das Kind therapiert werden muss. Bei Nahrungsmitteln können wir Tests schon im Alter von einem oder zwei Monaten durchführen. Etwa, wenn der Verdacht auf eine Kuhmilcheiweiß-Allergie besteht. Das würde sich äußern, wenn die Mutter nicht stillt.

Welche Tests gibt es heutzutage?

Der bekannte ist der Hauttest oder auch Pricktest. Da geben wir kleine Mengen von allergenauslösenden Substanzen auf die Haut und lesen nach zehn Minuten die Reaktion ab. Der Vorteil ist, dass das Ergebnis recht schnell da ist und wir es mit den Eltern besprechen können. Etwas länger dauern die Bluttests, mit denen wir spezifische IgE-Antikörper nachweisen können. Die Allergenauswahl hier ist sehr viel größer. Relativ neu ist die Komponentendiagnostik. Damit können wir bei bestimmten Nahrungsmitteln explizit die Allergene bestimmen, die zu einer schweren Reaktion führen. Bluttests sind jedoch relativ teuer.

Bleibt eine Allergie ein Leben lang?

Ganz sicher wissen wir das bei Asthma. Das ist eine chronische Erkrankung der Atemwege, bei der die Bronchien entzündet sind. Viele Kinder haben ab der Pubertät jedoch deutlich weniger oder gar keine Beschwerden mehr. Wobei sich hier die Frage stellt, ob wirklich das Asthma weg ist oder lediglich die Beschwerden. Forschungsstudien zeigen, dass die Entzündungswerte durchaus noch hoch sein können.

Was sind die ersten Asthma-Anzeichen?

Die Kinder reagieren überempfindlich auf verschiedene Reize. Typischerweise äußert sich das mit immer wiederkehrendem Husten. Hinzukommen rasselnde Atemgeräusche. Die Kinder leiden außerdem unter Kurzatmigkeit und einem Engegefühl in der Brust. Die Symptome treten vor allem nachts oder frühmorgens auf oder bei bestimmten Triggerfaktoren wie körperliche Anstrengung, Kälte, Infektionen. Meist Meist beginnt die Symptomatik im Alter von drei bis vier Jahren.

Sollte eine allergische Erkrankung immer behandelt werden?

Ja, das ist wichtig für eine bessere Lebensqualität der Kinder. Wir sehen oft, dass Eltern Angst vor den Medikamenten haben. Wenn aber beispielsweise Asthma nicht frühzeitig behandelt wird, kann es chronisch werden. Beginnt man rechtzeitig mit einer Allergenimmuntherapie, früher hat man Hyposensibilisierung gesagt, lassen sich bestimmte Erkrankungen reduzieren. So wissen wir inzwischen, dass Kinder mit Heuschnupfen weniger Asthma entwickeln als andere. Eine Therapie verhindert auch ein Fortschreiten der Allergie.

Stellen Sie Lungen-Spezialisten Ihre Fragen

  • Unter dem Titel „Allergien und Asthma“ sind Interessierte am 28. September zu einer Online-Veranstaltung im Rahmen des Deutschen Lungentages eingeladen. Gesendet wird live aus dem Haus der Presse in Dresden. Zwischen 11 und 13 Uhr klären Fachmediziner in Vorträgen zu neuen Therapien und Erkenntnissen auf.
  • Eine Anmeldung online ist erforderlich, aber kostenfrei. Teilnehmer erhalten per E-Mail ihren Einwahllink. Bei der Anmeldung können Fragen gestellt werden, die dann live beantwortet werden.
  • Zum Programm gehören Vorträge zu den Themen „Nahrungsmittelallergien“ mit Dr. Blümchen, „Berufsbedingtes Asthma“ mit Professorin Dr. Preisser, „Allergien und Asthma im Kindes- und Jugendalter“ mit Professorin Dr. Lex und „Allergien und Asthma im Erwachsenenalter“ mit Professor Dr. Lommatzsch.