Partner im RedaktionsNetzwerk Deutschland
Leben und Stil
Merken

Was bei Wespen- und Mückenstichen wirklich hilft

Es ist ein Mückenjahr, und jetzt werden auch noch die Wespen aggressiv. Was Linderung schafft und warum das Hausmittel Zwiebel Schaden anrichten kann.

 5 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Diese Mücke ernährt sich gerade von menschlichem Blut.
Diese Mücke ernährt sich gerade von menschlichem Blut. © Patrick Pleul/dpa

Wie reagiert der Körper auf Mückenstiche?

Mücken wollen an unser Blut, weil sie sich davon ernähren. „Sie geben ihren Speichel in die Stichstelle. Und der enthält Substanzen, die dafür sorgen, dass dort das Blut nicht gerinnt“, sagt Professor Thilo Jakob, Direktor der Klinik für Dermatologie und Allergologie des Uniklinikums Gießen.

Dass uns ein Mückenstich lästig wird, liegt an bestimmten Eiweißen des Insektenspeichels. Sie sind dem Körper fremd, wodurch die Mastzellen aktiviert werden. „Die sitzen in der Haut und gehören zu ihrem Abwehrsystem“, erklärt Thilo Jakob. In der Folge werden bestimmte Botenstoffe in der Haut freigesetzt. Sie sorgen dafür, dass die Stichstelle juckt und sich die Gefäße weiten – der Stich schwillt an.

Und wie verhält es sich mit Bienen- oder Wespenstichen?

Diese Insekten wollen ihr Leben verteidigen. „Sie injizieren also ein Gift in die Haut. Weil es eine Fremdsubstanz ist, kommt es ebenfalls zu einer Immunreaktion. Es meldet sich stechender Schmerz, die Hautstelle rötet sich und schwillt an und juckt.

Wie versorge ich einen Wespen- oder Bienenstich richtig?

Steckt noch ein Stachel in der Haut, spricht das dafür, dass eine Biene die Übeltäterin ist. Die Stiftung Gesundheitswissen rät, den Stachel so schnell wie möglich zu entfernen. Hilfe findet man dabei im Portemonnaie. Mit dem Rand einer Plastikkarte kann man den Stachel vorsichtig abschaben. Dabei ist aber tabu, die Stichstelle mit den Fingern zusammenzudrücken. Dadurch übt man nämlich Druck auf den Stachel aus und presst noch mehr Gift in die Haut. Und dann gilt es, zu kühlen. Das hilft dabei, die Ausbreitung des Gifts zu verlangsamen. Sinnvoll ist auch, die Stichstelle zu desinfizieren.

Ein Sonderfall: Hat die Biene oder Wespe im Mund zugestochen, ist das ein Fall für den Notruf 112. Schwellen Schleimhäute oder Zunge stark an, droht lebensbedrohliche Atemnot. Bis Hilfe eintrifft, ist auch hier Kühlen essenziell, zum Beispiel, indem man Eiswürfel lutscht und einen kühlen Umschlag um den Hals platziert.

Kann Spucke die Beschwerden von Insektenstichen lindern?

Kaum steht etwas Süßes auf dem Tisch, kommt eine Wespe nach der anderen angeflogen.
Kaum steht etwas Süßes auf dem Tisch, kommt eine Wespe nach der anderen angeflogen. © Peter Kneffel/dpa

Ja, allerdings nicht, weil darin magische Substanzen stecken. „Spucke ist nichts anderes als eine Flüssigkeit, die man immer dabei hat und die den Stich kühlt“, sagt Thilo Jakob. Denn liegt Feuchtigkeit auf der Haut, reicht schon ein leichter Luftzug, um ihr Wärme zu entziehen. Der Kühleffekt hemmt die Entzündung, die hinter jedem Insektenstich steht und dessen lästige Beschwerden verursacht.

Laut dem Mediziner ist dieser Effekt auch das, was die zahlreichen Hausmittel gegen Insektenstiche eint, also Gurkenscheiben, Weißkohlblätter, Quark oder Zwiebel. Bei Letzterer mahnt er zu Vorsicht. Denn in Zwiebeln steckt viel Säure, wodurch es zu Verätzungen der Haut kommen kann. „Wir haben schon Patienten gesehen, die sich Zwiebelscheiben mit einem schön dicken Verband auf die Haut gemacht und das für 24 Stunden drauf gelassen haben“, erzählt Jakob. Das sei zu viel des Guten.

Was hilft noch?

Ist so ein Mückenstich noch frisch, kann auch Hitze den Juckreiz lindern. Vor allem spezielle Stifte, auch Stichheiler genannt, die auf die Stelle gedrückt werden und dabei Temperaturen von 50 Grad und mehr abgeben. „Dadurch sollen die Eiweiße, die durch den Speichel der Mücke in die Haut gekommen sind, inaktiviert werden“, erklärt Jakob. Außerdem überlagert der durch die Hitze ausgelöste Schmerz den Juckreiz. Denn beides wird über dieselben Nervenfasern übermittelt.

Stichheiler erreichen Temperaturen von 50 Grad und mehr. Die gibt es sogar fürs Smartphone.
Stichheiler erreichen Temperaturen von 50 Grad und mehr. Die gibt es sogar fürs Smartphone. © Z. Scheurer/dpa

Linderung kann auch ein Antihistaminikum zum Auftragen auf die Haut bringen. Diese Wirkstoffgruppe kommt bei Allergien zum Einsatz. „Ich empfehle da Gele, denn die kühlen auch noch“, so Jakob.

Kratzen ist nicht gut – aber wieso?

„Wenn die Haut aufgekratzt ist, können sich da Bakterien ansiedeln und vermehren. Dann kann der Stich nicht ordentlich abheilen.“ Wer vermutet, dass so eine Hautinfektion vorliegt, kann sich in einer Apotheke beraten lassen, dort gibt es frei verkäufliche antiseptische Cremes.

Ärztliche Abklärung ist auch dann wichtig, wenn sich um den Stich eine flächige Rötung ausbreitet, die immer größer wird und etwa von Fieber und Schüttelfrost begleitet werden kann. Dann kann eine Wundrose vorliegen, ausgelöst durch Bakterien, genauer gesagt Streptokokken.

Warum schwellen Stiche manchmal?

Das Ausmaß der Schwellung hängt von der Beschaffenheit des Gewebes ab. Typisches Beispiel: „Wenn Sie einen Mückenstich am Auge haben, kann das ganze Auge zuschwellen“, erklärt Jakob. Auch Mückenstiche an den Beinen schwellen oft stark an. Das liegt daran, dass in den Beinen ein gewisser Wasserdruck gegeben ist.

Und dann gibt es noch Menschen, die sehr stark auf Stiche reagieren, vor allem von Wespen und Bienen. Als normal gilt eine Schwellung bis zu einem Durchmesser von zehn Zentimetern. „Wenn man an der Hand gestochen wurde und die Schwellung bis zum Ellenbogen hochgeht, dann sprechen wir von einer überschießenden Stichreaktion“, sagt Jakob. Auch bei Mückenstichen kann das passieren, einen klaren Größen-Richtwert gibt es hier allerdings nicht. Spätestens, wenn ein Stich handtellergroß wird, sollte man zum Arzt.

Ist so eine überschießende Stichreaktion denn eine Allergie?

Nein. Bei einer Insektengiftallergie treten Symptome unabhängig von der Stichstelle auf. „Wenn jemand in den Fuß gestochen wurde und auf einmal die Kopfhaut juckt, sich Atemnot zeigt und Schwindel auftritt, dann ist das ein klares Zeichen, dass das ganze System reagiert“, so Jakob. Dann zum Arzt. Denn sie können sich zum lebensbedrohlichen allergischen Schock entwickeln. Die gute Nachricht: Es gibt mit der spezifischen Immuntherapie eine Behandlung, bei der der Körper in kleinen Schritten an das Insektengift gewöhnt wird. So tritt bei einem erneuten Stich keine allergische Reaktion mehr auf.

Sehr selten können solche systemischen Reaktionen auch nach Mückenstichen auftreten. Hier gilt laut Jakob das gleiche Prinzip. Wer zehn bis 30 Minuten nach dem Stich Symptome wie eine Nesselsucht, Schwindel, Atemnot oder Engegefühl im Hals erlebt, sollte zum Arzt. (dpa)