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Vier Forderungen für eine bessere medizinische Versorgung in Sachsen

Ein Gesundheitsbündnis erklärt sich bereit, Reformen bei Ärzten und Kliniken anzupacken – und sagt der Landesregierung, wie es geht.

Von Katrin Saft
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Auch die Notaufnahmen werden neu organisiert.
Auch die Notaufnahmen werden neu organisiert. © dpa

Kaum Termine bei Fachärzten, Personalnot in den Kliniken, Apotheken, die schließen – und das alles bei steigenden Kassenbeiträgen. Die medizinische Versorgung in Sachsen wird gefühlt immer schlechter. Die Probleme dürften angesichts von Überalterung und Fachkräftemangel noch größer werden – wenn die künftige Landesregierung nicht gegensteuert. Während sich in anderen Bundesländern noch gestritten wird, wie das gehen soll, wollen Sachsens Akteure im Gesundheitswesen die nötigen Veränderungen gemeinsam anstoßen. Ein breites Bündnis aus Kassen, Krankenhausgesellschaft, Landesärztekammer und Kommunalvertretern hat dazu am Mittwoch ein Vorschlagspapier an alle Landtagsabgeordneten übergeben – „eine Handreichung für die Koalitionsverhandlungen“, sagte AOK Plus-Chef Rainer Striebel. Ziel seien strukturelle Veränderungen, die eine am Patienten orientierte, moderne Gesundheitsversorgung für alle ermögliche.

1. Digital zuerst

Dazu soll künftig sektorenübergreifend behandelt werden – und zwar digital vor ambulant vor stationär. Der Weg dorthin klingt noch abstrakt: bessere Patientensteuerung; sachsenweite Einführung eines Telenotarztsystems; Aufbau von telemedizinischen Netzwerken, an die auch Kliniken auf dem Land angebunden sind; Förderung von Modellprojekten im Bereich der Digitalisierung und der Künstlichen Intelligenz. „Es gibt hier schon gute Ansätze wie das Monitoring bei Herzschwäche, das Krankenhauseinweisungen verringert, oder Physiotherapie mit virtueller Realität“, sagte Erik Bodendieck, Chef der Landesärztekammer. Sie müssten aber mehr gefördert und auch bezahlt werden.

Zudem fordert das Bündnis die Landesregierung auf, für mehr Medizin-Studienplätze zu sorgen, die Landarztquote von 6,5 auf mindestens 13 Prozent zu erhöhen und die Abschlüsse ausländischer Fachkräfte schneller anzuerkennen. Die Landesförderung für die Niederlassung im ländlichen Raum solle auch auf Apotheken ausgeweitet werden.

2. Mehr Geld für Krankenhäuser

In Sachsen soll es künftig „spezialisierte Krankenhausstandorte mit starker regionaler Vernetzung geben“. „Westsachsen hat sich mit dem Modellverbund von 19 Kliniken schon auf den Weg gemacht“, sagte Friedrich München, Chef der Krankenhausgesellschaft Sachsen. Auch in Nordsachsen würden intensive Gespräche laufen. München: „Damit auch die Menschen auf dem Land gut versorgt sind, muss der Freistaat schnellstmöglich die Grundlagen für sektorenübergreifende Gesundheitszentren schaffen.“

Die nötigen Reformen könnten aber nur wirtschaftlich gesunde Krankenhäuser umsetzen. Derzeit sind laut München aber viele Häuser in ihrer Existenz bedroht. Deshalb wird ein zusätzliches Programm „Krankenhaus+“ vorgeschlagen, das jährlich mit mindestens 250 Millionen Euro ausgestattet ist. Auch die Investitionen in die Kliniken – eine Pflichtaufgabe des Freistaats – sollten erhöht werden. „Jetzt sind es etwa 160 Millionen Euro im Jahr“, so München. „Der Bedarf liegt bei 300 bis 350 Millionen.“

3. Weniger Zuzahlung fürs Pflegeheim

Mehr Geld wird auch für die Pflege gefordert. „Der Eigenanteil fürs Pflegeheim ist für viele Menschen nicht mehr zu bezahlen“, sagte Silke Heinke, Leiterin des Verbands der Ersatzkassen in Sachsen. „In der Folge sind die Ausgaben der Kommunen für Hilfe zur Pflege über die Grenzen der Leistungsfähigkeit gestiegen.“ Der Freistaat Sachsen solle deshalb jährlich 100 Millionen Euro mehr in die pflegerische Infrastruktur investieren, was letztlich den Eigenanteil für Pflegebedürftige verringere.

Zudem schlägt das Bündnis vor, ambulante Wohngruppen als Alternative zum Heim und Nachbarschaftshilfe zu fördern.

4. Mehr Vorsorge

In Prävention und Gesundheitskompetenz sieht das Bündnis „die Stellschrauben für gesündere Menschen“, was letztlich auch Behandlungen mindere oder gar vermeide. „Wir müssen es den Bürgern einfach machen, sich gesund zu verhalten“, sagt AOK Plus-Chef Striebel. Das betreffe vor allem Ernährung, Bewegung und Psyche. Gesundheitsbildung gehöre in alle Lehrpläne. Es brauche mehr Bewusstsein und Eigenverantwortung für die Auswirkungen täglicher Entscheidungen auf die Gesundheit.Zur Vorsorge zählt für das Bündnis auch eine klimaangepasste Stadtplanung, die genug Raum für Bewegung und Hitzeschutz berücksichtigt. Der Freistaat soll die Kommunen dabei unterstützen und zudem eine gesunde Gemeinschaftsverpflegung fördern.

Fazit

Die Herausforderungen sind groß. „Allein mehr Geld wird die Probleme nicht lösen“, sagt Rainer Striebel. „Wir können uns Ineffizienzen nicht länger leisten.“ Die Akteure im Gesundheitswesen seien bereit, die dringend nötigen Veränderungen gemeinsam mit der Politik anzupacken.