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Hausnotrufe in Sachsen: Ähnliche Leistungen, unterschiedliche Preise

In Sachsen bieten vor allem Wohlfahrtsverbände den Hausnotruf-Service an, damit im Notfall Hilfe zu alten oder kranken Menschen kommt. Ein Überblick.

Von Susanne Plecher
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Charlotte Theß auf ihrem Balkon einer Seniorenwohnanlage in Chemnitz. Das besondere Hausnotruf-Armband gibt ihr Sicherheit im Alltag.
Charlotte Theß auf ihrem Balkon einer Seniorenwohnanlage in Chemnitz. Das besondere Hausnotruf-Armband gibt ihr Sicherheit im Alltag. © kairospress

Charlotte Theß war 83 Jahre alt, als sie ihren Hausstand in Aue auflöste und nach Chemnitz zog. Sie wollte in der Nähe ihrer Kinder leben und hat sich in einer Seniorenwohnanlage der Volkssolidarität eingemietet. Mit ihr zog auch ein Hausnotruf ein: ein kleiner grauer Kasten und ein besonderes Armband mit Alarmknopf. Morgens bindet sie es sich um das rechte Handgelenk, abends legt sie es auf ihrem Nachttischchen ab.

Seit sie es trägt, fühlt sie sich sicherer. „Das ist eine Beruhigung für mich und auch für die Kinder. Sonst fällt man hin und es merkt keiner“, sagt die betagte Dame. Ende Mai wird sie 91 Jahre alt.

Was ist ein Hausnotruf?

Hausnotrufsysteme basieren auf Telefontechnik, die es alten oder gesundheitlich beeinträchtigten Menschen erleichtert, sich selbst Hilfe zu organisieren und dadurch länger zu Hause wohnen bleiben zu können. Inzwischen gibt es auch mobile Notruflösungen mit GPS-Ortungsfunktion, die mittels einer Notrufuhr außerhalb der Wohnung funktionieren. Sie ermöglichen es, alleine spazieren oder einkaufen zu gehen und trotzdem sicher zu sein.

So kann eine Basisstation aussehen. Andere Modelle sind nicht an der Wand verschraubt.
So kann eine Basisstation aussehen. Andere Modelle sind nicht an der Wand verschraubt. © kairospress

Wie funktioniert der Hausnotruf?

Viele Anbieter in Sachsen haben sich auf die Hausnotrufe spezialisiert. Die Volkssolidarität zum Beispiel schon seit 25, die Stadtmission Chemnitz sogar seit 26 Jahren. Grundsätzlich arbeiten die Systeme nach dem gleichen Prinzip und bestehen jeweils aus einer Basisstation und einem Sender mit Notrufknopf. Diesen gibt es als Armband oder als Kette. Wird der Knopf gedrückt, erhält die Basisstation ein Funksignal und verbindet sich danach automatisch mit der Notrufzentrale.

Per Freisprechanlage nimmt die Rufbereitschaft Kontakt auf und schickt bei Bedarf Hilfe. Im medizinischen Notfall ist das der Notarzt, vor allem, wenn derjenige, der den Notruf ausgelöst hat, nicht antwortet. Denn dann könnte er bewusstlos sein, einen Schlaganfall oder Herzinfarkt erlitten haben. Diese Leistung übernimmt die Kommune. Braucht der Anrufende aber pflegerische Hilfe, wird ein Einsatzteam zu ihm geschickt. Diese Kosten sind meist extra zu erstatten.

Für wen ist er geeignet?

Die größte Hürde ist für viele, sich den Hilfebedarf einzugestehen. „Die realistische Selbsteinschätzung fällt nicht leicht“, sagt Rico Lindner vom Volkssolidarität Hausnotrufdienst. „Häufig sind ein Sturz oder eine Notfallsituation der Auslöser dafür“, weiß Cornelius Bischoff von der Stadtmission Chemnitz. Nachgefragt wird der Service meist von Senioren, die allein leben und gesundheitlich eingeschränkt sind.

„Aber er ist auch geeignet für jüngere Menschen wie Risikoschwangere, Menschen mit chronischen Erkrankungen oder Personen mit Behinderungen“, sagt Juliane Federowski vom Arbeiter-Samariter-Bund.

Wann übernimmt die Pflegekasse den Hausnotruf?

Für Pflegebedürftige ab dem Pflegegrad 1 bezuschusst die Pflegekasse den Hausnotruf mit 25,50 Euro. „In der Regel wird damit die Basisvariante abgedeckt – aber nur, wenn sie noch daheim wohnen, dauerhaft oder über weite Teile des Tages allein sind und sich selbst mit einem handelsüblichen Telefon keine Hilfe holen können“, erklärt Claudia Szymula von der Barmer. Zudem muss mit einer Notsituation aufgrund einer Erkrankung wie Gleichgewichtsstörungen, Fallneigung oder Herzanfälle zu rechnen sein. Ein Rezept ist nicht erforderlich.

„Der Anbieter rechnet die monatlichen Kosten direkt mit der Pflegekasse ab“, sagt Sachsens Barmer-Chefin Monika Welfens. Die AOK Plus zum Beispiel übernimmt derzeit die monatliche Basisvariante für 25.300 ihrer Versicherten, die Techniker Krankenkasse zahlt sie für 17 Prozent ihrer Versicherten. 2022 machte dort der Hausnotruf 28 Prozent der Pflegehilfsmittel aus. Der Antrag kann formlos gestellt werden. Viele Anbieter übernehmen das für ihre Kunden. Der Zuschuss ist unabhängig vom Pflegegeld.

So sieht das Armband mit Alarmknopf aus.
So sieht das Armband mit Alarmknopf aus. © kairospress

Was beinhaltet das Basispaket?

Das Basispaket beinhaltet in den meisten Fällen Empfangsgerät, Sender, deren Einrichtung und Wartung sowie einen Ansprechpartner rund um die Uhr. Die Grundausstattung lässt sich mit Serviceleistungen oder technischem Zubehör ergänzen.

Das können zum Beispiel Fallsensoren, Rauchmelder oder eine Tagestaste sein, die automatisch einen Notruf auslöst, wenn sie 24 Stunden lang nicht gedrückt wurde. Entsprechend steigt der Preis. Die Kosten für solche Zusatzleistungen gestalten sich sehr unterschiedlich und sind meist nicht online veröffentlicht. Man erfährt sie auf Anfrage.

Weil die meisten Wohlfahrtsverbände regional organisiert sind, kann es auch hier Preisunterschiede geben. Wie sich die Kosten für den Hausnotruf zusammensetzen können, haben wir bei verschiedenen Anbietern in Sachsen erfragt.

Das kosten Hausnotrufe in Sachsen monatlich (stichprobenhafte Auswahl)

Arbeiter-Samariter-Bund (Sachsen)

Anschlussgebühr: kostenlos

Basispaket: circa 25,50 Euro, je nach Region und ASB-Gliederung kann der Preis leicht abweichen.

Zusatzleistungen: Tagestaste, Rauchmelder, Erinnerung zur Medikamenteneinnahme, Schlüsselhinterleg. Keine Preisangabe.

Wer fährt die Einsätze?: Geschulte Helferteams, Notfallhelfer über hausinterne ASB-Sozialstationen oder Kooperationspartner.

Deutsches Rotes Kreuz (Sachsen):

Anschlussgebühr: kostenlos

Basispaket: ab 30,50 Euro

Zusatzleistungen: Schlüsselhinterlegung (keine Preisangabe), mobile Notruflösungen ab 38,50 Euro

Einsatzkosten: im Basispaket enthalten

Wer fährt die Einsätze?: Kooperationspartner wie Pflegedienste oder Sozialstationen

Arbeiterwohlfahrt (Döbeln):

Einmalige Anschlussgebühr: 14,51 bis 25 Euro.

Basispaket: 25,50 Euro.

Zusatzleistungen: Schlüsselaufbewahrung in der Anschlussgebühr inkludiert

Einsatzkosten: je nach Uhrzeit und Einsatzort von 45 bis 80 Euro pro Stunde

Wer fährt die Einsätze?: ausschließlich Mitarbeiter der AWO Döbeln

Volkssolidarität Dresden:

Einmalige Servicegebühr: 45 Euro.

Basispaket: 25,50 Euro

Zusatzleistungen: Schlüsselhinterlegung: 16 Euro, zweiter Handsender bei zwei Personen im Haushalt: 10 Euro

Einsatzkosten: 50 Euro

Wer fährt die Einsätze?: Kooperationspartner in Dresden

Stadtmission (Chemnitz):

Anschlussgebühr: kostenlos

Basispaket: 25,50 Euro

Zusatzleistungen: Sicher-Plus: 15 Euro (enthält Schlüsselhinterlegung, Tagestaste zur Aktivitätsmeldung, Rufbereitschaftsdienst ist Pflegepersonal); weiterer Funksender: 5 Euro, Rauchmelder: 7,50 Euro, Fallsensoren: 7,50 Euro.

Einsatzkosten: berechnet werden nur die anfallenden Kosten, keine Pauschale

Wer fährt die Einsätze?: Ein eigenes Rufbereitschaftsteam mit erfahrenem Pflegepersonal.

Die Stadtmission Dresden hat keinen eigenen Hausnotruf.

Johanniter Unfalhilfe (Kreisverband Erzgebirge):

Einmalige Anschlussgebühr: 49 Euro

Basispaket: 25,50 Euro,

Komfortpaket: 55 Euro, enthält Schlüsselhinterlegung und Einsatznotruf. Alle Reparaturkosten sind jeweils inklusive.

Wer fährt die Einsätze? Die Johanniter.

Malteser (bundesweit):

Anschlussgebühr: inklusive

Basispaket: 25,50 Euro

Zusatzleistungen: Paket Komplettsicherheit: inkl. Bereitschaftsdienst für Einsätze vor Ort, Schlüsselhinterlegung. Tagestaste) 52,40 Euro. Paket Komplettsicherheit Plus (wie Komplettsicherheit plus Bewegungsmelder): 56,90 Euro

Einsatzkosten: z.T. inkludiert

Wer fährt die Einsätze?: Malteser oder von ihnen ausgebildete Pflegekräfte

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Charlotte Theß hat den Knopf bislang einmal drücken müssen, weil sie allergisch auf eine Tablette reagiert hatte. „Innerhalb einer Stunde war der Arzt da und ich im Krankenhaus“, sagt sie. Aus ihrer Stimme klingt nicht Aufregung wegen des Vorfalls, sondern Beruhigung wegen der schnellen Hilfe. Einmal hat sie aus Versehen auch einen falschen Alarm ausgelöst.

Das Armband war ihr heruntergefallen und sie darauf getreten. „Ich war erschrocken, weil mich da plötzlich ganz laut jemand aus der Basisstation ansprach“, sagt sie. Heute lacht sie darüber und ist froh über die Gewissheit, dass das System funktioniert und ihr im Notfall geholfen wird.