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Mehr Keuchhusten-Fälle in Sachsen

Keuchhusten wird unterschätzt und trifft derzeit vor allem Teenager und Erwachsene. Die Gefahr der Ansteckung ist hoch - auch wegen des mangelnden Impfschutzes.

Von Stephanie Wesely
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Vor allem Jugendliche und junge Erwachsene in Sachsen erkranken häufiger an Keuchhusten.
Vor allem Jugendliche und junge Erwachsene in Sachsen erkranken häufiger an Keuchhusten. © dpa

In Sachsen erkranken wieder mehr Menschen an Keuchhusten. Von Jahresbeginn bis zur dritten Juliwoche wurden bereits 663 Fälle gemeldet – ein Anstieg im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um mehr als das Neunfache. Bundesweit sieht es mit bislang 10.608 labordiagnostisch bestätigten Fällen ähnlich aus.

Keuchhusten ist eine hochansteckende, durch Bakterien ausgelöste Krankheit, mit der man sich durch Tröpfchen infiziert. Sie wird nach Einschätzung der Barmer unterschätzt. „Viele Erwachsene halten sie für eine Kinderkrankheit“, sagt Landesgeschäftsführerin Monika Welfens. Laut Robert Koch-Institut (RKI) treten inzwischen aber zwei Drittel aller Keuchhusten-Fälle bei Erwachsenen auf. Die Erkrankten sind im Schnitt zwischen 35 und 42 Jahre alt.

„Keuchhusten verläuft bei Erwachsenen und Kindern unterschiedlich“, so Welfens. Der Husten sei bei Erwachsenen zwar lang anhaltend, aber weniger heftig. Das typische Keuchen, Erbrechen und Fieber trete seltener auf. Das könne dazu führen, dass die Krankheit nicht erkannt werde. Welfens: „Offiziell kommen derzeit in Sachsen wöchentlich 40 bis 50 neue Fälle hinzu – die meisten in den Städten Leipzig und Dresden, aber auch in Ostsachsen und im Erzgebirgskreis.“ Auch viele Teenagern würden erkranken. Die Dunkelziffer ist hoch.

Ursache des Infektionsgeschehens sind laut Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte nicht nur Nachholeffekte aus der Pandemiezeit, sondern vor allem mangelhafter Impfschutz. Die Ständige Impfkommission empfiehlt eine dreiteilige Grundimmunisierung für Babys sowie je eine Auffrischimpfung im Alter von 5 bis 6 und von 9 bis 16 Jahren. Erwachsene sollten bei der alle zehn Jahre fälligen Tetanus- und Diphtherie-Auffrischimpfung auch nochmals gegen Keuchhusten geimpft werden.

Doch insbesondere Jugendliche erhalten die empfohlene Auffrischimpfung oft nicht. Das belegen Zahlen aus dem Sozialministerium Sachsen. Waren zur Kita-Untersuchung 2022/23 noch knapp 92 Prozent der Kinder vollständig gegen Keuchhusten geimpft, traf das in der sechsten Klasse nur noch auf 41,5 Prozent zu. „Die Impfraten bei den Sechstklässlern waren schon immer niedrig, sind aber in den letzten beiden Jahren weiter gesunken“, so eine Sprecherin.

Gesundheitsministerin Petra Köpping (SPD) mahnt deshalb dringend zur Schutzimpfung oder regelmäßigen Auffrischung. Denn Keuchhusten kann man mehrmals bekommen. Zu den Risikogruppen gehören ältere und kranke Menschen, bei denen eine Lungenentzündung auftreten kann. Aber auch für Säuglinge ist die Infektion gefährlich. Köpping: „Bei Menschen mit erhöhtem Risiko sollten auch Kontaktpersonen geimpft sein.“

Zwei Gruppen besonders gefährdet

Um vor allem Säuglinge vor Ansteckung zu schützen, sollten sich Schwangere zu Beginn des letzten Schwangerschaftsdrittels gegen Keuchhusten impfen lassen – unabhängig von der letzten Auffrischung. So empfiehlt es die Ständige Impfkommission. Damit wird ein sogenannter Nestschutz für das neugeborene Kind aufgebaut, der es bis zur ersten Impfung ab dem dritten Lebensmonat schützt. Deutschlandweit sind nur etwa 40 Prozent der Schwangeren geimpft.

Das Gesundheitsministerium erklärt, dass auch ein erhöhtes Testaufkommen und neue Labormethoden zum „erheblichen Anstieg“ der Fallzahlen beigetragen haben.