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Antibiotikaresistente Erreger auf jedem zweiten Lidl-Hühnchen

Durchfallerreger, Fäkalkeime, Salmonellen: Eine EU-weite Analyse von 142 Produkten brachte Ekelhaftes zutage.

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Produkte wie diese Hähnchenflügel sind im Labor untersucht worden.
Produkte wie diese Hähnchenflügel sind im Labor untersucht worden. © Albert Schweitzer Stiftung für

Steaks, Schenkel, Keulen und Schnitzel von Hühnchen bereiten sich viele gern zu. Das könnte sich bald ändern, wie der Spiegel berichtete. Am Montag hatte die Zeitschrift die Ergebnisse einer Untersuchung von Hühnerfleischprodukten bei Lidl veröffentlicht. Sie seien besorgniserregend oft mit antibiotikaresistenten und anderen Krankheitserregern belastet. Auf jeder zweiten Probe befanden sich dem Bericht zufolge Bakterien, die mindestens gegen ein Antibiotikum immun sind. Daneben tummelten sich Fäkalkeime und Durchfallerreger auf der Mehrheit der Proben.

Insgesamt sind 142 Eigenmarkenprodukte aus 22 Lidl-Filialen in Deutschland, Italien, Spanien, Großbritannien und Polen durch ein unabhängiges Labor in Deutschland mikrobiologisch geprüft worden. Alle Proben wurden zwischen Dezember 2023 und März 2024 gekauft, die Kühlkette dabei streng überwacht und eingehalten. Die deutschen Proben stammten alle von der Lidl-Eigenmarke „Metzgerfrisch“ und aus Haltungsform 2 („Stallhaltung Plus“). Sie wurden in Lidl-Filialen in Berlin, Oldenburg, Duisburg und Koblenz gekauft.

Das Labor testete die Fleischproben auf ESBL-bildende Erreger, das sind potenziell multiresistente Bakterien, sowie auf MRSA (Methicillin-resistente Staphylococcus aureus) und wurde bei der Hälfte aller Proben fündig. Von den Proben aus Deutschland war ein Drittel belastet, von den spanischen 71 und von den englischen 58 Prozent. Die Keime können Harnwegsinfektionen, Lungenentzündungen oder Blutvergiftungen hervorrufen.

Salmonellen auf fast jeder zehnten Probe

Bei 75 Prozent aller Proben fand das Labor zudem Fäkalkeime: Enterokokken, Escherichia coli oder beide. Sie sind Indikatoren für einen Kontakt des Fleischs mit dem Darminhalt der Tiere. Diese Keime können beim Menschen Durchfälle, Harnwegsinfekte, Blutvergiftungen oder andere Organerkrankungen verursachen. Bei den deutschen Proben betrug der Anteil an mit Enterokokken belasteten Proben überdurchschnittliche 67 Prozent. Mehr Enterokokken-Treffer gab es nur bei den polnischen Proben mit 80 Prozent. E. coli konnte das Labor auf der Hälfte der deutschen, auf 75 Prozent der italienischen und auf 83 Prozent der spanischen Proben nachweisen.

Salmonellen, die beim Menschen zu Blutvergiftungen führen können, sind auf fast jeder zehnten Probe gefunden worden. Besonders negativ ist hier Italien aufgefallen. Dort waren 46 Prozent belastet.

Auf einem Viertel der deutschen Proben hat das Labor Listerien nachgewiesen. Eine Infektion damit kann bei Ungeborenen zu schweren Schäden bis hin zu Fehlgeburten und bei Menschen mit geschwächter Immunabwehr zu schweren Erkrankungen führen, die oft tödlich enden. Es geht eklig weiter: Auf jeder zweiten deutschen Probe und 83 Prozent der spanischen Proben fand das Labor Campylobacter, die Durchfälle bis hin zu Lähmungserscheinungen verursachen können.

Massentierhaltung fördert resistente Keime

Die Herkunft solcher Keime liegt zum großen Teil in der Massentierhaltung. Videoaufnahmen aus den Ställen europäischer Lidl-Lieferanten belegen, unter welchen Bedingungen Hühner gemästet werden: Tausende überzüchtete und kranke Tiere vegetieren in zugekoteten Ställen und zwischen toten Artgenossen vor sich hin – ein Paradies für Krankheitserreger.

Ist ein Tier erkrankt, erhalten alle, meist mehrere Tausend Tiere, in den sehr großen Ställen Antibiotika. Das fördert die Entstehung resistenter Bakterien. „Die Ergebnisse sollten uns alle wachrütteln“, sagt Mahi Klosterhalfen, Präsident der Albert Schweitzer Stiftung, die sich für den Tierschutz einsetzt und die Untersuchung beauftragt hatte. Der Discounter müsse bei seinen Lieferanten für eine flächendeckend bessere Hühnerhaltung sorgen. (dpa/ots)