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Zettelwirtschaft war gestern: Kassenbon wird elektronisch

Ob als App oder QR-Code: Immer mehr Händler führen den E-Bon ein. Das ist praktisch, hat aber auch ein paar Tücken.

Von Sylvia Miskowiec
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Ein Blick aufs Handy statt auf Papier: Auch E-Bons sollten direkt nach dem Einkauf kontrolliert werden.
Ein Blick aufs Handy statt auf Papier: Auch E-Bons sollten direkt nach dem Einkauf kontrolliert werden. © 123rf

Eine halbe Million Kilometer – so lang müsste die Kassenbonrolle sein, auf der alle Quittungen des deutschen Einzelhandels stehen könnten. Pro Monat. Doch sie wird kleiner. Denn wie Edeka oder Lidl bieten immer mehr Supermärkte und Discounter auch E-Bons an: Belege, die als Mail verschickt werden oder die in der jeweiligen Händler-App hinterlegt sind.

Was sind die Vorteile des E-Bons?

Kein lästiges Suchen mehr, keine Zettelwirtschaft im Portemonnaie, alles an einem Ort – das sind viele Menschen neben der Papierersparnis die Hauptargument für den E-Bon. In der App lassen sich die Einkäufe und die ausgegebenen Summen auch noch Monate im Nachhinein abrufen und vergleichen.

Was muss ich beim E-Bon beachten?

Freunde der papiernen Variante argumentieren oft damit, sofort die bezahlten Einkäufe kontrollieren zu können. „Das sollte man mit dem E-Bon auch gleich tun“, rät Micaela Schwanenberg von der Verbraucherzentrale Sachsen. Auch der elektronische Beleg sollte gleich nach dem Bezahlen in der App oder als Mail zum Check bereitgestellt werden. Denn die meisten Einzelhändler akzeptierten nur eine sofortige Reklamation. Allerdings klappt das mit dem Bereitstellen nicht immer, wie etwa der Discounter Lidl zugibt: „Bei technischen Problemen kann es manchmal vorkommen, dass der Kassenbon nicht sofort in der App erscheint. Selten kann es zu einer Verzögerung von bis zu 24 Stunden kommen.“ Dann aber sei eine Reklamation, beispielsweise wegen zu viel abgerechneter Produkte, schwer möglich, gibt Schwanenberg zu bedenken. „Ich kann schlecht am nächsten Tag wieder in den Supermarkt gehen und behaupten, ich hätte nur zwei statt drei Gurken gekauft.“

Zudem könnten die Zusatzschritte für den E-Bon – Handy rausholen, Beleg aufrufen – manchen von der Kontrolle direkt nach dem Bezahlen abhalten, vom schlechten Empfang in manchen Läden ganz zu schweigen. Und Achtung: Es reicht nicht aus, wenn dem Kunden an der Kasse nur auf einem Bildschirm der elektronische Beleg gezeigt wird. Der E-Bon muss wirklich erstellt werden, so eine Anordnung des Bundesfinanzministeriums.

Reicht der digitale Kassenbon auch für einen Umtausch?

Ja, da steht er dem papiernen Beleg in nichts nach. „Wer einen QR-Code gescannt hat, sollte den dann angezeigten Beleg abspeichern“, rät Schwanenberg. „In den Apps wird er ohnehin hinterlegt.“

Muss ich zwingend auf die elektronische Variante umsteigen?

Nein, der E-Bon ist nur eine Option: Kunden müssen weiterhin die Wahl haben. Händler dagegen haben sie bis auf wenige Ausnahmen seit vier Jahren nicht mehr. Die Einführung der sogenannten Belegausgabepflicht sollte vor allem Steuerbetrug eindämmen, so Florian Köbler, Bundesvorsitzender der Deutschen Steuergewerkschaft. Jedes verkaufte Bier, jedes verkaufte Brötchen, alles müsse in der Bilanz auftauchen. Forderungen des Einzelhandels nach einer Bagatellgrenze, etwa erst ab 15 oder 20 Euro einen Bon auszustellen, verliefen auch aus diesem Grund bislang ins Leere. In Nachbarländern Deutschlands ist man da entspannter. Frankreich etwa hat vor einem Jahr die Bonpflicht komplett abgeschafft. Dort gibt es den Beleg nur noch auf ausdrücklichem Wunsch.

Wie ist es um den Datenschutz bestellt?

Hier kommt es darauf an, wie der E-Bon zugestellt wird. „Wer wie bei Edeka nur einen QR-Code einscannt und dann zu einer Seite gelangt, auf der die Quittung zum Download hinterlegt ist, gibt am wenigsten persönliche Daten preis“, so Schwanenberg. Bei allen Kunden-Apps dagegen müsse jedem klar sein, dass er eine Menge persönlicher Daten freigibt. „Wer mit der App auch bezahlen will, muss neben seinem Namen und Geburtsdatum auch Konto- oder Kreditkartendaten in der App hinterlegen“, sagt die Verbraucherschützerin. „Aber ob die Supermarkt-App immer den eigenen Standort kennen muss, ist fraglich.“ Also am besten die App-Einstellungen prüfen und entsprechende Berechtigungen entfernen. „Nicht zuletzt müssen wir bedenken, dass wir mit unseren Einkäufen durchaus tiefe Einblicke in unser Leben geben und den Händlern ermöglichen, auf uns zugeschnittene Werbung zu schicken.“ Diese wiederum könne zu mehr Spontankäufen führen. „Zudem verleiten diese Angebote dazu, Preise nicht mehr zu vergleichen, weil man doch gerade meint, das ultimative Schnäppchen zu machen.“

Werden Nutzer von digitalen Bons bevorzugt behandelt?

Jein. Denn oftmals bieten Händler bestimmte Rabatte nur den Kunden an, die auch die App des Supermarktes nutzen. „Wir haben dazu schon mehrfach Anrufe von Kunden bekommen, die das als unfair empfinden“, sagt Schwanenberg. Rechtlich möglich ist es aber.

Gibt es für alle Einkaufswaren einen E-Bon?

Gemäß zweier Gerichtsurteile aus dem vergangenen Jahr müssen Händler für Ware, die an der Kasse gewogen wird, weiterhin einen Papierbon ausstellen. So schreibe es die europäische Richtlinie vor, argumentierten die Richter des Verwaltungsgerichts Osnabrück. Tatsächlich heißt es zur sogenannten Wiegeware in 2014/31/EU, dass „alle Angaben (...) auf einem Bon oder Etikett für den Kunden ausgedruckt werden“ müssen. Wo dies nicht geschieht, droht den Händlern Ärger vom Eichamt.

E-Bons: Wer macht mit – und wer nicht?

  • dm: Bereits seit drei Jahren können sich dm-Kunden in der App „mein dm“ Quittungen hinterlegen lassen.
  • Edeka: Kunden können für einen elektronischen Kassenbeleg entweder einen QR-Code an der Kasse scannen, um auf eine Internetseite zu gelangen, die den Bon anzeigt und zum Download anbietet. Alternativ kann er in der Edeka-App hinterlegt werden.
  • Kaufland: Seit Juli dieses Jahres gibt es den Beleg in der Kaufland-App. Um diese zu nutzen, müssen sich Kunden für die Kaufland-Card registrieren.
  • Lidl: An der Kasse wird die digitale Lidl Plus Kundenkarte gescannt, um den Bon in die Lidl-App zu laden. Hat man das Handy vergessen, kann das Kassenpersonal den Beleg über die Rufnummer des Handys zuordnen.
  • Netto: Die eigene App bietet neben Punkte-Sammelmöglichkeiten auch die Ablage von E-Bons.
  • Rewe: Kunden müssen sich für die Rewe-App registrieren. Bons sollen dort für bis zu drei Jahre einsehbar sein.
  • Aldi: Weder bei Aldi Nord, der in Sachsen vertreten ist, noch bei Aldi Süd werden E-Bons ausgestellt. Zwar testet der Lebensmittelhändler in Belgien ein Treueprogramm, in das sich ein E-Bon integrieren ließe, aber für den deutschen Markt ist das noch Zukunftsmusik.
  • Norma: Angebote und digitale Einkaufszettel gibt es in der Norma-App, aber noch keinen digitalen Kassenzettel.
  • Penny: Die eigene App sammelt laut Penny keine Daten – bietet aber auch keinen digitalen Bon, sondern nur exklusiv für Nutzer eingestellte Sonderangebote.
  • Rossmann: Der Drogeriemarkt hat zwar eine Kunden-App für Rabattangebote, doch ein digitaler Bon der Einkäufe wird nicht hinterlegt.