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Gekritzel an der Hauswand

Graffitisprayer haben gleich mehrere Fassaden in der Innenstadt beschmiert. Dabei wurden sie beobachtet.

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© Klaus-Dieter Brühl

Von Nina Schirmer

Radeburg. Auf das Aussehen kam es den Tätern nicht an. Ihr Ziel war es, so viele Graffitikürzel wie möglich in kurzer Zeit an die Hauswände der Radeburger Innenstadt zu bringen. Bombing nennt sich das im Graffiti-Jargon. Auf Deutsch: Bombardierung. Für die Bewohner der bekritzelten Häuser kam das böse Erwachen am nächsten Morgen.

Auch Klaus Kroemke muss am vorletzten Mittwoch feststellen, dass sein Haus in der August-Bebel-Straße in der Nacht beschmiert wurde. Besonders ärgerlich: Erst vor Kurzem hatte er die Wand neu streichen lassen. Auch an seiner Garage prangt der Schriftzug in leuchtendem Rot. Schräg gegenüber an Hausnummer 5 ebenso. Man muss genau hingucken, um zu entziffern, was an den Mauern geschrieben steht. „Saubär“ heißt das Wort, gesprayt in verschnörkelten Buchstaben. Offenbar ein Wortspiel zu „sauber“. Häufig sind die sogenannten Tags Spitznamen, mit denen sich die Sprayer in der Szene einen Namen machen wollen.

Die Kroemkes melden den Vandalismus bei der Polizei. Von einem Beamten erfahren sie, dass ihre Beschwerde bereits die Elfte ist. Auch in der Meißner Straße, der Alten Straße und der Portikusgasse sind die Kürzel an Fassaden aufgetaucht. Außerdem wurde ein Reweschild, ein Stromkasten und ein Container der Volksbank am Markt besprüht. Polizeisprecherin Ilka Rosenkranz bestätigt, dass sich mehr als zehn Geschädigte gemeldet haben. Tatverdächtige habe die Polizei bisher noch nicht. „Die Ermittlungen laufen gegen Unbekannt“, so Rosenkranz.

Klaus Kroemke vermutet, dass die Sprayer zwischen halb und um zehn am Abend unterwegs waren. Ein Mann habe um diese Zeit zwei Sprayer gesehen, als er mit seinem Hund einen späten Spaziergang machte. Als die Täter ihn bemerkten, seien sie von einem Elektrokasten gesprungen und davon gerannt. „An einem anderen Haus haben sie direkt unter das Fenster gesprüht“, sagt Kroemke. Der Bewohner soll von drinnen komische Geräusche gehört, sich aber nichts dabei gedacht haben. Gut möglich, dass die Sprayer bei dieser Aktion den besonderen Kick suchten.

Wie hoch der entstandene Sachschaden ist, steht noch nicht fest. Die Kroemkes wollen die Schmierereien an ihrer Wand schnellstmöglich überstreichen.

Im Internet sorgen die Schmierereien bei vielen Radeburgern für Empörung. Auf der Facebook-Seite des Radeburger Anzeigers schreibt eine Bürgerin: „Jeder Künstler hat die Möglichkeit sein Talent zu leben, aber bitte nicht auf so eine Art.“ Eine andere Nutzerin drückt es drastischer aus. „Völlig hohl“, findet sie die Aktion. „Hoffentlich werden die Täter zur Rechenschaft gezogen.“ Laut Polizeisprecherin Rosenkranz ist das durchaus möglich. Obwohl die Ermittlungen bei illegalen Graffiti schwierig sind, wenn die Sprayer nicht auf frischer Tat ertappt werden. Es komme aber vor, dass sich die Sprayer im Internet brüsten und so ermittelt werden. Oder, wenn die Polizei bei Hausdurchsuchungen Skizzenbücher und Sprühdosen findet.

Eine freizugängliche Fläche, wo legal gesprüht werden darf, gibt es in Radeburg bisher nicht. Auch der wöchentliche Graffiti-Workshop am Schulclub „Zillebunker“ war zuletzt wegen fehlender Fördergelder eingeschlafen. Nun soll er aber bald wiederbelebt werden, sagt Marcus Boros von der Mobilen Jugendarbeit. Bei diesen Workshops mit Graffitikünstlern aus der Region werden den Schülern auch ethische Werte zum Thema vermittelt. Ältere Jugendliche, die nicht in den Schulclub gehen, können sich außerdem jederzeit über die Mobile Jugendarbeit bei Streetworker Marcus Boros melden, wenn sie Lust haben, zu sprayen. „Ich suche dann den Kontakt zu Stadtverwaltung, um legale Flächen zu finden“, sagt Boros. Auch bei den Motiven könnten die Jugendlichen jederzeit Wünsche äußern.