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Gegenkurs beim Gift-Skandal

Landrat, Kreisräte und Oberbürgermeister werfen dem Freistaat ein zu hartes Vorgehen gegen die Winzer vor.

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© Claudia Hübschmann

Von Peter Anderson

Meißen. Das hat es in dieser Schärfe noch nicht gegeben. Die politischen Spitzen im Landkreis Meißen protestieren geschlossen und über Parteigrenzen hinweg gegen die Politik der Staatsregierung.

Die Schritte, welche Dresden im Skandal um Rückstände des Insektengift Dimethoat in sächsischen Weinen eingeleitet habe, seien „unverhältnismäßig und mit dem europäischen Recht ... nicht vereinbar.“ So heißt es in einer Resolution, die der Sächsischen Zeitung vorliegt.

Unterschrieben ist das Dokument neben Landrat Arndt Steinbach (CDU) auch von den Vorsitzenden aller fünf Kreistagsfraktionen sowie durch Meißens Oberbürgermeister Olaf Raschke (parteilos). Weiter heißt es in dem Schreiben: „Wir fordern vor allem das Sächsische Sozialministerium wie das Sächsische Landwirtschaftsministerium auf, die Weisung, nur Wein mit einer Null-Grenze an Dimethoat für verkehrsfähig zu erklären, aufzuheben ...“ Stattdessen sollte zu dem in Deutschland wie Europa anerkannten Höchstgehalt für Rückstände von 0,02 Milligramm pro Kilogramm Keltertrauben zurückgekehrt werden, so die Verfasser der Resolution.

Vertreter des Verbraucherschutzministeriums hatten dagegen vergangene Woche in Dresden erläutert, dass die Nachweisgrenze von 0,01 Milligramm pro Kilogramm Trauben im Februar in Absprache mit anderen Bundesländern und Berlin festgelegt wurde. Die Fachleute hätten den Wert herabgesetzt, weil sich im Laufe des Dimethoat-Skandals neue Erkenntnisse ergaben. Die Höhe des Wertes ist deshalb so umstritten, weil sie entscheidend sein dürfte für die Verkaufsfreigabe derzeit noch zurückgehaltenen Weins. Experten sind sich einig darüber, dass weder von 0,01 Milligramm noch von 0,02 Milligramm Dimethoat eine Gefahr für die Gesundheit der Verbraucher ausgeht.

In der Resolution an Sachsens Staatsregierung machen sich die politischen Spitzen im Kreis stark für Finanzhilfen, mit denen sie die vom Dimethoat-Skandal betroffenen Winzer unterstützen möchten. Hier sollte es eine „solidarische Lösung“ geben. Andernfalls drohe neben der Weinwirtschaft auch dem Tourismus ein größerer Schaden. „Ein Rückgang an Gästezahlen aufgrund der fatalen Auswirkung ist nicht auszuschließen.“ So ist es in dem Schreiben zu lesen.

Stichprobenartige Kontrollen im Weinberg

Auf SZ-Anfrage hat sich unterdessen auch die Sächsische Winzergenossenschaft Meißen zu Wort gemeldet. Dem größten Weinerzeuger im Freistaat waren durch das Verbraucherschutzministerium „Versäumnisse“ beim Umgang mit dem Thema Pflanzenschutz vorgeworfen worden. Es sei in erster Linie die Pflicht der Lebensmittelhersteller, selbst durch Kontrollen für die Sicherheit ihrer Produkte zu sorgen, so der Leiter des Referats Lebensmittelsicherheit im Sächsischen Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz Rüdiger Helling.

Der Geschäftsführer der Genossenschaft Lutz Krüger verwies dagegen am Dienstag auf ein sehr engmaschiges Netz an Informationen und Kontrollen, welches sein Unternehmen seit Jahren immer weiter entwickelt habe. So würden die Mitglieder alljährlich belehrt, welche Trauben angenommen würden und welche nicht. Dies sei mit Unterschriften dokumentiert. Kostenlos finden Kurse statt, in denen jedes Jahr Hunderte Kleinwinzer im Umgang mit Pflanzenschutzmitteln ausgebildet werden.

Der Warndienst zum Pflanzenschutz informiert die Mitglieder im Internet, in der Vinothek und über Aushänge in den Weinbaugemeinschaften zu allen Details. „Wir verlangen von unseren Winzern eine lückenlose Dokumentation über den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln, die auf Verlangen vorzuzeigen ist, für die der Winzer verantwortlich ist und die er mit seiner Unterschrift bestätigt“, so Lutz Krüger.

Gegen kriminelle Energie sei aber keiner gefeit. Unabhängig aller bereits bestehenden Maßnahmen werde derzeit vom Qualitätsmanagement der Winzergenossenschaft ein Konzept erarbeitet, wie das Unternehmen sich zukünftig vor den Folgen solchen Fehlverhaltens weitestgehend schützen könne. Dies beginne mit stichprobenartigen Kontrollen im Weinberg und setze sich mit umfangreicheren Analysen bei der Traubenannahme und im Keller fort. Erste Gespräche dazu, wie die Pläne in die Praxis umzusetzen sein könnten, habe es bereits mit Laboren gegeben.