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Diese Freitaler wissen, wie Weltreise geht

Julia und Tino Klamke waren mit ihren drei Kindern fast ein Jahr lang unterwegs. Was haben sie erlebt und wie fühlt es sich an, wieder zu Hause zu sein?

Von Annett Heyse
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Nach ihrer Weltreise wurde Familie  Klamke (vorn) mit einer großen Party von den "Muskelkater"- Vereinsmitgliedern wieder begrüßt.
Nach ihrer Weltreise wurde Familie Klamke (vorn) mit einer großen Party von den "Muskelkater"- Vereinsmitgliedern wieder begrüßt. © Egbert Kamprath

Viele Monate weg von Zuhause, von Verwandten, Freunden, dem Alltagstrott, Gewohnheiten. Dafür ferne Länder, exotisches Essen, viel Sonne und Meer sowie die Gewissheit, auszuschlafen und faulenzen zu dürfen. Ist es so? Julia Klamke muss lachen. All das haben sie und ihre Familie erlebt, unter anderem.

Julia und Tino Klamke sind mit ihren Kindern Hannah, Helena und Halvar 49 Wochen lang um die Welt gereist. Drei Jahre lang haben sie den Trip vorbereitet und darauf gespart. Mitte Juli 2023 war Abflug. Erste Station: Brasilien.

Nach 344 Tagen, 78.800 Kilometern durch 17 Länder sind sie wieder da. Die Kinder sind in der Schule, Tino Klamke ist arbeiten, seine Frau sitzt im Büro des Freitaler Vereins "Muskelkater", bei dem sie die Abteilung Fitness und Gesundheit leitet. Sie hat zwei dicke Fotobände mitgebracht, quasi die Logbücher ihrer Weltreise. Sie hat alles fein säuberlich aufgelistet. Sogar die Kosten ihrer Reise - eine hohe fünfstellige Zahl.

Doch Zahlen sind eigentlich egal. Lieber zeigt Julia Klamke auf die Bilder. Die Uyuni-Salzwüste in Bolivien, die Filmkulisse aus dem "Hobbit" in Neuseeland, den chaotischen Straßenverkehr in Hanoi.

Der Muskelkater, das Maskottchen des Freitaler Vereins, reiste mit den Klamkes um die Welt und schickte per Mail Grüße in die Heimat - hier aus der Uyuni-Salzwüste in Bolivien.
Der Muskelkater, das Maskottchen des Freitaler Vereins, reiste mit den Klamkes um die Welt und schickte per Mail Grüße in die Heimat - hier aus der Uyuni-Salzwüste in Bolivien. © privat

Quartiere über Internetplattformen gebucht

Doch die Weltreise war nicht nur ein einjähriger Urlaub. "Wir haben an jedem Ort eine Mischung aus Alltagsleben und Freizeit organisiert." Ankommen, auspacken, sich Quartier einrichten, die Gegend erkunden, einkaufen gehen. "Immer am ersten Tag in einem neuen Quartier gab es Nudeln mit Tomatensoße. Das gibt es ja praktischerweise überall auf der Welt", erzählt Julia Klamke.

Und dann: Urlaub machen, Ausflüge buchen. Wandern, schwimmen, in Höhlen steigen, Sehenswürdigkeiten besuchen, Delfine beobachten. Zwischendurch hat Julia Klamke Online ihre Fitness-Kurse gegeben und die Reisekasse etwas aufgefüllt.

Die beiden älteren, schulpflichtigen Kinder mussten büffeln - sie wurden in einer deutschen Onlineschule unterrichtet. "Im ersten Vierteljahr, als wir in Südamerika waren, fand der Unterricht vormittags statt, das war ganz praktisch." Wochen später, in Neuseeland und Australien, mussten die Kinder aufgrund des Zeitunterschieds in der Nacht ran. "Aber das hat gut funktioniert. Nur einmal ist eines der Mädchen im Französischunterricht eingenickt."

In Südamerika reisten die Klamkes durch Brasilien, Paraguay, Bolivien, Peru, Chile. Die Unterkünfte buchten sie kurzfristig über Internetplattformen wie Booking.com oder Airbnb, Hotels mieden sie größtenteils. "Als Familie kann man sich in einem Ferienhaus viel besser ausbreiten und ist viel unabhängiger." Im Schnitt blieben sie eine Woche an einem Ort.

Baden im Titicacasee bei 14 Grad Celsius

Und was bleibt von Südamerika im Kopf? Vor allem die Kinder hätten eine Art Kulturschock erlebt. "Es ist dort alles anders. Die Temperatur, der Verkehr, das Essen." Und natürlich die Landschaft. Von Regenwald und Hitze bis zum kargen, kalten Hochgebirge ist alles vorhanden. "Wir waren bei 14 Grad Wassertemperatur im Titicacasee baden, aber das wollten wir nicht auslassen". Sie bekamen die Höhenkrankheit in Bolivien mit Kopfschmerzen, Übelkeit, Schwindel.

Sie wunderten sich, dass es in Brasilien keinen guten Kaffee zu kaufen gibt. "Geht wahrscheinlich alles in den Export, nur so kann ich mir das erklären." Überrascht waren sie von Chile. "Das Land ist viel westlicher und fortschrittlicher als die anderen südamerikanischen Länder, die wir bereist haben. Da habe ich sogar Photovoltaikanlagen auf den Hausdächern gesehen."

Einmal haben sie sogar ein Erdbeben miterlebt. "Mir wurde ganz komisch, schwindlig, irgendwas stimmte nicht mit mir. Ich fragte meine Familie, ob sie auch das Gefühl hatten, dass die Wände der Ferienwohnung irgendwie schief stehen. Und dann wurde uns klar, dass das ein Erdbeben war."

Stromern durch die Filmkulisse vom "Hobbit"

Im November 2023 landeten die Klamkes im neuseeländischen Frühling. "Rückblickend haben wir uns dort von allen Reisezielen am wohlsten gefühlt. Es war nicht so heiß und die Landschaft ist einfach atemberaubend schön." Und sah es aus, wie in "Herr der Ringe"? Julia Klamke lacht und nickt. "Ich bin schon ein kleiner Fan der Filme und natürlich haben wir uns auch Hobbiton angeschaut." So heißt der Ort, an dem die Filmcrew die Kulisse für den Wohnort der Hobbits angelegt hat.

Neuseeland - da darf die Filmkulisse aus "Hobbit" natürlich nicht fehlen. Den Drehort gibt es noch immer und man kann durch Hobbiton spazieren.
Neuseeland - da darf die Filmkulisse aus "Hobbit" natürlich nicht fehlen. Den Drehort gibt es noch immer und man kann durch Hobbiton spazieren. © privat

Nach Neuseeland ging es weiter nach Australien und dann nach Südostasien. Indonesien, die Philippinen, Taiwan, Japan, Südkorea, Vietnam, Kambodscha. Über jedes dieser Länder könnte man stundenlang reden sowie Bilder und Videos zeigen. Ein Geheimtipp? "Taiwan", sagt Julia Klamke ohne lange zu überlegen. Das Land habe sie gar nicht so auf dem Schirm gehabt. "Wir haben geschaut, was zwischen den Philippinen und Japan noch liegt und sind einfach mal hingeflogen. Die Städte sehen nach Nichts aus, aber die Landschaft war wie in Neuseeland einfach atemberaubend schön."

Ausflug im Taroko-Nationalpark Taiwan. Die Natur in dem kleinen Inselstaat habe sie an Neuseeland erinnert, erzählt Julia Klamke.
Ausflug im Taroko-Nationalpark Taiwan. Die Natur in dem kleinen Inselstaat habe sie an Neuseeland erinnert, erzählt Julia Klamke. © privat

Gut gefallen habe der Familie auch Vietnam. "Die Landschaft ist unglaublich schön. Wir mochten das Essen, die Vielfalt, vor allem aber die Menschen. In Vietnam wird man nicht freundlich behandelt, weil man Tourist ist, sondern weil man ein Mensch ist. Es ist schwer zu erklären: Die Menschen dort sind gastfreundlich, offen, großzügig. Alles wirkt sehr authentisch."

Vorfreude auf Kartoffeln und Quark

Als Weltreisende erlebt man doch bestimmt auch gefährliche Situationen, oder? Julia Klamke denkt nur kurz nach. "Wir wurden nicht überfallen, nicht bestohlen, nicht bedroht." Aber ja, es gab da diesen einen Moment, der hätte ganz dumm enden können.

Die Familie war auf einem Ausflug in Vietnam. Nur die beiden Eltern und der Jüngste, die beiden Mädels hatten sich freigenommen. "Wir sind zu einem Gipfel hochgewandert, mit Führer." Es goss in Strömen, war glitschig, alle waren klitschnass. Die Klamkes entschieden, umzukehren. "Beim Abstieg kam mein Mann plötzlich ins Rutschen. Instinktiv hielt er sich an etwas fest." Das Etwas war aber keine Wurzel, kein Ast - und nein, auch keine Schlange. "Es war ein Stromkabel und es blitzte plötzlich. Mein Mann musste sich richtig losreißen, stolperte, riss den Führer mit um."

Auf Bali gibt es natürlich Reis-Terrassenfelder zu sehen. Ein klein wenig enttäuscht war die Familie aber von Indonesien wegen der großen Müllprobleme vor Ort.
Auf Bali gibt es natürlich Reis-Terrassenfelder zu sehen. Ein klein wenig enttäuscht war die Familie aber von Indonesien wegen der großen Müllprobleme vor Ort. © privat

Nach 344 Tagen kehrte die Familie heim. Es sei an der Zeit gewesen, sagt Julia Klamke. Die Einschulungsuntersuchung für den Jüngsten und ein Autokauf standen an, außerdem sehnte man sich auch etwas nach dem deutschen Alltag. "Meine Leute wollten mal wieder Kartoffeln mit Quark essen. Ich freute mich aufs Einkaufen in einem ganz normalen deutschen Supermarkt."

Würden sie es wieder machen? "Ja, es war die richtige Entscheidung und es ist möglich, mit Kindern so etwas zu erleben." Sie haben auch schon neue Reisepläne, nicht gleich, aber in ein paar Jahren wollen Julia und Tino Klamke noch mal nach Neuseeland. Nur zu Zweit und mit dann dem Motorrad.

Der Verein Muskelkater feiert dieses Jahr sein zehnjähriges Bestehen. Am 9. November gibt es in der Turnhalle Hainsberg von 9 bis 14 Uhr ein großes Familien- und Freizeitsportfest.