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SZ + Freital

Tod bei der Gassirunde: Freitaler Hundehalter muss vor Gericht

Eine Seniorin ging mit ihrem Zwergpudel spazieren, als aus einem Grundstück plötzlich ein großer Hund ausbrach. Dann ging alles ganz schnell.

Von Annett Heyse
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An diesem Gartenzaun ereignete sich das Unglück: Der Zwergpudel einer Seniorin wurde totgebissen, die Frau umgestoßen und verletzt.
An diesem Gartenzaun ereignete sich das Unglück: Der Zwergpudel einer Seniorin wurde totgebissen, die Frau umgestoßen und verletzt. © Annett Heyse

Die schmale Straße am Stadtrand von Freital führt steil bergan und hat nur auf einer Seite einen Fußweg. Der verläuft erst entlang einer Hecke, dann folgt ein Lattenzaun. Damit niemand hindurchschauen kann, wurde er von innen mit einem Sichtschutz versehen. Ein gelbes Schild warnt jeden, der hier vorbeikommt, "Vorsicht! Freilaufender Hund".

Am 6. September 2023 war das Schild noch nicht da. Dafür der Vierbeiner, der an jenem Tag für kurze Zeit von seinem Besitzer allein im Garten gelassen wurde. Das wurde einer Seniorin zum Verhängnis, als sie gegen zehn Uhr vormittags an dem Wohnhaus vorbeikam. "Ich war mit meinem Hund auf unserer üblichen Gassirunde", erzählt sie vor Gericht. Dann ging alles ganz schnell.

Plötzlich sei von hinten Etwas in ihre Beine gesprungen. Die damals 84-Jährige fiel auf die Seite. "Ich habe gar nicht gesehen, was mich umgestoßen hatte. Aber ich knallte mit voller Wucht auf den Asphalt." Bis heute habe sie gesundheitliche Probleme und sei in physiotherapeutischer Behandlung. Ihr Zwergpudel überlebte die Attacke nicht. Er wurde totgebissen.

Für den Angriff auf die Hundebesitzerin musste sich nun ein 55-Jähriger vor dem Amtsgericht Dippoldiswalde verantworten. Ihm wurde fahrlässige Körperverletzung vorgeworfen, weil er nicht dafür gesorgt haben soll, dass der Hund sicher hinter dem Gartenzaun bleibt.

Durch des Nachbars Maschendrahtzaun gedrängt

Vor Gericht spricht zunächst der Verteidiger, Rechtsanwalt Thomas Moschke. Er schildert, sein Mandant habe sich an jenem Tag zunächst mit dem Hund im Garten aufgehalten, sei dann aber kurz auf die Toilette gegangen.

Vermutlich habe sich der Hund, ein größerer Mischling, zunächst durch einen Maschendrahtzaun in das Nachbargrundstück gedrängt und sei dann von dort durch die Hecke auf den Fußweg geprescht. Warum, ist unklar, aber der Anwalt unterstellt, es habe da eine Vorgeschichte gegeben. "Der Hund ist doch kein wildes Tier, der macht so etwas nicht unvermittelt."

Eine Vorgeschichte gab es tatsächlich, das berichtet auch die Geschädigte vor Gericht. Im Frühjahr 2023 fiel ihr erstmals auf, dass in besagtem Grundstück öfter ein Hund unterwegs war. "Der verhielt sich auffällig. Er bellte und warf sich mit voller Wucht gegen den Zaun." Gesehen habe sie das Tier nie, nur gehört. "Der Zaun hat einen Sichtschutz." Jedoch bemerkte sie, dass zwei Zaunsfelder offenbar etwas wackelig waren. "Ich hatte Angst, dass der Hund die so weit aufdrückt, dass er hindurchkriechen kann."

Sie schrieb im Juni 2023 - anonym - einen Brief an die Hundebesitzer. Die befestigten den Zaun daraufhin. Das bemerkte auch die Frau mit dem Zwergpudel. "Ich fühlte mich daraufhin sicher."

Geschädigte soll den Hund provoziert haben

Bis zum 6. September. Nachdem der Mischling die Frau umgestoßen hatte, stürzte er sich auf den kleinen Vierbeiner und biss diesen tot. "Ich schrie um mein Leben", schluchzt die Geschädigte vor Gericht. Das hörten Erzieher einer gegenüberliegenden Kindereinrichtung. "Wir sahen die Frau auf dem Fußweg sitzen", erzählt eine Zeugin. Ein Kollege habe sich einen Rechen geschnappt, sei herausgerannt und habe dem Hund bedroht und ihn angebrüllt. Erst daraufhin ließ dieser den toten Zwergpudel fallen und rannte davon.

Der Hundebesitzer will davon nichts mitbekommen haben. Er musste aus seiner Wohnung geklingelt werden und stellt vor Gericht die Ereignisse auch etwas anders dar. Demnach habe die Frau mit dem Zwergpudel seinen Hund provoziert. "Sie ging da öfter lang, blieb stehen und redete auf meinen Hund ein", schildert er. Und sein Anwalt meint, die Senioren habe sich gar wissentlich in Gefahr begeben, weil sie erst den Hund gereizt habe und dann immer wieder dort entlangspaziert sei.

Die Geschädigte protestiert. "Ich bin nie stehengeblieben. Ich habe aber gesprochen, um den Hund zu beschwichtigen. Und mein Hund hat dann auch mal zurückgebellt." Ob die Senioren dem Mischling wirklich einen Anlass gegeben hat oder ob der Hundebesitzer fahrlässig handelte, konnte auch nach zweistündiger Sitzung nicht geklärt werden. Die Verhandlung wird unter Vorladung weiterer Zeugen am 26. August fortgesetzt.