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Pelzige Plagegeister: Freitaler Stadträtin fordert Maßnahmen gegen Waschbären

Mehr als 21 Waschbären wurden an einem Abend an der Weißeritz mitten in Freital gesichtet. Das wird zum Problem, sagt Claudia Mihály. Ein Jäger gibt ihr recht.

Von Annett Heyse
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Schwarze Knopfaugen, kuscheliger Pelz und total clever: Waschbären sind Alleskönner und breiten sich immer mehr aus - wohl auch in Freital.
Schwarze Knopfaugen, kuscheliger Pelz und total clever: Waschbären sind Alleskönner und breiten sich immer mehr aus - wohl auch in Freital. © SAE Sächsische Zeitung

Sie haben schwarze Knopfaugen, einen kuscheligen Pelz und sind überaus clever: Waschbären. Man kann im Internet Videos sehen, wie sie Mülltonnen ausräumen und auf Dachfirsten balancieren. Eine Tierart, die ihr Ding macht und sich kaum aufhalten lässt. Auch in Freital nicht, davon ist Claudia Mihály (Konservative Mitte) überzeugt.

Die Stadträtin hat vor einigen Wochen einen Abendspaziergang an der Weißeritz unternommen. "Zwischen der Brücke Poisentalstraße und der Fußgängerbrücke am Krankenhaus habe ich 21 Waschbären gezählt. Das war keine Familie mehr, das war eine richtig große Gang."

Und damit habe Freital ein Problem, sagt Mihály. "Die Waschbären breiten sich immer mehr aus. Sie wandern von der Weißeritz in die Bäche, in die Gärten, in die Häuser. Sie sind längst überall." Sie hat Fotos auf ihrem Handy, frühmorgens sechs Uhr aufgenommen. Zu sehen sind zwei Waschbären in einer Mülltonne an der Poisentalstraße 6.

Hunger auf Vögel, Frösche, Obst und Gemüse

Das war der Moment, an dem Mihály beschloss, das Thema öffentlich zu machen. Vor Kurzem in der Stadtratssitzung brachte sie die Waschbären-Invasion zur Sprache und forderte die Verwaltung auf, sich des Themas anzunehmen. "Was würde es denn kosten, einen Stadtjäger zu beauftragen, Fallen zu stellen?", wollte sie wissen.

Einer, der sich mit dem Thema Waschbärenjagd auskennt, ist Thomas Köhler. Er ist Hobby-Jäger, lebt in Freital und ist dem Waschbären hier schon häufig begegnet. Mittlerweile würde die Tiere auch abseits der größeren Gewässer leben, berichtet er. "Meine Eltern haben in Burgk einen Garten, dort habe ich Fallen gestellt und sechs Waschbären gefangen." Und dann? Köhler zuckt die Schultern. "Erschossen." Mit Waschbären, das ist seine Meinung, sollte man nicht zimperlich sein.

Denn die Tiere können zu einer Plage werden. Waschbären gehen auf alles, was kleiner ist als sie. Lurche, Kriechtiere, Vögel - nichts ist vor ihnen sicher. Auf der Suche nach Nahrung fallen sie über Gemüsebeete und Obstkulturen her, sie klettern in Mülltonnen und plündern Vogelnester. Köhler hat auch Videoaufnahmen von Waschbären in eigentlich einbruchsicheren Hühnerställen gesehen. "Das sind total clevere Allesfresser, die hier keinen natürlichen Feind haben." So können sich die einst als Pelztiere aus Nordamerika eingeführten Tiere ungehindert ausbreiten.

Quartier finden sie in alten Schuppen und leerstehenden Häusern - im besten Fall. Richtig teuer wird es, wenn sie sich bewohnte Häuser aussuchen und sich dort im Dachboden und hinter dem Isoliermaterial einnisten.

Waschbären übertragen auch Krankheiten

Waschbären sind auch Überträger von Krankheiten. Über ihren Kot können sie beispielsweise die Eier des Spulwurms übertragen, die vor allem über die Atemwege in den Körper von Menschen gelangen können. "Der Spulwurm kann lebensgefährlich werden", warnt Jäger Köhler. Vor dem Hintergrund ist ihm unwohl bei dem Gedanken an die vielen Waschbären in Freital, die durch Gärten und nachts mit Sicherheit auch über Spielplätze stromern.

Thomas Köhler hat versucht, mit den Behörden Kontakt aufzunehmen. Ordnungsamt, Untere Wasserbehörde, Naturschutz, Jägerschaft - keine fühle sich zuständig. "Waschbären einfangen kostet Geld, und das will keiner ausgeben."

Seitens der Stadt Freital heißt es, es seien keine Waschbären-Hotspots bekannt. "Auch in Bezug auf die städtische Infrastruktur gibt es keine signifikanten Vorfälle. Eine gesamtstädtische Dringlichkeit ist damit aus unserer Sicht nicht gegeben", teilt Stadtsprecher Matthias Weigel mit. Inwieweit einzelne Grundstückseigentümer oder Beteiligte, wie beispielsweise wie die Landestalsperrenverwaltung, der Sachsenforst oder die Deutsche Bahn gegebenenfalls stärker betroffen sind, könne man nicht abschätzen.

Prinzipiell zuständig ist laut Stadtverwaltung das Landratsamt mit der unteren Naturschutz- und Forstbehörde sowie der Jagdbehörde beziehungsweise dort zugeordnet die jeweiligen Jagdpächter.

Claudia Mihály will die Angelegenheit nicht auf sich beruhen lassen. "Wir dürfen uns nicht davon leiten lassen, wie niedlich die Waschbären sind, und dass sie in der Weißeritz ja niemanden stören. Sonst endet das hier wie in Kassel." Die hessische Stadt gilt als "Waschbärenhauptstadt Europas" und das seit Jahren. Auf ihrer Internetseite informiert die Kasseler Stadtverwaltung und gibt Tipps, wie Mülltonnen oder Häuser waschbärensicher gemacht werden. Ein Zustand, zu dem es in Freital nicht kommen dürfe, sagt Stadträtin Mihály.