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Feuilleton

Der neue Tatort aus Wien: Laue Suppe statt heißem Scheiß

Zum Auftakt der „Tatort“-Saison ermittelt das Team Wien im Hip-Hop-Milieu. Der Sonntags- Krimi kann nur besser werden.

Von Oliver Reinhard
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Lernen das „Dissen“, den „Beef“ und den „heißen Scheiß“: Bibi Fellner und Moritz Eisner (Adele Neuhauser und Harald Krassnitzer) müssen einen Todesfall in der Wiener Hip-Hop-Szene aufklären.
Lernen das „Dissen“, den „Beef“ und den „heißen Scheiß“: Bibi Fellner und Moritz Eisner (Adele Neuhauser und Harald Krassnitzer) müssen einen Todesfall in der Wiener Hip-Hop-Szene aufklären. © ARD Degeto/Programmplanung und P

Sie sind ein schräges Paar und eben deshalb beliebt im Reigen der „Tatort“-Teams. Jetzt haben Adele Neuhauser und Harald Krassnitzer alias Bibi Fellner und Moritz Eisner sogar die Ehre, nach vier Monaten Pause die Saison der Sonntagskrimis zu eröffnen. Wessen Stirn angesichts des Settings ihres Falles „Deine Mutter“ – Tod in der Wiener Hip-Hop-Szene – vorab eine Sorgenfalte zeigte, wird in seiner zwiespältigen Erwartung leider nicht enttäuscht.

Natürlich ist das Thema mit all seinen Konfliktfeldern sehr ergiebig und grundsätzlich reizvoll, weshalb es auch schon oft genug aufgenommen wurde von deutschen Serien und Filmen. Gemäß des großen US-Vorbilds geht es auch im Deutschrap zwar etwas zahmer, aber dennoch heftig zu. Gewaltverherrlichung, Sexismus, Drogen- und Kriminalitäts-Affinität, kulturelle Aggressionen und neandertaliges Posertum; das bildet der „Tatort“ der Autoren Franziska Pflaum und Samuel Deisenberger auch authentisch ab. Inklusive der dafür gedrehten Videos und komponierten Songs, was wegen deren optischer und akustischer Abziehbildhaftigkeit aber auch nicht soo schwierig gewesen sein dürfte.

Abegnudelte Klischees und Fremdscham

Entsprechend authentisch klischiert ist die Geschichte: Zwei einst befreundete Rapper haben sich entzweit, weil der „Ziehsohn“ von dessen Label zu einem größeren gewechselt ist und beide sich jetzt schwer „dissen“. Nach einem Konzert schwirrt der Jungstar plötzlich ab und wird am anderen Morgen tot in der Tiefgarage eines Gebäudes gefunden, in dem sein verlassener Ziehvater sein Studio hat. War es Mord? Motive hätten – naturgemäß – viele in der Szene.

Ebenso naturgemäß kommt es zum Culture-Clash zwischen dem reifen weißen Paar Bibi und Moritz und den jungen, meist nichtweißen Protagonisten der Szene. Aber nicht genug damit, dass unter der Regie von Mirjam Unger die Handlung recht zäh über einen eher flachen Spannungsbogen durch abgenudelte Klischees torkelt: Das Wiener Team benimmt sich auch noch wie Dreizehnjährige, die den Wortschatz der „coolen“ Großen lernen und nachahmen wollen. So entdecken Bibi und Tina – Pardon: Bibi und Moritz den „heißen Scheiß“, das „Dissen“, den „Beef“, das „Digga“- und „Alter“-Tum und wanzen sich daran an, dass es fast zum Fremdschämen ist. Zum Glück fangen sie nicht auch noch das „Bitchen“ an oder erklären alles Öde zu „random“. Es kann trotzdem nur besser werden mit der „Tatort“-Saison, Digga.