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Pirnaer Begegnungen mit Götz Schubert

Der Schauspieler las am Sonnabend in der "megavollen" Bibliothek aus Kästners "Fabian". Das begeisterte die Besucher - und überraschte seinen ehemaligen Klassenlehrer.

Von Heike Sabel
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Der 61-jährige Schauspieler und Krimiheld Götz Schubert (r.) traf in seiner alten Heimat auf zahlreiche bekannte Gesichter.
Der 61-jährige Schauspieler und Krimiheld Götz Schubert (r.) traf in seiner alten Heimat auf zahlreiche bekannte Gesichter. © Daniel Förster

Lesungen in einer Bibliothek sind nichts Ungewöhnliches. Lesungen von Autoren so wenig wie von Menschen, die Texte anderer lesen. Lesungen von berühmten Menschen, die aus der Stadt stammen, in der sich die Bibliothek befindet, in der sie lesen – schon. Und so war es kein Wunder, dass die Pirnaer Bibliothek am Sonnabendabend "megavoll" war, wie es eine Besucherin ausdrückte.

Und er sorgte dafür: Götz Schubert – der Schauspieler, der in Pirna aufgewachsen war und zur Schule ging. Deshalb gab es auch ein besonderes Wiedersehen. Der TV-Star traf auf seinen ehemaligen Klassenlehrer und einstige Mitschüler.

Götz Schubert las aus Erich Kästners "Fabian – Die Geschichte eines Moralisten". Damit startete das dritte Pirnaer Schreibfestival "Pirna schreibt". Wer von den rund hundert Zuhörern wegen des Schauspielers kam und Kästner "mitnahm" oder umgekehrt, sei dahingestellt. Enttäuscht wurde niemand. Es war wohl die Mischung aus dem berühmten Sohn der Stadt und dem Schriftsteller, der vor 125 Jahren geboren wurde und vor 50 Jahren starb.

Manchmal erschreckende Parallelen

Schubert begrüßt kurz, aber nicht unfreundlich. Im Gegenteil. Er sorgt sich um das Licht der Zuschauer. Dann klappt er sein Tablet auf und legt los. Selbst die Einleitung überlässt er Erich Kästner. Sofort sind die Zuhörer in der Geschichte, die 1931 geschrieben wurde und einige überraschende, manchmal fast erschreckende Parallelen zu heute in sich birgt.

Über die Erfahrungen mit dem Amt und die in diesem Zusammenhang so treffende Doppeldeutigkeit des Wortes "Abfertigen" mag der eine oder andere noch schmunzeln. Über den Menschen als Ware, das Käufliche der Liebe, den Druck in der Welt der Arbeit und eben die benutzte Moral wird ein Teil des Publikums indes nachdenklich.

Schubert liest. Dabei fällt auf: Wenn man es lediglich beim Zuhören belässt, würde man die sparsamen, aber wirksamen Gesten verpassen. Mal ist es ein Kopfkratzen, das nicht im Text steht. Doch nur, weil es Kästner da nicht hineingeschrieben hat. Fabian hätte es ganz bestimmt in diesem Moment getan. Auch wenn Schubert die Brille zurechtrückt, passt das in den Text. Dabei wird nicht ganz klar, ob es Schuberts Brille oder die von Fabian ist.

Lieblings-Eierschecke und noch mehr Appetit

Der Fernsehliebling nimmt irgendwann die kleine Flasche Wasser unter seinem Lesepult hervor. Während er weiterliest, öffnet er den Verschluss. Dann hält Götz Schubert die Flasche fast zehn Minuten. "Jetzt muss ich mal trinken", sagt er schließlich. Noch einmal weicht Schubert für einen kurzen Moment vom Buch ab.

Just in dem Moment, als eine Apple-Watch ein Signal gibt, wirft der Schauspieler ein "Aus" in den Raum. Dabei entschuldigt er sich fast: "Das steht hier."

Nur diese beiden Male unterbricht er Kästner. Der Ex-Pirnaer hat sich voll und ganz hinter den Autor und dessen Helden gestellt. Es geht hier nicht um ihn – Götz Schubert –, sondern die Geschichte. Lesen und lesen ist eben zweierlei. Ein Buch zu lesen, ist ein Vergnügen. Es so wie von Schubert vorgelesen zu bekommen, ein Erlebnis, das Appetit auf den ganzen "Fabian" macht. Für den Menschen und Schauspieler Schubert ist nach der reichlichen Stunde Lesung noch Gelegenheit.

Er bekommt viel Beifall und vom "Pirna schreibt"-Vorsitzenden Uwe Delkus unter anderem seine geliebte Eierschecke vom Pirnaer Friedhofsbäcker. Delkus war es auch, der den Fernsehstar vor dem ersten Schreibfestival als Schirmherrn gewonnen hatte. Schuberts ehemaliger Klassenlehrer Rolf Reichel sorgt für Heiterkeit, als er gefragt wird, was er dem Götz für die Lese-Leistung geben würde: "Ich hätte nicht gedacht, dass er so lange so fehlerfrei lesen kann."

Kommissar auf Abwegen "Im weißen Rößl"

Schubert lacht von Herzen. Er gilt als ein uneitler Profi, dem das große Porträt, das er voriges Jahr mit dem "Askania-Award" erhielt, eher unangenehm ist. Jedenfalls hat es in seiner Wohnung noch keinen richtigen Platz bekommen.

Das wäre neben der Geschichte über seinen Klassenlehrer eine Geschichte in dem Werk, das Schubert verfassen würde. Sofern er denn mal ein Buch schreibt. Bis dahin bleibt er der Schauspieler, im Herzen ein Pirnaer und "Pirna schreibt" treu.

Wer Schubert als Schauspieler sehen und erleben will, hat in der Lausitz hin und wieder die Gelegenheit. Nicht nur, weil in Görlitz die Folgen für die "Wolfsland"-Krimireihe gedreht werden. Zuletzt gab es die Gelegenheit beim "Lausitz-Festival", das am Wochenende ins Finale ging. Am 7. Dezember ist er überdies in der Volksoper Wien anzutreffen. Dort spielt er den Wilhelm Giesecke "Im weißen Rößl". Götz Schubert ist eben mehr als der Kommissar "Butsch" aus einer ARD-Serie.

Am 22. September präsentieren die Teilnehmer des Schreibfestivals ihre Texte an verschiedenen Orten in Pirna. Der "Lesespaziergang" startet Punkt 14 Uhr. Folgende Stationen sind geplant:

  • Logopädie "Schnattergans": Schreiben für Kinder
  • Mägdleinschule: Fantasy
  • Adoratio (Alter Bahnhof): Junge Literatur
  • Canaletto-Saal: Kurzgeschichten
  • Stadtbibliothek: Poetry-Slam und Flanierworkshop
  • Kirchgemeindehaus: Kreatives Schreiben
  • Café "Le Noir": Lyrik