Partner im RedaktionsNetzwerk Deutschland
Merken

Fahrzeug und Arbeitsplatz auf dem Wasser

Vor 100 Jahren war die Schluppe massenhaft auf der Elbe unterwegs, nun ist im Stadtmuseum eines von noch zwei Exemplaren zu sehen.

Teilen
Folgen
NEU!
© Claudia Hübschmann

Von Steffen Förster

Meißen. Im Stadtmuseum Meißen befindet sich eines von elbeweit zwei erhaltenen Booten einer noch vor 100 Jahren massenhaft vertretenen, universellen Bootsgattung – eine Schluppe. Der Begriff bildete sich aus dem niederländischen ‚sloep‘ (gesprochen schlup) = Ruderboot heraus. Die Schluppe im Stadtmuseum stammte ursprünglich von der Fährstelle bei Mühlberg/ Elbe und wurde um 1992/93 von Meißner Elbefreunden geborgen. Seitdem stand sie am Gaststättenschiff in der Siebeneichener Straße, bis sie 2004 dem Stadtmuseum überlassen wurde. Zu diesem Zeitpunkt hatte das Schluppenwrack bereits keinen Boden mehr.

Als die Schluppe 2004 ans Museum kam, war sie ein Wrack.
Als die Schluppe 2004 ans Museum kam, war sie ein Wrack. © privat

Die Schluppe war ein vielseitig einsetzbares Boot. Ihr Verbreitungsgebiet auf der schiffbaren Elbe ist zwischen Hamburg und Leitmeritz nachweisbar. In der Elbfischerei waren die Schluppe, wie auch der Kahn sowohl Fahrzeug, als auch Arbeitsplatz auf dem Wasser. Die Fanggeräte der Fischer wurden vom Boot aus ins Wasser gelegt oder vom Boot aus bedient, später an Bord entleert und der Fang sortiert. Schluppen waren auch die typischen Boote der freifahrenden Personenfähren auf der Elbe.

Ludwig Richter hat diesem Bootstyp mit seinem Gemälde „Die Überfahrt am Schreckenstein“ ein großartiges Denkmal gesetzt. In Meißen waren die Fischer bei Hochwasser verpflichtet, in den überschwemmten Stadtteilen den Straßenverkehr ersatzweise mit ihren Schluppen durchzuführen.

Als Beiboot für mindestens 16 Personen war die Schluppe bei den Sächsisch-Böhmischen Personendampfern seit 1894 vorgeschrieben. Bis zum Aufkommen der Dampfschifffahrt wurde eine Schluppe gewöhnlich flussaufwärts gestakt oder getreidelt. Später hängten Elbfischer ihre Boote an Schleppzüge oder Personendampfer an; talwärts fuhren sie mit der Strömung. Der Preis für eine Schluppe betrug 1948 bei Pöche & Söhne, Zehren 800 Mark.

Seit dem 9. August 2007 steht die Schluppe als ständiges Ausstellungsobjekt im Stadtmuseum. Trotz der vielfältigen Verwendungsmöglichkeiten wurde entschieden, sie als Fischerboot zu präsentieren mit diversen Netzen und Zubehör. Der Ausstellung war eine monatelange Restaurierung vorangegangen. Anhand verschiedener technologischer Merkmale an den Metallteilen grenzte der Restaurator die Bauzeit auf frühestens um 1930 ein. Nach der Restaurierung ist das Boot 10,18 Meter lang, 1,57 Meter breit und ab Sockel 0,6 Meer hoch. Das Gewicht wurde auf 1,6 Tonnen berechnet.

Die Schluppe ist ein musealer Beleg dafür, dass unsere Vorfahren noch vor wenigen Jahrzehnten trotz kleinteiliger Technik den Elbestrom intensiver aber auch schonender zu nutzen verstanden.