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Eine Schweizer Baude im Forst?

Der Kamenzer Stadtarchivar Thomas Binder hat sich einer offenen Frage vom diesjährigen Forstfest sofort angenommen.

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© René Plaul

Von Thomas Binder

Kamenz. Während des Forstfestes kam die Frage auf, wieso es eigentlich im Kamenzer Forst eine Schweizer Baude gibt, die heute als Großzelt vom Hotel Goldner Hirsch betrieben wird? Jens Ueberfuhr konnte nach Rücksprache mit seinem Vater den Namen „Max Richter“ recherchieren, der bereits in den 1930er Jahren die „Schweizer Baude“ betrieben haben soll. Mit diesen Infos konnten wir im Stadtarchiv nun gezielt nachforschen. Allein: Trotz intensiver Recherche fand sich in den 1930er Jahren weder ein Schankzelt „Schweizer Baude“ noch ein Betreiber Namens Max Richter beim Forstfest.

Erst für 1949 – unter dem 4. Juli – ist schriftlich belegt, dass ein Max Richter um die Gewerbegenehmigung zum Betreiben eines Ausschanks zum Forstfest bittet: „Da ich dieses Jahr selbst ein neues Zelt besitze. Das Zelt hat die Größe von 9 x 20 m.“ Zu dieser Zeit arbeitet Richter noch als Kellner im Stadt Dresden. Mit der Konzessionserteilung macht er sich selbstständig und übt mit dem Zelt ein Wandergewerbe aus. So ist er auch in Dresden auf der Vogelwiese. Bereits 1950 erwirbt er die Erlaubnis vom Gewerbeamt, auch außerhalb der Forstfestzeit sein Schankzelt im Forst aufzustellen – zumeist im Juli und August. Als er im Jahr 1952 die Schankwirtschaft „Zum Tuchmacher“ übernehmen will, schreibt er an das Gewerbeamt: „Seit 1949 bin ich als Besitzer des Schankzeltes ‚Schweizerbaude‘ (20 x 13 m groß, 270 Sitzgelegenheiten) in Bautzen, Dresden, Freital, Radebeul, Chemnitz, Leipzig Pirna und zum Forstfest in Kamenz in jedem Sommerhalbjahr unterwegs.“ Als Gastwirt des Wandergewerbes wollte er wohl mit dem ungewöhnlichen Zeltnamen in die von ihm besuchten Ortschaften einen Hauch von weiter Welt tragen.

HO reagierte

Im September 1966 hat er mit 69 sein Gewerbe abgemeldet. Offenbar wird schon bald das Zelt im Forst vermisst worden sein. Als sich auch im Sommer 1968 keine Besserung einstellt, kommt es nach Aktenlage wohl zu Unmutsbekundungen, die sich als Leserbriefe in der SZ niederschlagen. Aber erst 1970 reagiert die HO Kamenz: „Unser Betrieb beabsichtigt über die Sommermonate, einschließlich des Forstfestes, ein Schankzelt im Kamenzer Forst aufzustellen. Es handelt sich um die bekannte Schweizerbaude, die unser Betrieb käuflich erworben hat. Um der Bevölkerung eine gastronomische Betreuung am Wochenende zu bieten, soll das Zelt vorläufig Sonnabend und Sonntag geöffnet werden. Der Zeitpunkt des Beginns ist für Mitte Juni 1970 vorgesehen. Wir bitten den Rat der Stadt, unser Vorhaben zu genehmigen und uns den Platz, auf dem die Schweizerbaude bisher gestanden hat, zuzuweisen.“ Die „Bitte um die Genehmigung zur Aufstellung der ‚Schweizer Baude‘ im Forst mit folgenden Öffnungszeiten: Sonnabend von 13 bis 22 Uhr, Sonntag von 13 bis 21 Uhr“ wird beim Rat gestellt, der daraufhin beschließt: „Dem Antrag des HO-Kreisbetriebes zur Aufstellung der ‚Schweizer Baude‘ im Kamenzer Forst wird stattgegeben.“