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Neue Fabrik für Satellitenantriebe in Dresden eröffnet: Mit Schub aus Sachsen ins All

Morpheus Space stellt in der Landeshauptstadt nachhaltige Antriebe für Satelliten her. Mit der neuen Fabrik will das Raumfahrtunternehmen der wachsenden Nachfrage nachkommen.

Von Nora Miethke
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Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer lässt sich von Daniel Bock, CEO der Morpheus Space GmbH, die neue Produktion erklären.
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer lässt sich von Daniel Bock, CEO der Morpheus Space GmbH, die neue Produktion erklären. © Sebastian Kahnert/dpa

Diesen Termin hätte sich Michael Kretschmer vermutlich auch dann nicht entgehen lassen, wenn er nicht im Wahlkampf gewesen wäre. Am Dienstag drückte der sächsische Ministerpräsident gemeinsam mit Daniel Bock, Mitgründer und Vorstandschef von Morpheus Space und weiteren Vorstandsmitgliedern, auf den Buzzer, um die erste Produktionsstätte für die Massenfertigung nachhaltiger Satellitenantriebe zu starten. „Raumfahrt aus Dresden ist ein Riesenglück für Sachsen“, sagte Kretschmer. Die Bewältigung vieler großer Herausforderungen wie Digitalisierung oder Klimaschutz seien auf Hochtechnologien angewiesen wie die von Morpheus Space.

Nicht in der Garage, aber im Keller des Instituts für Luft- und Raumfahrttechnik an der Technischen Universität Dresden, gründeten fünf Absolventen 2019 die Firma, um die kleinsten und effizientesten Satellitenantriebe der Welt zu bauen.

Bei der Technologie wird das schnell schmelzende Metall Gallium als Treibstoff verwendet, das nicht explodieren kann und für einen kontinuierlichen Schub sorgt, ohne nachgefüllt zu werden. Es gibt keine Ventile, Leitungen oder andere bewegliche Teile, die verstopfen könnten. Damit seien die Antriebe langlebiger, zuverlässiger und nachhaltiger als andere Modelle, betont Daniel Bock, Mitgründer und Vorstandschef von Morpheus Space.

Daniel Bock, CEO von Morpheus Space GmbH, bei der Eröffnung in der neuen Produktionsstätte für Satellitenantriebe der Morpheus Space GmbH in Dresden.
Daniel Bock, CEO von Morpheus Space GmbH, bei der Eröffnung in der neuen Produktionsstätte für Satellitenantriebe der Morpheus Space GmbH in Dresden. © dpa

Dem 37-Jährigen bedeutet der Produktionsstart persönlich viel, „weil wir unseren Fußabdruck hier in Dresden in Sachsen, meiner Wahlheimat, vergrößern können“, so Bock. Das erste Dutzend Navigationssatelliten mit Antrieben der ersten Generation ist schon im Einsatz, um bei der Positionsfindung im Schiffsverkehr zu helfen. In Dresden sollen nun zunächst 100 Antriebe der zweiten Generation (GO-2) produziert werden. 1,5 Millionen Euro wurden in die 1.300 Quadratmeter große Produktionsfläche investiert, die Reinraum ähnlichen Ansprüchen genügen soll. Daher durften die Gäste der Eröffnungsparty die Vakuumkammern, in denen die Systeme getestet werden, nur hinter Glas anschauen. Zehn bis 15 neue Arbeitsplätze sollen hinzukommen. Morpheus Space - 2020 mit dem sächsischen Gründerpreis ausgezeichnet - hat derzeit 60 Beschäftigte, 40 in Dresden und 20 in Los Angeles.

Ihre Mission: Mobilität im Weltraum einfacher und sicherer zu machen. Schon jetzt seien Wettervorhersagen, Banküberweisungen oder die Navigation von Schiffen und Flugzeugen auf Weltraum gestützte Dienste angewiesen. Künftig müssten noch sehr viel mehr Satelliten ins All geschickt werden, um zum Beispiel den Ressourceneinsatz in der Landwirtschaft zu steuern oder beim Katastrophenschutz zu unterstützen, betonte Bock die Bedeutung der Raumfahrt für unser tägliches Leben. Doch dazu müssten sie beweglicher werden, um auch dem zunehmend herumschwirrenden Weltraumschrott ausweichen zu können.

In diesen Vakuumkammern werden die Mitarbeiter von Morpheus Space ihre Raumfahrtsysteme testen.
In diesen Vakuumkammern werden die Mitarbeiter von Morpheus Space ihre Raumfahrtsysteme testen. © Sebastian Kahnert/dpa

Aber auch militärische Anwendungen sind nicht ausgeschlossen. Unter den Gästen waren Vertreter der Bundeswehr. „Natürlich sind auch Staaten Kunden von Raumfahrtsystemen und staatliche, militärische Satelliten müssen sich frei bewegen können im All, damit sie nicht von den Gegnern ausgeschaltet werden können. Da ist Mobilität wichtig“, erläuterte Bock. Zu den Investoren gehören unter anderem Airbus Ventures und Alpine Space Ventures, der vom NATO-Innovationsfonds unterstützt wird. Insgesamt sei der Markt für Satellitenantriebe ein Milliarden-Markt, von dem sich das Dresdner Unternehmen ein großes Stück am Kuchen sichern will.

Morpheus Space will dazu beitragen, einen der größten Engpässe für Satellitenbetreiber – die Verfügbarkeit von Antriebssystemen – zu lindern. „Wir beabsichtigen, die Produktion des GO-2 ausreichen zu skalieren, um diese wachsende Nachfrage zu decken, betonte Kevin Lausten, Präsident von Morpheus Space. Verantwortlich für die Produktion ist Martin Kelterer, vor nach 27 Jahren in der Automobilbranche vor zwei Jahren von Stuttgart nach Dresden wechselte. Er lobt die sehr guten Fachkräfte, die man in Sachsen findet. Die ersten fünf eingestellten Produktionsmitarbeiter werden derzeit ausgebildet.

„Wir müssen mehr Fokus auf die Raumfahrt legen, mehr Zeit und Geld investieren“, appellierte der Vorstandschef an Kretschmer, stellvertretend für die Politik. Tatsächlich passiert das Gegenteil. Die Bundesregierung will die Fördergelder für die europäische Raumfahrt kürzen, um zu sparen. Für Bock ist dies ein „komplett falsches Signal“. Schon jetzt sei das Budget 20 Prozent geringer als vor zwei Jahren. Er befürchtet, dass die Kürzungen auf Kosten der jungen, innovativen Unternehmen gehen werden. Statt großzügiger Förderprogramme hält er es für wichtiger, dass der Staat stärker ein sogenannter Ankerkunde wird. Da sei in Deutschland noch viel zu tun.