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Erneuerbare Energie in Dresden: "Ohne Förderung muss ich die Biogasanlage am 1. Januar 2025 abschalten"

Seit 20 Jahren läuft die Biogasanlage bei der Dresdner Gutsverwaltung Schönfelder Hochland und produziert grünen Strom und Wärme. Ob das weiter möglich sein wird, ist aktuell völlig unklar.

Von Kay Haufe
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Landwirt Mauritz von Grundherr vor seiner Biogasanlage, die er möglicherweise ab 1. Januar 2025 abschalten muss.
Landwirt Mauritz von Grundherr vor seiner Biogasanlage, die er möglicherweise ab 1. Januar 2025 abschalten muss. © René Meinig

Dresden. Bodenerosionen und weggeschwemmte Tränken der Kühe - der Starkregen vom vergangenen Sonntag hat einige Schäden auf den Feldern der Gutsverwaltung Schönfelder Hochland am nordöstlichen Dresdner Stadtrand hinterlassen. Doch ein ganz anderes Problem treibt Geschäftsführer Mauritz von Grundherr derzeit viel mehr um. Die Biogasanlage des landwirtschaftlichen Unternehmens wird im kommenden Jahr 20 Jahre alt, was an sich kein Thema ist, sie läuft störungsfrei. Doch ob sie ab kommendem Jahr weiterhin Strom erzeugen kann, ist derzeit völlig unklar.

Noch garantiert der Staat der Gutsverwaltung rund 20 Cent pro erzeugter Kilowattstunde Strom. Doch ab 2025 ist damit Schluss, denn die garantierte Energiepreis-Einspeisung läuft nach 20 Jahren aus. Für von Grundherr ist das äußerst schwierig. Ab 2025 müsste er zu den normalen Preisen am Strommarkt einspeisen, das sind sogenannte Spotmarkt-Preise. Aktuell liegen sie bei rund sieben Cent. "Das geht gar nicht. Wir brauchen 20 bis 21 Cent je Kilowattstunde, um schwarze Zahlen zu schreiben."

Anschlussförderung reicht nicht für alle

Nun ist es nicht so, dass die Bundesregierung keine Anschlussförderung aufgelegt hat. Für Bestandsanlagen beträgt die zusätzliche Förderdauer zehn Jahre, erklärt eine Sprecherin des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft in Berlin auf Anfrage von Sächsische.de. In den Ausschreibungen für die Förderung wird festgelegt, wie viel Geld Betreiber von Biomasseanlagen, die mehr als 150 Kilowatt Leistung haben, für den erzeugten Strom bekommen können. Die Betreiber geben Gebote ab, die einen bestimmten Preis in Cent pro Kilowattstunde für ihren Strom und die Leistung der Anlage in Kilowatt angeben. Die Gebote mit den niedrigsten Preisen bekommen den Zuschlag, bis das festgelegte Budget aufgebraucht ist.

Aber das ist genau das Problem: Es gibt zu viele Bewerber für die Anschlussförderung, einige werden leer ausgehen. Klar, dass sich die Gutsverwaltung, die jährlich bisher 12 Millionen Kilowattstunden Strom erzeugt, auch dafür bei der Bundesnetzagentur beworben hat. "Aber ich erfahre erst Mitte Dezember, ob ich den Zuschlag erhalte oder nicht", sagt Landwirt von Grundherr. Eine Situation, die ihn belastet. Denn neben Feldbau und Mutterkuhhaltung ist die Biogasanlage das dritte Standbein des Betriebes, über dessen stabile Erträge bisher wetterbedingte Verluste bei den anderen beiden Bereichen ausgeglichen werden konnten.

Nicht abhängig von Sonne und Wind

Was dem studierten Landwirt überhaupt nicht einleuchtet ist, weshalb die Biogasanlagen als Teil der erneuerbaren Energien so wenig Unterstützung erhalten. "Wir produzieren grünen Strom, der nicht abhängig ist von Wind und Sonne und immer bedarfsgerecht zur Verfügung gestellt werden kann." Ihm ist klar, dass er mit den Strom-Entstehungskosten bei Windenergie von vier Cent und bei Sonnenenergie von sechs Cent nicht mithalten kann. "Aber wir können dazu beitragen, die Grundlast in Deutschland zu decken, wenn weder Sonne scheint, noch Wind weht."

Das sieht die Bundesregierung ähnlich. "Die Biomasse hat nach wie vor eine Bedeutung für die Energiewende. Sie ist der einzige erneuerbare Energieträger, der unkompliziert speicherbar ist und bedarfsgerecht eingesetzt werden kann", so die Sprecherin des Landwirtschaftsministeriums. Sie schränkt aber ein: Die energetische Nutzung von Anbaubiomasse zur Stromerzeugung soll in Deutschland nicht weiter ausgebaut und Schritt für Schritt zurückgefahren werden. Für ihr Ministerium stehen insbesondere Rest- und Abfallstoffe sowie Anbaubiomasse, die nicht in Konkurrenz zur Lebens- und Futtermittelproduktion steht, für die energetische Nutzung im Vordergrund.

Kurze Transportwege für Silage und Gülle

Maissilage, Grasschnitt und Rindergülle werden in die Biogasanlage im Schönfelder Hochland gefüllt und dort mit Wasser von großen Rührwerken verrührt. Bakterien sorgen für den Gärvorgang, bei dem Gas entsteht, was abgesaugt und verbrannt wird. Dabei entstehen rund 55 Prozent Strom, der ins Netz eingespeist wird, und 45 Prozent Wärme, die im Betrieb zur Heizung der großen Technikhallen sowie der Büros und Lehrlingswohnungen genutzt wird. "Wir sparen so jährlich rund 50.000 Liter Heizöl ein."

Die pflanzlichen Stoffe für die Anlage produziert die Gutsverwaltung selbst, es gibt sehr kurze Transportwege. Die Gülle kommt vom landwirtschaftlichen Unternehmen An der Dresdner Heide in Großerkmannsdorf, was nur drei Kilometer entfernt ist. Natürlich könnte der Mais auch für die Futtermittel- und Lebensmittelproduktion genutzt werden. "Aber da erzielen wir auch nie die Preise, die wir benötigen würden", sagt von Grundherr. Zudem seien die Reststoffe aus der Biogasanlage sehr wertvoller Dünger, den man nicht zukaufen muss. "Biogas ermöglicht durch unterschiedliche Kulturen sogar eine Vielfalt im Acker und ist ein wesentlicher Baustein moderner Kreislaufwirtschaft", sagt von Grundherr.

Maissilage, Grünschnitt und Rindergülle wird in die Biogasanlage gefüllt, wo alles vergoren wird.
Maissilage, Grünschnitt und Rindergülle wird in die Biogasanlage gefüllt, wo alles vergoren wird. © René Meinig

Der Landwirt hat auch schon überlegt, ob man den erzeugten Strom und die Wärme nicht in einem separaten, lokalen Netz im Schönfelder Hochland nutzen könnte. "Aber für den Bau eines solchen Projektes würde ich mindestens fünf bis zehn Jahre und einen Millionenbetrag benötigen. Und wenn ich damit fertig bin, ist es nicht klar, wie die politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sind", sagt von Grundherr. Dazu sieht er sich angesichts der Unsicherheit nicht in der Lage.

So hat er das Szenario gedanklich schon durchgespielt, was passiert, wenn es keine weitere Förderung gibt. "Ohne Förderung muss ich die Biogasanlage am 1. Januar 2025 abstellen." Ansonsten würde er pro erzeugter Kilowattstunde rund 13 Cent Verlust machen. Zur Folge hätte das auch, dass drei Arbeitsplätze im Unternehmen wegfallen würden.