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Eingestürzte Carolabrücke in Dresden: Wie gefährdet ist die Marienbrücke, Herr Koettnitz?

Nachdem der unsanierte Teil der Carolabrücke eingestürzt ist, stellt sich die Frage nach dem Zustand der anderen Elbbrücken in Dresden. Sächsische.de hat mit dem Brücken-Experten Professor Reinhard Koettnitz gesprochen.

Von Andreas Weller
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Eingestürzte Carolabrücke: Sind die anderen Dresdner Elbebrücken auch einsturzgefährdet? Professor Reinhard Koettnitz war lange Zeit für die Brücken in der Stadt zuständig.
Eingestürzte Carolabrücke: Sind die anderen Dresdner Elbebrücken auch einsturzgefährdet? Professor Reinhard Koettnitz war lange Zeit für die Brücken in der Stadt zuständig. © Rene Meinig, Sven Ellger

Dresden. "Ich habe es zunächst gar nicht glauben können, als ich das von der Carolabrücke gehört habe", sagt Professor Reinhardt Koettnitz. Er hat die Professur für Gestaltung von Straßenverkehrsanlagen beim Institut für Verkehrsplanung an der TU Dresden inne und war viele Jahre Leiter des Straßen- und Tiefbauamtes in Dresden - hat die Sanierung der Carolabrücke angeschoben. Weshalb hat die Sanierung der Carolabrücke so lange dauert und was hat Dresden bei der Marienbrücke zu erwarten?

"Gott sei Dank, ist niemand zu Schaden gekommen"

Das Smartphone von Reinhard Koettnitz steht an diesem Morgen nicht still. "Von allen Seiten kommen Fotos und Nachrichten zum Einsturz. Ich kann nur sagen: Gott sei Dank, ist niemand zu Schaden gekommen."

Professor Reinhard Koettnitz hat bis 2020 das Straßen- und Tiefbauamt in Dresden geleitet.
Professor Reinhard Koettnitz hat bis 2020 das Straßen- und Tiefbauamt in Dresden geleitet. © Sven Ellger

Koettnitz hat selbst viele Jahre das für die Brücken in Dresden zuständige Straßen- und Tiefbauamt geleitet. Die Carolabrücke sei nie vernachlässigt worden. "Es wurden bis zur Sanierung, die 2019 begonnen hat, verschiedene Maßnahmen durchgeführt - beispielsweise wurden die Dichtung und die Entwässerung erneuert."

Brückenzug sollte erst 2025 saniert werden

Seit 2019 wird die Carolabrücke abschnittsweise saniert. Dass am jetzt eingestürzten Teil erst ab Anfang kommenden Jahres die Arbeiten beginnen sollten, erklärt Koettnitz so: "Der Brückenzug C sollte ja bald in Sanierung gehen." Das sei keine Verzögerung. "Planen, untersuchen, ausschreiben - das dauert und die Züge der Brücke können nicht gleichzeitig gebaut werden. Das sind ganz normale Planungsabläufe und Zeiträume, die dafür benötigt werden."

Schließlich gebe es viel zu beachten. "Unter der Brücke liegt die Elbe, es gibt FFH-, Vogelschutzgebiete und einiges mehr, was alles beachtet werden muss. Gleichzeitig soll der Verkehr aufrechterhalten werden."

"Spekulationen zum Grund wären unseriös"

Auf die Frage, wie es zu dem Einsturz kommen konnte und ob es Versäumnisse gab, sagt der Bau-Professor eindeutig: "Ich würde nicht von Schuld sprechen. Es muss genau untersucht werden, warum das eingetreten ist." Dafür werden sehr umfangreiche Untersuchungen nötig sein. "Spekulationen zum Grund wären unseriös, wir müssen die Untersuchungen abwarten."

Dafür bedarf es laut dem Experten genauer Analysen - unter Umstanden müssen auch noch spezielle Berechnungen durchgeführt werden, schätzt Koettnitz ein. "Es wird mindestens sechs bis neun Monate dauern, bis fundierte Ergebnisse vorliegen. Klar, werden sich jetzt verschiedenste Menschen dazu äußern und spekulieren, aber wir brauchen eine seriöse Untersuchung."

Brückenzüge sind nicht zusammenhängend

Koettnitz glaubt nicht, dass die Carolabrücke weiter einstürzen wird. "Die Brückenzüge A und B, also die Straßenbrücken, sind erst saniert worden und der Zug C, die Straßenbahnbrücke, sollte auf Weg gebracht werden."

Demnach sind die Bereiche, auf denen die Autos fahren und wo der Radweg als Verkehrsversuch getestet wird, erneuert. "Ich gehe davon aus, wenn eine Brücke saniert wurde, ist die Standfestigkeit und Tragfähigkeit auch in Ordnung." Koettnitz verdeutlicht, dass es sich eigentlich um drei Brücken handelt. "Es sind drei Brückenzüge, die nicht zusammenhängend sind. Sie sind nur eng aneinander gebaut und ergeben ein Gesamtbild."

Ist die Marienbrücke noch sicher?

Die Marienbrücke ist laut den Untersuchungen der Elbbrücken in einem ähnlich schlechten Zustand wie die Carolabrücke. Die Noten beim vergangenen Test liegen eng beieinander. Droht an der Marienbrücke ein ähnliches Szenario?

Auch die Marienbrücke hat laut Brücken-TÜV keine guten Noten.
Auch die Marienbrücke hat laut Brücken-TÜV keine guten Noten. © Robert Michael/dpa

"Die Marienbrücke und die Carolabrücke sind nicht vergleichbar", stellt Koettnitz klar. Die Carolabrücke ist eine Spannbetonbrücke und die Marienbrücke eine Steinbogenbrücke, die mit Stahlbetonbalken erweitert wurde. Es sind also komplett unterschiedliche Bauwerke.

Zudem verweist Koettnitz darauf, dass die Noten bei den Tests auch davon abhängen, wann eine Brücke geprüft wird. Da können vergleichbar kleine Details Unterschiede in der Note ausmachen. "Wenn das Bauwerk geprüft wird und eine Note bekommt, kann beispielsweise kurz zuvor ein Auto gegen das Geländer gefahren sein - das ist bei der Marienbrücke schon häufiger vorgekommen. Dann gibt es einen Schaden und der führt zu einer schlechteren Note."

Wird der Schaden vor der nächsten Prüfung repariert, fällt die Note wieder besser aus. "Die Note ist eine Momentaufnahme und bedeutet nicht, dass die Brücke kurz vor dem Einsturz steht", so Koettnitz weiter. "So etwas wie an der Carolabrücke kann passieren, ist aber ein singuläres Ereignis. Es gibt Vorschriften, wie Brücken zu prüfen sind. Diese unterliegen einer deutschen Norm und sind sehr gewissenhaft."