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SZ + Dresden

Prozess in Dresden: Seltsames Verständnis von Arbeit

Ein 35-jähriger Angeklagter soll mit Komplizen Reisenden die Koffer gestohlen haben. Er bestreitet das im Amtsgericht Dresden, aber es sieht nicht wirklich gut für ihn aus.

Von Alexander Schneider
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Ein 35-Jähriger soll mit seinen Komplizen drei Koffer von Zugreisenden am Bahnhof Dresden-Neustadt gestohlen haben. Dem Gericht tischt er jetzt eine wenig glaubwürdige Geschichte auf.
Ein 35-Jähriger soll mit seinen Komplizen drei Koffer von Zugreisenden am Bahnhof Dresden-Neustadt gestohlen haben. Dem Gericht tischt er jetzt eine wenig glaubwürdige Geschichte auf. © Symbolfoto: Sven Ellger

Während sich Vladimeri G. in Weimar für seine Familie krummlegt, reist diese aus Georgien nach Sachsen, um sich im schönen Elbflorenz mit dem arbeitsamen Gemahl und Vater zu treffen. Geld hat niemand, und doch seien die Urlauber von Georgien nach Polen geflogen, dort von Breslau im Zug weiter nach Sachsen. Wo genau das Treffen stattgefunden habe? "An einem Bahnhof in Dresden", antwortet G. auf die Frage des Richters, genauer könne er es nicht sagen.

Obwohl das offensichtliche Lügengebäude, Juristen nennen das eine Schutzbehauptung, bröckelt wie der Spannbeton der Carolabrücke, ist der 35-jährige G. davon nicht abzubringen. Er sitzt seit April in Haft, weil er mehrfach beim Stehlen erwischt wurde, und seit diesem Donnerstag als Angeklagter vor Richter Hermann Hepp-Schwab im Amtsgericht Dresden.

Am 14. August 2023, so sie Anklage, habe der Georgier mit drei Landsmännern Reisende in der ersten Klasse eines Intercitys von Leipzig nach Dresden bestohlen. Die Männer seien im Bahnhof Neustadt aus dem Zug gestiegen – mit drei Koffern, die einem hochbetagten Rentner-Ehepaar aus Dresden und einer Frau aus dem Schwarzwald gehörten.

Schmuck, Festtags-Kleidung, Computer

Darin befanden sich Schmuck im Wert von mehreren Tausend Euro, Festtags-Kleidung, ein Laptop und ein Tablet-Computer, Schlüssel und nicht zuletzt 300 Euro Bargeld. Die Geschädigten sahen die Männer, die erst in Riesa zugestiegen seien, wie sie schnell das Abteil verließen – und als sie ihre Koffer holen wollten, waren die verschwunden.

G. bestreitet die Tat. Er sei erst im Juli 2023 zum Arbeiten nach Deutschland gekommen. An jenem Tag habe er Wodka getrunken und sei mit dem Zug nach Dresden gefahren, um, wie gesagt, Frau und Kinder zu treffen. Zufällig habe er einen der in der Anklage genannten Komplizen getroffen, den er aus seinem Wohnheim kannte. Mehr sei nicht gewesen.

Der Angeklagte ignoriert vollständig, dass die Bundespolizei allerhand ermittelt hat, was ihn schwer belastet. Ein Teil der Täter, offenbar auch G., sei am Bahnhof Neustadt in einen Zug Richtung Zittau gestiegen, noch in jener Nacht sei der Angeklagte darüber hinaus im Zug von Leipzig nach Erfurt ohne Fahrkarte erwischt worden.

Mindestens vier Urteile seit der Einreise

Das ist längst nicht alles. Schon Mitte Juli 2023 wurde er in Schweinfurt (Bayern) beim Diebstahl in einem Elektromarkt erwischt und keine 24 Stunden später zu vier Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Die Bewährung wurde widerrufen, die Strafe hat er im Sommer abgesessen.

Auch in Leipzig und Berlin erhielt er jeweils Geldstrafen und am Amtsgericht Kassel wurde er zu sechs Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt, diese Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Das macht in Summe mindestens vier Verurteilungen seit seiner Einreise im Juli 2023.

Weil der Angeklagte jedoch auch nach längerer Rücksprache mit seinem Verteidiger Alexander Krell seiner Version bleibt, muss der Prozess fortgesetzt werden – mit weiteren Zeugen und dem Vortrag früherer Urteile und möglicherweise auch dem Vorhalt noch offener oder eingestellter Verfahren.

Man kann sich also denken, was Vladimeri G. unter „Arbeit“ versteht. Fleißig scheint er zu sein.