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SZ + Dresden

Prozess in Dresden: Drei Drogenkoffer und das Handy voller Beweise

Ein 23-Jähriger aus Dresden handelt im großen Stil mit Cannabis – aber auch mit Kokain. Das hebt das Strafmaß empfindlich an. Vor Gericht räumt er nicht alle Vorwürfe ein.

Von Alexander Schneider
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Immer größere Kokain-Mengen werden in Sachsen sichergestellt, wie hier ein Fund der gemeinsamen Ermittlungsgruppe "Rauschgift Ostsachen" des Landeskriminalamtes und des Zollfahndungsamtes Dresden.
Immer größere Kokain-Mengen werden in Sachsen sichergestellt, wie hier ein Fund der gemeinsamen Ermittlungsgruppe "Rauschgift Ostsachen" des Landeskriminalamtes und des Zollfahndungsamtes Dresden. © Symbolfoto: LKA Sachsen

Dresden. Am Ende scheint Sascha S. leichtsinnig geworden zu sein. Möglicherweise auch größenwahnsinnig. Seit Monaten lebt der 23-jährige Dresdner Dealer in Hotels, finanziert das mit Einnahmen aus seinen Drogengeschäften. Am 12. Januar 2024 fährt er mit einem Komplizen von Dresden nach Prag - in einem Taxi.

Unterwegs kaufen die Männer in einer Shopping-Mall drei Hartschalenkoffer. Abends besteigen die Männer in einem Bahnhof in Prag den Eurocity nach Zürich, mit dem sie durchs Elbtal zurück nach Dresden wollen. Ihre Koffer sind inzwischen gut gefüllt.

Zwischen Bad Schandau und Dresden kontrollieren Bundespolizei und Zoll alle Fahrgäste, auch S. und seinen Kumpel. Weil Sascha S., der Mann ohne festen Wohnsitz, per Haftbefehl gesucht wird, legen ihm die Beamten noch im Zug Handschellen an.

In der Gepäckablage über den Sitzen der Verdächtigen liegt ein Koffer, der niemandem der übrigen Passagiere zu gehören scheint. Die Uniformierten öffnen das Gepäck und sehen gleich, womit sie es zu tun haben – der Koffer ist voll mit Marihuana, in durchsichtiger Plaste verpackt. Beide Männer werden festgenommen.

24 Kilogramm Gras in drei Koffern

Das ist nur der Beginn der irren Geschichte eines jungen Dealers, die noch weit krasser werden sollte. Während noch nachts die ersten Ermittlungsmaßnahmen anlaufen, tauchen schon am nächsten Tag die beiden noch "fehlenden" Koffer auf. Das "herrenlose" Gepäck war am Hauptbahnhof in Leipzig gestrandet, auch dieses ist randvoll mit Marihuana.

Die Behältnisse sind S. eindeutig zuzuordnen. Aufnahmen der Videoüberwachung im Prager Bahnhof zeigen, wie er und sein Komplize die Koffer zu ihrem Eurocity rollen. Sie enthalten insgesamt 24,123 Kilogramm Marihuana.

Unterdessen lesen die Ermittler vom Zollfahndungsamt interessiert, was sich an Kommunikation auf einem der Handys des 23-Jährigen befindet. So wird klar, dass die 24 Kilo nur eine Teilmenge waren. Insgesamt soll S. 42 Kilo Marihuana für 140.000 Euro geordert haben und den Rest schon am nächsten Tag in Prag holen wollen.

Cannabis, Kokain und Arzneimittel

Sascha S. hatte über die Messenger-App "Threema" so viele Geschäfte abgewickelt, dass sie eine neunseitige Anklageschrift füllen: Handel mit Cannabis, Handel mit Betäubungsmitteln wie Kokain und Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz, knapp 50 Taten von März 2023 bis Januar 2024. Die abgeschöpften Chats legten auch nahe, dass es sich bei den 24 Kilo nur um eine Teilmenge gehandelt haben muss.

Jetzt, neun Monate nach der Verhaftung, hat am Landgericht Dresden der Prozess gegen den 23-Jährigen begonnen. Verteidiger Ulf Israel erklärt, sein Mandant räume die Vorwürfe "grundsätzlich" ein, er habe einen schwunghaften Handel betrieben.

Der Angeklagte ist mehrfach vorbestraft und sitzt derzeit den Rest einer alten Strafe ab: 2021 hatte ihn das Amtsgericht Pirna zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt – wegen Handels mit Drogen in mehr als 100 Fällen und Waffenbesitzes. Er habe früher viel gekifft, sagt S., habe mehrfach die Schulen gewechselt und keinen Schulabschluss. Erst in seiner ersten Strafhaft habe er den Realschul-Abschluss nachgeholt – mit Note 1,6. Jetzt will er dort sein Abi machen.

Der Prozess wird fortgesetzt.