Dresden. Die Stadt diskutiert derzeit über geplante Container-Standorte an verschiedenen Stellen des Stadtgebietes. Bis zum Herbst 2023 will Dresden an neun Standorten Wohncontainer für jeweils 48 bis maximal 152 Geflüchtete errichten lassen. Insgesamt sollen so bis zu 824 Menschen eine vorübergehende Bleibe erhalten.
Hier informieren wir Sie über die Ergebnisse der Abstimmungen in den jeweiligen Stadtbezirksbeiräten und Ortschaftsräten.
Update, Mittwoch, 19. April: Abstimmung in Blasewitz
Die Stadtbezirksbeiräte Blasewitz und Cotta haben am Mittwochabend über die geplanten Übergangswohnheime für Geflüchtete in ihren Bezirken abgestimmt. Konkret geht es um die Container-Unterkünfte an der Löwenhainer Straße in Tolkewitz/Seidnitz-Nord und am Altgorbitzer Ring in Gorbitz-Süd.
Der Stadtbezirksbeirat Blasewitz hat dem Container-Standort mehrheitlich zugestimmt. Auf Antrag der CDU sollen unter anderem die Anwohner gesondert informiert werden, um gegebenenfalls Anregungen an die Stadtverwaltung geben zu können. Außerdem sollen Ordnungsamt und Polizei verstärkt präsent sein.
Im Stadtbezirksbeirat Cotta wurde lange und sehr sachlich diskutiert. Teilweise stellten sich Flüchtlingsinitiativen vor, in den wenigsten Redebeiträgen wurden starke Vorbehalte geäußert. Etwa 60 Gäste waren vor Ort. Die Freien Wähler stellten den Antrag, der Stadtbezirksbeirat solle den geplanten Standort am Altgorbitzer Ring ablehnen. Vor einer Entscheidung im Rat sollen zudem Bürgerforen stattfinden.
Der Antrag wurde mit acht Ja-Stimmen bei neun Nein-Stimmen abgelehnt. Auch ein nahezu inhaltsgleicher Antrag der AfD scheiterte. Beschlossen wurde ein AfD-Antrag, die Einrichtung "längstens zwei Jahre" zu betreiben. Außerdem soll es, so forderte es ein interfraktioneller Antrag, bessere Betreuungsschlüssel für die Geflüchteten und eine Zusammenarbeit mit der Volkshochschule geben. Der Stadtbezirksbeirat Cotta stimmte in der Schlussabstimmung knapp für den Standort in am Altgorbitzer Ring.
An der Löwenhainer Straße sollen bis zu 48 Asylbewerber unterkommen, am Altgorbitzer Ring ebenfalls. Errichtung und Miete für zwei Jahre kosten jeweils rund 3,8 Millionen Euro. Bei den Voten beider Bezirksbeiräte handelt es sich um eine Empfehlung für den Stadtrat. Dieser soll am 11. Mai über die insgesamt neun neuen Container-Standorte in Dresden abstimmen.
Die anderen Bezirksbeiräte und Ortschaftsräte mit neuen Heimen in ihrem Gebiet haben bereits abgestimmt. Das Ergebnis: Vier Bezirksbei- und Ortschaftsräte haben den Containerplan abgelehnt, drei stimmten zu.
Update, Montag, 17. April: Abstimmung in Weißig
Der Ortschaftsrat Schönfeld-Weißig hat am Montagabend mehr als vier Stunden lang über die geplante Asyl-Unterkunft an der Forststraße beraten. Wegen des großen Interesses waren mindestens 100 Menschen dabei nicht mehr in den Gasthof Weißig gelassen worden. Die Debatte wurde teilweise hitzig geführt, es gab viele Fragen der Bürger. Erst nach 23 Uhr wurde schließlich mit großer Mehrheit ein Ersetzungsantrag der AfD angenommen und der städtische Antrag zur Unterbringung von Geflüchteten abgelehnt.
Im AfD-Antrag heißt es, der Ortschaftsrat erteile sein Einvernehmen für den Bau eines Containerstandortes zur Unterbringung Asylsuchender nicht. "Auch für die eventuelle Beantragung einer entsprechenden Ausnahmegenehmigung erteilt der Ortschaftsrat Schönfeld-Weißig ebenfalls sein Einvernehmen nicht." Der Oberbürgermeister werde aufgefordert, dafür zu sorgen, "dass keine Unterbringung asylsuchender Menschen am Standort Forststraße erfolgt".
Außerdem soll der OB sich beim Freistaat "für eine rasche Abschiebung der sich in Dresden aufhaltenden vollziehbar ausreisepflichtigen Personen einsetzen und sich zugleich für einen sofortigen Aufnahmestopp von asylsuchenden Menschen in Dresden aussprechen".
Die Ablehnung des Standorts Forststraße wird unter anderem mit "erheblichen Einschränkungen des öffentlichen Lebens" begründet. Außerdem weist der Antrag der AfD auf die "Vereinbarung über die Eingliederung der Gemeinde Schönfeld-Weißig in die Landeshauptstadt Dresden" hin, die seit 1999 gilt.
Die Ortschaft hat eine Streitvertretung zur Durchsetzung ihrer Rechte im Eingliederungsvertrag in die Stadt. Jürgen Reichel, einer der Streitvertreter, hat vor Ort angekündigt, dass diese am 12. Mai bei der Landesdirektion eine Schlichtung beantragen wird, sollte der Stadtrat am Tag zuvor die Containerstandorte beschließen. Als Begründung führt er an, dass es dann vonseiten der Stadt einen massiven Eingriff in den gültigen Flächennutzungsplan für die Forststraße gebe. Und bei solchen Fragen muss die Ortschaft mitsprechen können.
Die Verwaltung will stadtweit neun Container-Asylunterkünfte errichten, davon eine in Weißig. Dort sollen bis zu 48 Menschen übergangsweise einen Wohnplatz bekommen. Kosten für Aufbau und zweijährige Container-Miete: rund 3,9 Millionen Euro. Für das Grundstück ist eigentlich eine Sporthalle für die SG Weißig vorgesehen. Das Votum des Ortschaftsrates gilt als Empfehlung für den Stadtrat. Dieser entscheidet abschließend. Passieren soll das nach aktuellem Stand am 11. Mai.
Der Auffassung aller Ortschaftsratsmitglieder zufolge dürfe der Stadtrat aber nicht gegen den Willen des Ortschaftsrates stimmen. Laut der Eingliederungsvereinbarung müsse das Gremium sein Einvernehmen erteilen, sofern beispielsweise von Bebauungsplänen abgewichen werden soll.
Update, Mittwoch, 5. April: Abstimmungen in Leuben und in der Altstadt
In der Altstadt sowie in Leuben gibt es weitere Informationsveranstaltungen für Anwohner und Abstimmungen der Stadtbezirksbeiräte. In Leuben kommen in der Wohnstätte Altleuben 10 etwa 150 Anwohner zusammen, um mit Baubürgermeister Stephan Kühn (Grüne) und Stadtbezirksbeiräten über das Konzept zu sprechen. Vor dem Eingang haben sich Schätzungen zufolge 70 bis 80 Menschen versammelt, um gegen die Unterkunft zu protestieren. Am Ende wird der Vorschlag der Stadtverwaltung mit den Stimmen der geschlossenen AfD-Gruppe und aus der CDU abgelehnt.
Im Stadtbezirksbeirat Altstadt wird der am Sachsenplatz geplante Container-Standort diskutiert. Der Anteil an Migranten und Geflüchteten in der Johannstadt ist bereits jetzt hoch. Wegen der vielen Besucher und wegen notwendiger Sicherheitsmaßnahmen ist die Sitzung in den Festsaal im Rathaus verlegt worden. Die Diskussion bleibt jedoch sachlich. Am Ende stimmt der Beirat mit 12 Ja-Stimmen bei fünf Ablehnungen für den Plan der Stadt. Ergänzt wird um die Forderung, perspektivisch zu reduzieren.
So haben wir bisher berichtet:
Worum es geht
Dresden ist verpflichtet, den vom Land zugewiesenen Geflüchteten ein Dach über dem Kopf zu geben. In diesem Jahr rechnet die Stadt mit etwa 2.200 Personen, die untergebracht werden müssen. Wohnungen, Plätze in Übergangswohnheimen und Zimmer in Hotels stehen derzeit nicht ausreichend zur Verfügung, werden aber weiterhin gesucht. In einem ersten Schritt sollen an neun Standorten mobile Raumeinheiten, also Wohncontainer, aufgestellt werden, um mehr als 800 Plätze zu schaffen.
Die Stadt rechnet damit, dass ab Spätsommer verstärkt Plätze für Geflüchtete benötigt werden. Über die neun vorgeschlagenen Standorte, die für zwei Jahre genutzt werden sollen, entscheidet der Stadtrat im Mai. Deshalb informieren derzeit Sozialbürgermeisterin Kristin Kaufmann (Linke) und Baubürgermeister Stephan Kühn (Grüne) nach und nach in den betroffenen Stadtbezirken und der Ortschaft Schönfeld-Weißig.
So verlief die Diskussion über Container-Standorte in Prohlis:
Mehr als zwei Stunden diskutierten Prohliser Anwohner, Stadtbezirksbeiräte und Baubürgermeister Stephan Kühn (Grüne) über die geplanten Container-Standorte im Stadtbezirk.
Es gab viel Kritik, Ängste und Sorgen wurden vorgetragen - bis hin zu offenem Rassismus. Am Ende setzten sich die Kritiker durch. Was das für die Dresdner Asyl-Pläne bedeutet.
Welche Standorte in Prohlis geplant sind
In diesem Bereich sollen die meisten Geflüchteten untergebracht werden. Geplant sind Containerstandorte an der Windmühlenstraße in Niedersedlitz für 144 Personen, an der Geystraße für 152 Personen und am Rudolf-Bergander-Ring - beide in Strehlen - für 160 Personen. Kühn führte aus, dass Letztere für Familien afghanischer Ortskräfte vorgesehen sind. "Sie kommen in Familienverbünden von acht bis zwölf Personen."
Die Kosten liegen für Miete der Container, Betrieb, Sicherheit, Reinigung der Gemeinschaftsbereiche, Betreuung und vieles mehr bei etwa 47 Millionen Euro für alle neun Standorte, in Prohlis sind gut 21,5 Millionen Euro veranschlagt. Ein Teil der Kosten wird vom Bund erstattet.
Welche Bedenken Anwohner haben
Knapp 200 Gäste kamen zu der Sitzung, die extra in die Sporthalle der 120. Grundschule verlegt worden war. Der Vorsitzende des Siedlervereins an der Windmühlenstraße, Peter Jantsch, sagte, die Nachricht von dem Plan sei "eingeschlagen wie eine Bombe". Die Menschen dort hätten Angst, man müsse den "sozialen Frieden" wiederherstellen, indem man den Standort ablehnt.
Zur Geystraße wurde vorgetragen, dass es dort Probleme mit dem Abwasser gebe, die Zufahrt schwierig sei und dass es in Dresden an Grundstücken für Einfamilien- und Reihenhäuser fehle. Eine Schafweide müsse dafür weichen. Für den Rudolf-Bergander-Ring hatte eine Anwohnerin Bedenken. "Wie können wir unsere Spielplätze dann weiter nutzen? Gefühlt entsteht eine Verdrängung."
Eine Anwohnerin fragte, wie ihr garantiert werden könne, dass sie abends sicher vom Supermarkt zu ihrer Wohnung komme, ohne dass sie überfallen wird. Weshalb Wachschutz und Reinigungskosten notwendig seien, wurde gefragt. "Die sind doch nicht im Urlaub." Es wurden Bedenken genannt, dass nur "junge Männer" in die Container einziehen und generell Prohlis bereits mit sozialen Problemen und Geflüchteten "überlastet" sei. Nun sollen mehr als 400 der 2.200 erwarteten Geflüchteten nach Prohlis. Das sei zu viel.
In das gleiche Horn stieß auch der Stadtbezirksbeirat und Fraktionschef der Freie-Wähler-/Freie-Bürger-Fraktion Jens Genschmar. "Es wird immer gesagt, wir haben die Pflicht, die Menschen unterzubringen. Wir müssen aber auch sagen, wann das Maß voll ist. In Prohlis ist es so weit." Die AfD-Vertreter schwadronierten noch darüber, wenn alle ausreisepflichtigen Personen abgeschoben würden, hätte man genug Platz für die erwarteten Geflüchteten.
Welche Antworten die Bürger bekamen
Baubürgermeister Kühn und weitere Verwaltungsmitarbeiter beantworteten geduldig die Fragen der Anwesenden. "Der soziale Frieden wird auch gestört, indem Falschinformationen gestreut werden - etwa mit Zetteln, dass Spielplätze dafür abgerissen werden. In der Geystraße werden keine alleinreisenden männlichen Geflüchteten untergebracht. Es gibt politische Kräfte, die daraus Kapital schlagen wollen."
Alle Bedenken würden selbstverständlich geprüft. Zu möglichen Problemen an Standorten führte die Verwaltung aus, dass es sich bisher nur um eine Vorplanung handele, nach einem Stadtratsbeschluss alles genau geplant werde.
Der stellvertretende Revierleiter des Polizeireviers Dresden Süd, Ralf Weber, erklärte, dass die Polizei sich um die Sicherheit kümmere. "Wir haben mit der Stadt jeden Standort analysiert. Wenn sie in Betrieb gehen, werden sie automatisch in die Streife integriert." Man habe seit 2015 Erfahrungen mit Asyl-Objekten. "Wir, Bürgerpolizisten und andere können bei Problemen kurzfristig reagieren. Zudem zeigen die Erfahrungen, dass Anwohner nicht überfallen werden und sie sind auch nicht Angriffen gegen Leib und Leben ausgesetzt." Selbstverständlich gebe es in einer offenen Gesellschaft auch Kriminalität. "Wenn so etwas bekannt wird, wird es von der Polizei verfolgt. Es gibt ein Erfassungsverfahren. Die Personalien sind bekannt."
Was die Politiker beschlossen haben
Am Ende stimmte eine Mehrheit aus CDU, AfD, FDP und Freien Wählern für den Ersetzungsantrag der CDU. Damit lehnten sie die Vorlage der Stadt ab. So gab es eine Mehrheit dafür, die drei Standorte in Prohlis abzulehnen. "Sie sind nicht geeignet und es ist eine Überforderung des Stadtbezirks", so CDU-Politiker Mario Schmidt.
Die Voten der Beiräte sind Empfehlungen für den Stadtrat. Mit dem CDU-Antrag wurde auch beschlossen: Wenn der Stadtrat die Standorte doch bestätigt, dann sollen sie mit maximal 65 Personen belegt, die Nachbarschaft soll angehört werden und die Ergebnisse einfließen. Zudem soll es eine schwerpunktmäßige Bestreifung der Standorte durch das Ordnungsamt geben. Die Spielplätze sollen erweitert werden, bis die Container abgebaut werden, was spätestens Ende September 2025 erfolgen soll.
Wo in Pieschen ein Container-Standort entstehen soll
Im Stadtteil Pieschen will die Stadt an der Industriestraße einen Container-Standort errichten. Am Dienstag stand der Vorschlag der Verwaltung auf der Tagesordnung im Stadtbezirksbeirat Pieschen. Sozialbürgermeisterin Kristin Kaufmann (Linke) stellt die Pläne vor. In Pieschen sollen 48 Geflüchtete untergebracht werden.
Belegt werden soll der Standort im Herbst. Die Räte hatten viele Fragen.
AfD-Stadtbezirksbeirat Alexander Wiedemann fragte, "warum wurde der Alaunplatz nicht als Standort in Betracht gezogen und warum wurde gerade die Industriestraße ausgesucht?" Sven Mania, der städtische Koordinator, sagte, es gehe nicht nur um Verfügbarkeit der Flächen, sondern auch um die Lage und Größe der Grundstücke und ob es sich um Grünflächen handelt.
Wolfgang Daniels, der für die Grünen im Beirat sitzt, wollte wissen, ob immer alle Plätze in dem Container-Standort belegt seien werden und ob man nicht den Standort verlegen könnte? Sven Mania von der Stadt sagte: "Verlegen aber wohin? Wir haben keine anderen Flächen." Sozialbürgermeisterin Kaufmann betonte noch einmal: "Wenn wir die Container-Standorte nicht aktivieren können, müssen wir wieder Turnhallen und die Messe belegen."
Grünen-Stadtbezirksbeirätin Franziska Lordick betonte, es sei wichtig, den Menschen zu helfen, die vor dem Krieg flüchten müssen, und dass es gut sei, die Geflüchteten nicht in Turnhallen unterzubringen.
Auch die Anwohnenden konnten danach Fragen stellen. Ein Anwohner und Vater fragte, ob seine Kinder noch die Spielplätze nutzen könnten und wie die Sicherheit gewährleistet werde? Die Sozialbürgermeisterin wiederholte, dass "die Geflüchteten freie Menschen sind und sie sich natürlich frei bewegen können." Die Revierleiterin der Polizei aus dem zuständigen Revier West betont, wenn der Standort kommt, wird dieser normal bestreift und man sei vor Ort, wenn es Probleme geben sollte.
Es meldeten sich aber auch mehrere Menschen zu Wort, die sich in Geflüchteten-Initiativen engagieren und von guten Integrationserfolgen erzählten.
Die AfD legte einen Ersetzungsantrag vor, der vorschlägt, dass keine Geflüchtete in der Industriestraße untergebracht werden und außerdem sollen alle Geflüchteten, die sich in Dresden aufhalten und ausreisepflichtig sind, abgeschoben werden sollen. Der Antrag wurde abgelehnt.
Die Grünen dagegen legten einen Antrag vor, die Bürger einzubinden in die Planungen und dass die Unterbringung in Container zeitlich begrenzt werden soll. Auch der Antrag wurde abgelehnt.
Der Stadtbezirksbeirat lehnte die Vorlage der Stadt, die Geflüchteten an der Industriestraße unterzubringen, ab.