Partner im RedaktionsNetzwerk Deutschland
SZ + Dresden

Eingestürzte Carolabrücke in Dresden: Hätte ein Stadtratsbeschluss das Unglück verhindert?

Seit September 2023 fordern die Freien Wähler eine umfassende Zustandsanalyse aller Dresdner Brücken. Das ist in diesem Sommer erst vertagt, dann abgelehnt worden. War das ein Fehler?

Von Dirk Hein
 3 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Eine Katastrophe für Dresden: die eingestürzte Carolabrücke.
Eine Katastrophe für Dresden: die eingestürzte Carolabrücke. © René Meinig

Dresden. Seit Mittwochmorgen ist in Dresden kaum mehr etwas wie zuvor. Eine zwar dringend sanierungsbedürftige, aber sich im vollem Betrieb befindliche Brücke ist eingestürzt. Die noch verbliebenen Reste des Brückenzuges C der Carolabrücke sind seither akut einsturzgefährdet. "Der Brückenzug steht nur noch aus Gewohnheit", sagte TU-Bauprofessor Steffen Marx. Im Zuge von Abrissarbeiten ist an frühen Freitagmorgen ein weiterer Abschnitt der Carolabrücke auf der Neustädter Seite eingebrochen.

Auch die zwei anderen, schon sanierten Teile der Brücke sind gefährdet. Nun stellen vor allem die Freien Wähler die Frage: Hätte ein Antrag im Stadtrat die Katastrophe verhindern können?

Was forderte der Antrag der Freien Wähler?

Der Antrag der Freien Wähler stammt aus dem Herbst 2023. Er forderte den Oberbürgermeister auf, dem Stadtrat unverzüglich, "spätestens bis zum 30. Juni 2024 einen Bericht über den Zustand aller Brückenbauwerke" im Stadtgebiet der Landeshauptstadt vorzulegen.

"Der Stadtrat benötigt für die Aufstellung des Haushaltes eine komplette Übersicht über den Zustand aller Brückenbauwerke, um eine sachgerechte Entscheidung über die Planung von Mitteln treffen zu können", stand dazu in der Begründung der Freien Wähler. Details, wie umfangreich geprüft und mit welchen Brücken begonnen werden sollte, enthielt der Antrag nicht.

Der Rat lehnt mit Stimmen von Linken, Grünen und SPD und der Stimme des OBs ab. Das geschah im Juni 2024. Der Antrag wurde also etwa ein dreiviertel Jahr beraten. Er war jedoch auch nicht als Eilantrag gestellt. Selbst wenn die Verwaltung unmittelbar mit der Umsetzung des Antrages begonnen hätte, wären sehr wahrscheinlich zuerst andere Brücken geprüft worden, zumal die Sanierung der Carolabrücke bis auf den letzten Brückenzug schon abgeschlossen war.

Was sind die Vorwürfe der Freien Wähler?

"Ein Beschluss zu einem genauen Monitoring unserer Brücken hätte eine zusätzliche Begutachtung dieser zur Folge gehabt", sagt Torsten Nitzsche (Freie Wähler), der bis zur Neuwahl des Gremiums Stadtrat in Dresden war. Die Ablehnung des Antrages sei "mindestens fahrlässig" gewesen. "Die Inkaufnahme eines möglichen Schadens an einer Brücke vom Oberbürgermeister und einer linken Mehrheit im Stadtrat macht mich immer noch sprachlos und wütend. Das gehört aufgearbeitet und da sollten Konsequenzen, auch personelle, gezogen werden", so Nitzsche weiter.

Ursache des Antrages war die damals neu bekannt gewordene Einsturzgefahr der Brücke Königsbrücker Straße in Höhe der Kreuzung Hermann-Mende-Straße. Die Stadt hatte dort reagiert, indem eine Fahrspur gesperrt wurde und das Bauwerk seither noch intensiver überwacht wird.

"Ursache des Antrages war die erkennbar falsche Investitionspolitik der Stadtverwaltung. Investitionen in den Bestand wurden zurückgestellt, lieber neue Vorhaben angefangen", sagt Nitzsche.

Wie reagiert das Dresdner Rathaus?

"Wir haben 314 Brücken in Dresden. Wir haben unabhängig vom Antrag der Freien Wähler im Rahmen einer Stadtratsanfrage den Zustand aller Brücken nochmals aktuell dargestellt", entgegnet Baubürgermeister Stephan Kühn (Grüne). Fast dreiviertel aller Brücken haben demnach die Zustandsnote 1 und 2, also gut und sehr gut. Vier Prozent sind in einem Zustand der Brückennote drei. "Wir haben im Bereich der Brücken sehr viel investiert, ab Januar 2025 war die Sanierung des Brückenzuges C der Carolabrücke fest disponiert", so Kühn weiter.

"Die Carolabrücke war nach den gültigen Richtlinien ständig in Kontrolle, jedes Jahr werden zwei Besichtigungen durchgeführt", sagt die Amtsleiterin im Straßen- und Tiefbauamt der Stadt, Simone Prüfer. Etwa vor drei Jahren fand laut Prüfer die letzte Hauptprüfung der Brücke statt.